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Fünftes Hauptstück.
eigenes Ornamentationsprinzip, mit abwärts weichenden Elementen, Schup-
pen, Blättern, Kannelüren und dergl. — Als für sich bestehend wird es
auch oben durch eins oder mehrere der bekannten Verknüpfungsglieder
mit dem Halse verbunden.
Wegen der hervorgehobenen vielfachen Wechselbezüge zwischen
Hals und Fuss, und wegen des Gegensatzes beider zu dem Rumpfe,
pflegt man den Hals ähnlich wie den Fuss zu koloriren, gleichen Stoff
für beide anzuwenden, wenn das Ganze aus mehreren Stoffen zusammen-
gesetzt werden soll. Beispiele die attischen Lekythen, die garnirten
Krystallgefässe des Cinquecento u. a.
Dieser genaue Bezug zwischen dem Hals und dem Fuss der Vase
zeigt sich auch in dem ziemlich stetigen Verhältnisse, das zwischen beiden
zu beobachten ist: nämlich die Höhe des Fusses darf wachsen im
Verhältnisse der Gefässordnung, diese aber verengt sich nach dem
umgekehrten Verhältnisse des Wachst hum s der Länge des
Halses, d. h. der Hals darf je mehr sich strecken, je kleiner der Durch-
messer der Mündung im Verhältnisse zu dem Bauche des Gefässes ist.
Hieraus folgt zwar, dass langhalsigen Gefässen in der Regel niedrige
Füsse zukommen, dass hohe Fussgestelle kurz- und weithalsigen Vasen
entsprechen; aber es soll daraus keineswegs weiter gefolgert werden, dass
letztere ohne derartige hohe Füsse oder dass langgehalste engmundige
Vasen mit solchen absolut unstatthaft wären.
Die Schale (Kylix) und die Flasche sind zwei Extreme in der
Anwendung dieses Prinzips, zwischen denen letzteres in hundertfältig
modificirter Anwendung waltet.
§• 112.
Der Mund (Lippe).
Man hat zunächst zu unterscheiden zwischen der einfachen kreis-
runden Mündung und dem geschweiften Ausgusse, mit der ihm
verwandten Dille.
Jene, die einfache, meistens kreisrunde, Mündung, ist oft nur der
Ausgang und die Endigung des Halses und zeigt sich, als Rand des-
selben, in Form eines abgeflachten Wulstes, oder, noch bezeichnender,
in Form eines Ueberfalls (einer Welle, Kymation); gleichsam als ober-
stes, von oben gesehenes, Ende des emporstrebenden Pflanzenkelches, der
den oberen Hals bildet. Dabei ist die Mündung noch meistens mit einem
Fünftes Hauptstück.
eigenes Ornamentationsprinzip, mit abwärts weichenden Elementen, Schup-
pen, Blättern, Kannelüren und dergl. — Als für sich bestehend wird es
auch oben durch eins oder mehrere der bekannten Verknüpfungsglieder
mit dem Halse verbunden.
Wegen der hervorgehobenen vielfachen Wechselbezüge zwischen
Hals und Fuss, und wegen des Gegensatzes beider zu dem Rumpfe,
pflegt man den Hals ähnlich wie den Fuss zu koloriren, gleichen Stoff
für beide anzuwenden, wenn das Ganze aus mehreren Stoffen zusammen-
gesetzt werden soll. Beispiele die attischen Lekythen, die garnirten
Krystallgefässe des Cinquecento u. a.
Dieser genaue Bezug zwischen dem Hals und dem Fuss der Vase
zeigt sich auch in dem ziemlich stetigen Verhältnisse, das zwischen beiden
zu beobachten ist: nämlich die Höhe des Fusses darf wachsen im
Verhältnisse der Gefässordnung, diese aber verengt sich nach dem
umgekehrten Verhältnisse des Wachst hum s der Länge des
Halses, d. h. der Hals darf je mehr sich strecken, je kleiner der Durch-
messer der Mündung im Verhältnisse zu dem Bauche des Gefässes ist.
Hieraus folgt zwar, dass langhalsigen Gefässen in der Regel niedrige
Füsse zukommen, dass hohe Fussgestelle kurz- und weithalsigen Vasen
entsprechen; aber es soll daraus keineswegs weiter gefolgert werden, dass
letztere ohne derartige hohe Füsse oder dass langgehalste engmundige
Vasen mit solchen absolut unstatthaft wären.
Die Schale (Kylix) und die Flasche sind zwei Extreme in der
Anwendung dieses Prinzips, zwischen denen letzteres in hundertfältig
modificirter Anwendung waltet.
§• 112.
Der Mund (Lippe).
Man hat zunächst zu unterscheiden zwischen der einfachen kreis-
runden Mündung und dem geschweiften Ausgusse, mit der ihm
verwandten Dille.
Jene, die einfache, meistens kreisrunde, Mündung, ist oft nur der
Ausgang und die Endigung des Halses und zeigt sich, als Rand des-
selben, in Form eines abgeflachten Wulstes, oder, noch bezeichnender,
in Form eines Ueberfalls (einer Welle, Kymation); gleichsam als ober-
stes, von oben gesehenes, Ende des emporstrebenden Pflanzenkelches, der
den oberen Hals bildet. Dabei ist die Mündung noch meistens mit einem