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Schmarsow, August
Beiträge zur Ästhetik der Bildenden Künste (Band 2): Barock und Rokoko: eine kritische Auseinandersetzung über das Malerische in der Architektur — Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.15253#0016
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Aesth'etische Vorbereitung

Notwendigen „unsre vier Wände" nennen. Damit
kennzeichnet die Sprache den gewollten Raumaus-
schnitt als begränzt nach vorn wie hinten, nach
rechts und links. Der Grund und Boden unter un-
sern Füssen versteht sich von selbst, nämlich als
Voraussetzung unsres menschlichen Raumgefühls,
wie es sich in aufrecht stehenden und gehenden
Wesen wol ausbilden muss. Der Decke dagegen
vermag unser aesthetisch.es Bedürfnis lange zu ent-
raten, wie in allen Raumgebilden unter freiem Him-
mel; das praktische Bedürfnis, das den oberen Schutz
ebenso früh erheischt, darf über diese Tatsache nicht
täuschen. Noch unbefangener redet im selben Sinn
die andre Bezeichnung des Volksmundes: „unsre
vier Pfäle". Man darf in der Wahl dieses Ausdrucks
nicht etwa, wie es heute nahe liegt, einen Hinweis
auf die konstruktive Unentbehrlichkeit der Träger
erblicken, sondern vielmehr den auf die sinnliche
Unentbehrlichkeit des sichtbaren, tastbaren, haltbaren
Zeichens. Vier aufrechte Grade stehen da wie Ab-
geordnete unsres Willens. Wenn unsre Augen sie
erblicken, unsre Hände sie greifen, unsre Füsse sich
daran stossen, so gelten sie, — in ihrem besondern
Auftrag, — für unsersgleichen. Aber nicht das einmal
ist in voller Körperlichkeit vonnötcn; vier Stangen,
ja vier feste Punkte schon genügen, um zu williger
Ergänzung des ganzen Innenraums dazwischen heraus-
zufordern.

Das Raumvolumen also, das den Menschen als
Spielraum umgiebt, ist das zunächst Gewollte, nicht
die Aufrichtung körperlicher Dinge, die wir zu dessen
 
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