Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schlosser, Julius von [Hrsg.]; Rumohr, Carl Friedrich von [Ill.]
Italienische Forschungen: mit der "Beygabe zum ersten Bande der Italienischen Forschungen" u. e. Bildnis — Frankfurt, a. M., 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23364#0205

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VI.

Zwölftes Jahrhundert

Regungen des Geistes, technische Fortschritte
bey namhaften Künstlern

^^enen, welche die Culturgeschichtc der unfruchtbarsien Abschnitte des Mirteb
alters bchandeln, scheint es nahe zu liegen, sich selbst, odcr auch nur ihre
Leser durch bedingende Reden, oder durch Vertrösiungen auf wirkliche oder nur
eingebildete Fortschritte abwechselnd cin wenig aufzurichten. In dieser Absicht,
denke ich, verkündete Fiorillo mitten im neunten Jahrhundert, ebcn da, wo,
wie uns bekannt, die ersinnlich tiefsie Entartung der italienischen Kunstübung
eintritt, bemerkliche Fortschritte und gute Hoffnungen; worin er höchst wahr-
scheinlich seinen Gewährsleuten, beschränkten Localscribenten, unnachdenklich ge-
folgt isiI. Gewiß fehlte es ihm an Lusi und Gelegenheit, in jener Beziehung
eigene Untersuchungen anzustellen; mir selbsi aber isi es während vieljähriger
Nachforschungen durchaus nicht gelungen, irgend ein Beispiel des Wiederauft
strebens und Fortschreitens der italienischen Kunsiübung aufzufinden, dessen
Alter dcn Anbeginn dcs zwölften Iahrhunderts übersiiege.

Die Bildnerey, welche übcrall der Malerey voranzueilen pficgt^), vielleicht
weil es, in gewissem Sinne, leichter isi, wirkliche Formen, als deren Schcin
hcrvorzubringen, sirebt allerdings auch in diesem Zeitraum, den zeichnenden
Künsicn einen gcwissen Vorsprung abzugewinnen. Denn es dürften einige halb-
erhobcne Arbeiten, in dcnen cine schwache Rcgung eigcnen Geistes, ein gewisses
Bestreben sich zeigt, besseren, vielleicht altchristlichen Vorbildern gleichzukommen,
theils in Ansehung des Entwurfes und der Ausführung ihrer architektonischen
Beywerke, theils weil sie von der rohesten Arbeit des zehnten und eilften Iahr-
hunderts zu den Bildwcrken des zwölften eincn gewissen Uebergang bilden,
vielleicht schon dem Ende des eilften beyzumeffen scyn. Dahin zähle ich das
Relief an der Brustwehr der Kanzel des Domes zu Voltcrra, dessen architecto-
nische Bcywerke ins eilfte Iahrhundert verweisen, wenn man, wie es nöthig isi,
die älteren Stücke von den neueren unterscheidet, welche bloße Erweiterung
des innercn Naumes zu bezwecken schcinen. Der Gegcnsiand der Darsiellung

*) Fior. Gesch. der zeichncnden Künfte, Thl. n. S. 379. — 2) Böttiger, Arch.
der Mal. S. 3, bemerkr sehr richrig: „Die roheften Veriuche der Plaftik sind überall
den rvhesten Versuchen der Malerey vorangcgangen. Runde Gestalten nach ihrer
Apparenz auf einer Fläche darzustellen, setzt schon Reflexion voraus."

159
 
Annotationen