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Prinzipien der Stemmatik

lologen, weil nur dieser aus seiner Erfahrung heraus
in der Lage ist, eine geeignete und stichhaltige Da-
tenerhebung für die Festlegung der Eingabe-Parameter
durchzuführen.

2.5 Zweispaltigkeit. Sterama und Realität

Viel zur Verwirrung der Philologen, letztend-
lich aber zur Klärung der Leistungsfähigkeit der
stemmatischen Methode hat die Diskussion des Bedier-
schen Paradoxes beigetragen. Der Mediaevist J. Bedier
hatte beobachtet, daß die Stemmata sich in aller
Regel beim Archetypus, dem hypothetischen Textzeugen,
der das Stemma dominiert und der daher dem Original am
nächsten steht, in zwei Zweige spalten, was so inter-
pretiert werden muß, daß vom Archetypus stets genau
zwei Abschriften in erhaltenen Textzeugen ihre Spur

hinterlassen haben, ein seiner Meinung nach historisch

1 *

höchst unwahrscheinlicher Befund . J. Bedier zog hier-
aus den Schluß, daß die Methode untauglich sei. Die
im Gegenzug versuchte Ehrenrettung der Methode be-
stritt teils das Ausmaß der von Bedier behaupteten
Zweispaltigkeit, teils versuchte sie unter Anerkennung
der Beobachtung Bediers Gründe dafür vorzubringen,
warum Zweispaltigkeit dominiert. Nachdem A. Kleinlogel
in mathematisch fundierter Weise durch Widerlegung eine
Reihe von unhaltbaren Erklärungsversuchen aufgrund der
Wahrscheinlichkeitsverteilung, darunter den des sonst

1 J. Bedier, La tradition du Lai de l'ombre. Reflexions sur
l'art d'editer les anciens textes, in: Roraania 54 (1928),
S. 168 - 177.
 
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