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nossen machten, als sie 1477 Karl den Kühnen besiegten, bildet das
Herzstück des Bernischen Historischen Museums.464 Sie erachteten seine
Feldausstattung als „einer Millium goldes wert, das ist zechen Malen
hundert tusend guldin", und sie umfasste - neben seinem Fürstenhut,
seinem Degen, einem goldenen Sessel, Zelten, Vorhängen, Edelsteinen -
auch Messkelche und Reliquien.465

So kann auch die Situla repräsentativer Bestandteil einer Hofkapelle
gewesen sein und zwar, wie noch ausgeführt werden wird, wahr-
scheinlich ein Stück in der mitwandernden Grundausstattung Ottos III.466

Der Begriff „Hofkapelle" bezeichnete zudem einen Kreis von Personen,
der nicht nur die zur Kanzlei gehörigen und sie begleitenden Hofgeistli-
chen, die Kapellane, einschloss, sondern sich zudem auf die den Kaiser
umgebende Gruppe von Begleitern mit unterschiedlichen Funktionen er-
streckte, so auch - wie Schramm ausführt - auf Künstler resp. Kunst-
handwerker. Es ist damit zu rechnen, dass es sich bei der Mehrzahl der
Künstler um Mitglieder des geistlichen Standes und um Mönche gehan-
delt hat. In einer Urkunde Kaiser Arnulfs (+899) wird beispielsweise ein
illuster artifexals Mitglied der Hofgeistlichkeit erwähnt. Mit dieser Rege-
lung war für den Lebensunterhalt dieser künstlerisch tätigen Geistlichen
gesorgt. Unter den Tischlern, Goldschmieden und Elfenbeinschnitzern
befanden sich auch Laien. Die Künstler und sonstigen Mitarbeiter einer
Hofkapelle sind aber nicht als festes „Stammpersonal" zu denken; neben
den üblichen Fluktuationen gab es - für unsere Fragestellung entschei-
dend - auch „Gastkünstler", die man sich von Fall zu Fall „ausgeliehen"
hatte: Der Mitgliederbestand der „Hofschule" - und das heisst zugleich:
der Kapelle - konnte stark variieren.467

Am Beispiel der Cathedra Petri (Abb. 49), die ja ein Werk der Hofkunst
par excellence ist, kann abgelesen werden, welche Resultate die Zu-
sammenarbeit von Künstlern verschiedener Provenienzen und Schulun-
gen innerhalb des Rahmens der Hofkapelle hervorbringen konnte. Auf-
grund ihrer verschiedenen Stile wären Elfenbeinleisten der Cathedra Petri
unschwer verschiedenen Schulen zuzuweisen, falls man an der herge-
brachten Vorstellung von „Werkstätten" mit festen Stiltraditionen festhal-
ten wollte.468

Auch aus der wissenschaftlichen Analyse der Tafeln des sog. Magdebur-
ger Antependiums ergeben sich Argumente, welche das Zuordnen von
herausragenden Objekten - wie der Situla - zu einerseits relativ zentrali-
sierten (damit viele Einflüsse aufnehmenden), andererseits mobilen (also
auf unterschiedliche Arbeitszusammenhänge wirkenden) Produktionsbe-
dingungen im imperialen Entstehungskontext bestätigen. Innerhalb die-

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