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Scheffer-Boichorst, Paul [Hrsg.]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0195
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unvermittelt auf die paderborner Annalen zurückgehen. Man kann nicht
schwanken; der erste Blick überzeugt, dass wenigstens die meisten Ueber-
einstimmungen durch Gobelin vermittelt sind. Diess im Einzelnen durchzu-
führen, scheint mir überflüssig; nur Beispiels halber verweise ich auf das
Jahr 1111. Hier hat Witte überall den Gobelin abgeschrieben, nirgends
weicht er von ihm ab, nähert er sich dem ausführlicheren Texte der kölner
Annalen,

So zu 1111; dagegen konnte Witte andere Stellen, die irgendwie auf
die paderborner Annalen zurückgehen, nicht aus Gobelins Werk entlehnen.
Z. B. fehlt bei Gobelin die Angabe, dass Bischof Eckbert von Münster
Weihnachten 1132 mit dem König zu Köln gefeiert habe, dort gestorben,
nach Münster übertragen und ehrenvoll bestattet sei. Aber auch hier sind
nicht die paderborner Annalen Wittes Quelle, sondern die marienfelder Be-
arbeitung der münsterschen Bisthumschronik, die erst durch die kölner An-
nalen zu ihren Nachrichten paderborner Ursprungs gelangte.2

In einem anderen Falle, — ich meine den charakteristischen Irrthum,
dass Lothar und seine Gattin zu Köln geweiht sein,3 — vermittelte der
kölner Bischofskatalog.4 Ein Vergleich lässt nicht zweifelhaft, dass Witte
aus dieser oder jener Bearbeitung schöpfte.5 Sie alle sind im Wesentlichen
gleichlautend und gehen an der bezeichneten Stelle, vermittelt oder unver-
mittelt, auf die kölner und dadurch auf die paderborner Annalen zurück.

Auch die repgowsche Chronik hat Witte benutzt; auch ihr entnahm
er Sätze, die in letzter Reihe den paderborner Annalen gehören. Z. B. den
Traum, der dem Ende Heinrichs V. vorausgeht. BeiBepgow heisst es nicht,
wie in den paderborner Annalen, deren Nachrichten ihm der pöhlder Anna-
list vermittelt hatte, dass der Traum sich in dem schnellen Tode Heinrichs
erfüllt habe. Bepgow begnügt sich mit der Bemerkung, dass die Bedeutung
des Traumes bald darauf Allen klar geworden sei. Danach bezeichnet auch
Witte den Traum als ein indicium futuri eventus, dass nämlich der Sohn
den Vater stürzen würde, — ein Missverständniss, das bei einer Benützung
Bepgows nahe lag,6 bei den klaren Worten des originalen Textes unmög-
lich war.

1) Dass diese, nicht etwa die paderborner Annalen, Wittes Quelle sind, zeigt
z. B. recht deutlich die übereinstimmende Abweichung zum Jahre 1121. Da ist in
der marienfelder Bearbeitung der Satz: Praedictus vero dux — captos abduxit, der
erstes Eigenthum der paderborner Annalen ist, den kölner entlehnt. Selbständig
fährt der Bearbeiter fort: Et Thidericus fratribus etc. In gleichem Wortlaute finden
sich beide Sätze bei Witte Seite 301.

2) Wie auch für spätere Zeiten, wo die paderborner Annalen längst aufge-
hört hatten, die marienfelder Bearbeitung zwischen Witte und den kölner Annalen
vermittelte, sieht man z. B. aus dem Hostienwunder bei Witte 8IG und in der
münsterschen Chronik 22.

S) S. 291.

4) Z. B. mit dem Katalog des Caesarius ap. Böhmer Fontes rer. Germ. 2,275.

5) Aus welcher, würde sich wohl feststellen lassen; doch gehört solche Unter-
suchung nicht hierher.

6) Aus Repgow. ed. Massmann 554 entnimmt Witte S. S03 auch die Natur-
erscheinungen, welche dem paderborner Brande von 1138 vorausgehen.
 
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