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welches die Umrisse und Schwellungen der griechischen
tektonischen Profile charakterisirt und sie so streSg von
den Formen aller anderen Baustile unterscheidet. Die
griechischen Profile halten sämmtlich so lange als mög-
lich an der geraden Linie fest, trennen sich nur zögernd
von ihr, indem sie leise Schwellungen annehmen, dann
aber plötzlich, gleichsam' wie durch raschen Entschluss,
mit schneller Krümmung in eine andere, der ersteren
normalen Richtung umbiegen. So z. B. das Profil des
Echinus an dem Dorischen Kapitale, dessen bedeutsames
Analogon in der Natur jene gleichnamige Muschel, Echi-
nus, deutsch Meerigel genannt, ist. Dieselbe Form des
Meerigels, die gleichsam aus der Aufgabe hervorging,
unter gewissen Voraussetzungen bei geringster vertiealer
Durchschnittsfläche und geringster Oberfläche ein gege-
benes Quantum von Raum zu umfassen, zeigt der posi-
tive Zweig der Kurve Fig. 2 auf Tafel 2. — Mit dieser
Bemerkung, die sich auch auf die plastischen Formen
der Griechen erstreckt, bei denen nichts Schwülstiges
erscheint, sondern alles Muskelwerk in Flächen und scharfen
Uebergängen gehalten ist, soll nicht behauptet sein, dass die
Griechen ihre Formen nach mathematischen Formeln con-
struirten, -welches in der Kunst anzunehmen absurd wäre,
sondern dass sie das Gesetz der Natur, wonach diese bei
ihren Formengebungen die extremen Grenzen beobachtet
und überall Spannung herrschen lässt, nicht bloss dunkel
ahnten, sondern klar erkannten.
welches die Umrisse und Schwellungen der griechischen
tektonischen Profile charakterisirt und sie so streSg von
den Formen aller anderen Baustile unterscheidet. Die
griechischen Profile halten sämmtlich so lange als mög-
lich an der geraden Linie fest, trennen sich nur zögernd
von ihr, indem sie leise Schwellungen annehmen, dann
aber plötzlich, gleichsam' wie durch raschen Entschluss,
mit schneller Krümmung in eine andere, der ersteren
normalen Richtung umbiegen. So z. B. das Profil des
Echinus an dem Dorischen Kapitale, dessen bedeutsames
Analogon in der Natur jene gleichnamige Muschel, Echi-
nus, deutsch Meerigel genannt, ist. Dieselbe Form des
Meerigels, die gleichsam aus der Aufgabe hervorging,
unter gewissen Voraussetzungen bei geringster vertiealer
Durchschnittsfläche und geringster Oberfläche ein gege-
benes Quantum von Raum zu umfassen, zeigt der posi-
tive Zweig der Kurve Fig. 2 auf Tafel 2. — Mit dieser
Bemerkung, die sich auch auf die plastischen Formen
der Griechen erstreckt, bei denen nichts Schwülstiges
erscheint, sondern alles Muskelwerk in Flächen und scharfen
Uebergängen gehalten ist, soll nicht behauptet sein, dass die
Griechen ihre Formen nach mathematischen Formeln con-
struirten, -welches in der Kunst anzunehmen absurd wäre,
sondern dass sie das Gesetz der Natur, wonach diese bei
ihren Formengebungen die extremen Grenzen beobachtet
und überall Spannung herrschen lässt, nicht bloss dunkel
ahnten, sondern klar erkannten.