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Schottmüller, Frida; Donatello [Ill.]
Donatello: ein Beitrag zum Verständnis seiner künstlerischen Tat — München: Bruckmann, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.61296#0079
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Terrakottatafeln wie Bronzeerzählungen in S. Lorenzo male-
rische Reliefs.
Gruppen und Einzelfiguren sind in Padua absolut relief-
mäßig gesehen und dargestellt, d. h. klar in den Ansichten und
übersichtlich in der Zusammenordnung. Vollkommen ist die
Handhabung der Perspektive. Raumtiefe und Vordergrund sind
zu einer vollkommenen Einheit zusammengeschlossen. Nicht
einmal die Figuren, die den Säulen vorgestellt sind,1) fallen
heraus. Hier zeigt sich die Macht der Behandlungsweise. Durch
klare Schichtung der Reliefs ist Gliederung und zugleich Raum-
einheit gewonnen.
Die Zusammenstellung starker Kontraste — Face und
Profil — wird in Padua noch seltener, weil die Fülle von Dar-
stellungsmöglichkeiten abermals gewachsen ist. Schon an den
Türen von S. Lorenzo überwiegt ein klares, wenig verkürztes
Dreiviertelprofil. Daneben Detailfortschritte der Darstellung.
Man vergleiche im Wunder des Neugebornen in Padua die
Studentengruppe links mit ähnlichen Bewegungsmotiven an den
Puttenkanzeln. An Stelle unvermittelter Übergänge an den
entscheidenden Gelenken ist eine Bewegung getreten, die un-
gebrochen durch den ganzen Körper fließt.2)
Zu den „malerischen“ Reliefs traten in der Spätzeit noch
mehrere reinfigürliche Reliefs: halbfigurige Madonnen und
Passionsdarstellungen: die Beweinung in South Kensington
und die große Grablegung an der Rückseite des Santo-Hoch-
altares in Padua. 3)
Das Paduaner Relief ist flüchtig in der Ausführung, aber
in Komposition und Reliefstil fast von klassischer Vollkommen-
heit. Vier Männer in der äußerlichen Bemühung den schweren,
toten Körper in den Sarkophag zu senken. Vier Frauen da-
hinter in wildester Klage, so zusammengeordnet, daß jede Be-
wegung klar blieb; aber fast kein Raum des Hintergrundes.
z) Schon am Tabernakel in S. Peter ist durch die Art der Relief-
behandlung die künstlerische Zusammengehörigkeit zwischen Architektur und
vorgestellten Figuren — Putten — erreicht. An den Kanzeln von S. Lorenzo
sind dagegen die vorgestellten Figuren viel zu rund, viel zu einzeln gearbeitet;
sie wirken wie zufällig davorgestellt, die künstlerische Einheit wird durch sie
zerstört. Schon deshalb müssen sie Schülerausführung sein.
2) Vergl. S. 39 und die Abbildungen zwischen S. 46 und 47.
3) Abb. S. 48 und 88.

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