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Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0129
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KAPITEL XII

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zweiter Leichnam niedergelegt. Darauf wurde die Oeffnung der Nische durch eine in
den Falz der Ränder eingesetzte dünne Platte aus Mekser Kalkstein verschlossen. In
spaterer Zeit, als die Räume der Katakombe so viel als möglich ausgenutzt wurden, sind
in den einzelnen Nischen hier wie in anderen Kammern auch mehrere Tote beigesetzt
worden. Ernst Fiechter fand in sehr vielen Nischen drei bis vier Skelette, einmal glaubte
er in einem Grabe acht zusammengehäufte Gerippe zu zählen. Alle Leichen waren mit
dem Kopf nach vorn gerichtet; Mumien fanden sich nicht darunter. Es wäre aber gewagt,
daraus einen Schluss auf die Abstammung der Toten zu ziehen und etwa aus dem Fehlen
von Mumien zu folgern, dass hier nur Griechen und keine Aegypter bestattet worden
seien, denn das Einbalsamieren war auch bei den Griechen Alexandriens Sitte geworden,
nur scheint es immer das Vorrecht der Wohlhabenden geblieben
zu sein. Ebensowenig dürfen wir hoffen unter den Leichen solche
aus der Gründungszeit der Katakombe zu besitzen. Die viel-
fachen Erweiterungen derselben, die Aenderungen der älteren
Teile und die Häufung der Leichen in den loculi sind ebenso-
viele Beweise für eine durch Jahrhunderte währende Fort-
benutzung der Katakombe, bei welcher die früheren Besitzer
immer wieder den späteren weichen oder sie neben sich dulden
mussten. So ist es auch nicht möglich, die Entstehungszeit der
ersten Anlage nach den Funden oder nach den Inschriften zu
bestimmen. Auf diesen Punkt werden wir später zurückkommen.

Wie schon oben bemerkt wurde, deutet die Gleichförmig-
keit und Einfachheit der aneinandergereihten Grabnischen und
ihre Gruppierung um die Zentralkammer auf ein Verhältnis der
Unterordnung der hier zuerst Bestatteten unter einen Gebieter,
welcher sich in der innersten Kammer der Katakombe ein so

prächtiges Mausoleum errichtet hatte. Man wird an die Sitte der Pharaonenzeit25 erinnert,
wo sich um die Pyramide des Königs die einfacheren Gräber seines Hofstaates sammelten.
Und wie auf den Leichenfeldern vonGizeh und Memphis in der Form der Bestattung sich
die Rangklassen der Untertanen voneinander scheiden, so ist auch hier in den Neben-
räumen — trotz aller Monotonie in der Häufung der loculi — an gewissen Stellen ein
Unterschied der Bestattung gemacht, welcher Rangunterschieden in der Dienerschaft
entsprochen haben wird.

Ausser den loculi finden sich in den Korridoren noch zwei Arten von Sonder-
bildungen, welche auffallenderweise in die Ecken verwiesen werden, daher auf Tafel XLI
nicht sichtbar sind. An Stelle der letzten loculi sind schmale Ausläufer der Gänge
getreten, die an der Seite eine kleine Nische mit einem aus dem Felsen gearbeiteten
Sarkophag und am Ende den verdrängten loculus enthalten. In der Mitte des rück-
wärtigen, hinter der Zentralkammer liegenden Korridors, öffnet sich die Wand und wir
gelangen zu einer der Zentralkammer XIV entsprechenden, nur wenig kleineren, aber sehr

Abb. 59. Oestliche Nische g
des Umgangs.

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