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Schenkel, Wolfgang
Einführung in die altägyptische Sprachwissenschaft — Darmstadt: wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.47786#0207
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Der Verbalsatz

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mit Zitat aus B. Gunn, Studies in Egyptian Syntax, Paris 1924, S. 98,
Anm. 1; s. auch B. Gunn, in: ASAE 25, 1925, S. 247). Zu weit geht
die einengende Festlegung von iw auf „egozentrische“ Sehweise, un-
zutreffend ist die Behauptung, die Setzung von iw sei - zum minde-
sten in den großen literarischen Texten - in Erzählformen an die
1. Person gebunden (Polotsky, Egyptian Tenses, S. [17]); vgl. etwa:
iw wpi.n'f rc^f m
„Sie (die Schlange) hat ihr Maul gegen mich geöffnet“ (Schiffbr.
67.81).
Zutreffend ist die Bestimmung der Funktion von zw als „Sachver-
haltsaktualisierung“ (z. B. F. Junge, Syntax der mittelägypti-
schen Literatursprache, Mainz 1978, S. 78f.). So steht im klass.-äg.
Sprachgebrauch iw + scm.n'f als präsentisches Perfekt (im Ge-
gensatz zu „historischen“ Erzähltempora wie ch'.n scm.nrf u. a. m.,
vgl. oben § 4.3.2.3, b)). (In den gerade zitierten Sätzen aus der Er-
zählung des Schiffbrüchigen dient iw + scm.tvf wohl der Vergegen-
wärtigung eines überraschenden Geschehens, wofür man im Deut-
schen das „historische Präsens“ gebrauchen kann: „(Da) öffnet sie
ihr Maul gegen mich.“) Im späten Alten Reich und in der 1. Zwi-
schenzeit dringt es vorübergehend jedoch in die Domäne des hi-
storischen Perfekt ein (s. E. Doret, The Narrative Verbal System of
Old and Middle Egyptian, Genf 1986, S. 108-111.125-132). Um als
Beispiel für die Verwendung von iw die oben § 4.3.2.3, b) angeführte
Sinuhe-Erzählung wieder aufzugreifen: Hier treten ziv’s massiert im
- syntaktisch nicht in jeder Hinsicht klaren - Schlußabschnitt
(B 291 ff.) auf, wo der Held der Geschichte die Umstände beschreibt,
unter denen er nach abenteuerlichem Leben seinen Lebensabend
verbringt. (Das ist natürlich - literarisch gesehen - ein sehr probates
Mittel, eine Erzählung abzuschließen.)
‘h'.n: Die Standard-Erzählform des Klass.-Äg., wenn auch keines-
wegs die einzige (daneben stehen die Erzählformen der vor-
klass.-äg. Sprache, die 7zc.n noch nicht kennt); s. die Zitate aus der
Sinuhe-Erzählung oben § 4.3.2.3, b)).
(i)sc (älter (i)sk, jünger (i)st; ti) „inzwischen, bekanntlich“: Dient
der Einführung von Tatbeständen, die man im Zuge einer Erzählung
noch nicht vorführen konnte oder wollte bzw. der ad-hoc-Einfüh-
rung allgemein bekannter Tatsachen. (Im Alten-Reichs-Äg. dient es
auch zur Angabe von Begleitumständen: „während“).
In der als Beispiel-Text herangezogenen Sinuhe-Erzählung wird
mit Hilfe von isc die Ausgangssituation aufgebaut, die zur Flucht
des Sinuhe nach Syrien führte. Es werden parallel ablaufende Ereig-
 
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