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Schenkel, Wolfgang
Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft — Darmstadt: wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.47786#0109
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Die Formenbildung

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sehen Gerippe, der Wurzel, zum Zwecke der Flexion ein Vokal-
muster überlagert wird. Die Wurzel ist Träger einer lexikalischen
Bedeutung, das Vokalmuster Träger grammatischer Bedeutungen.
„Stamm-flektierend“ soll heißen, daß einem aus einer Folge von
Konsonanten und Vokalen bestehenden Stamm zum Zwecke der
Flexion Affixe (Präfixe, vor allem aber Postfixe bzw., wie man meist
sagt, Suffixe) angefügt werden.
Die Verfahrensweisen der Flexion seien an der Pluralbildung ver-
anschaulicht, bei der beide Arten der Flexion, die Wurzel- wie die
Stamm-Flexion, gebräuchlich sind. Z. B. heißt der Plural zu
*häßaw „Schlange“: *haßäwaw, einer der Plurale des Wortes
*näcar „Gott“ dagegen *nacüraw. In ersterem Fall wird an den Sin-
gular *häßaw als Stamm ein Plural-Postfix *-aw angehängt, in letz-
terem Fall steht im Plural ein anderer Stamm als im Singular: sg.
*nacar, pl. *nacur (zusätzlich zeigt der Plural die Pluralendung
*-aw, die beim bloß stamm-flektierenden *haßäwaw die einzige
Kennzeichnung des Plurals darstellt). Typisch für den Plural-Stamm
ist das Vokalmuster a - u zwischen drei lexikalisch festgelegten
Konsonanten.
Anmerkung:
Was „Wurzel“ bzw. „Stamm“ im Äg.-Kopt. sei, bedarf an sich einer Prä-
zisierung; an dieser Stelle dürfte der Hinweis auf das Manko der Darstellung
und der Verweis auf die folgende Lit. genügen.
Lit.: Einen Abriß der Mittel der Flexion (und der Wortbildung) gibt W.
Schenkel, in: LÄ, s. v. Morphologie, speziell Sp. 208f.; zum Beispiel der
Pluralbildung s. W. Schenkel, Aus der Arbeit an einer Konkordanz zu den
altägyptischen Sargtexten, Wiesbaden 1983, II. Zur Pluralbildung des Ägyp-
tischen. - Zu den Begriffen Wurzel- und Stamm-Flexion s. N. Finck, Die
Haupttypen des Sprachbaus, 3Leipzig 1936 (5Darmstadt 1965), S. 96-132,
speziell S. 103.126.
b) Die analytische Tendenz
Ein allgemeines Charakteristikum der Entwicklung des Äg.-Kopt.
in der Zeit ist die partielle Ersetzung synthetischer Formen durch
analytische, d. h. die partielle Ablösung von Flexionsformen durch
syntaktische Verbindungen. Beispiele:
(1) Das Genus des Substantivs wird, jedenfalls beim Femininum,
im älteren Äg. durch eine Endung, /, angezeigt, im jüngeren Äg.-
 
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