1 22
KAPITEL XIII
dahinterliegender, schon ausgeführter Räume verriet, was zur Vorsicht mahnte. Die
östlich anstossende Treppe führt abwärts zu tiefergelegenen Räumen, welche jetzt vom
Grundwasser bedeckt werden. Es muss dahingestellt bleiben, ob dieses unzugängliche
Untergeschoss des Nebengrabes Zusammenhang hat mit den unterhalb des Tricliniums
des Hauptgrabes und westlich von dem Pfeilersaal XXIV desselben vermutungsweise
angenommenen Kammern einer noch unentdeckten Grabanlage, von welcher oben
(Seite i 15) gesprochen worden ist. Was das Obergeschoss des Nebengrabes betrifft, so
wurde der östliche Flügel desselben die schon erwähnte Seitenkammer EF — von
Giuseppe Botti gleichzeitig mit dem grossen Saal B in den letzten Tagen des März 1901
entdeckt. Sie waren damals nur mit Mühe und Gefahr zu erreichen, wenn man sich
bald kriechend, bald kletternd durch dieOeff-
nungen hindurchwand, welche die grossen,
von der Decke herabgestürzten Steinblöcke
frei gelassen hatten. Man passierte dabei den
noch völlig verschütteten Lichtschacht A,
ohne ihn als solchen zu erkennen. Mit jener
Sorglosigkeit, welche den Forscher mitten
in der Entdeckungsfreude überkommt und
welche den Gedanken an Lebensgefahr und
an Schutzmittel dagegen nicht aufkommen
lässt, haben damals alle bei den Unter-
suchungen Beteiligten täglich nach Art der
Maulwürfe ihre Arbeitsstellen aufgesucht.
Ernst Fiechter nahm den Grundriss der
einzelnen Säle auf, fertigte das Aquarell, wo-
nach Tafel LXII ausgeführt ist und zeichnete
die in den Textbildern reproduzierten An-
sichten, während noch immer die Möglichkeit fortbestand, dass von der Decke neue
Steinmassen herabstürzen könnten auf diejenigen, welche den Boden schon bis zu
Mannshöhe bedeckten. Ich selbst übertrug die Wandbilder der Nische 18 in Saal C in
der Weise, wie sie auf Tafel LXIV wiedergegeben sind, und untersuchte die Räume,
soweit sie von Schutt frei waren.
Wenn damals nur ein Teil der bereits stark verblassten Gemälde aufgenommen
werden konnte, so liegt die Entschuldigung in der Schwierigkeit in erstickender Schwüle
und bei kärglichem Kerzenlicht derartige Arbeiten auszuführen und in der Kürze der
Zeit, welche uns vor der durch äussere Umstände erzwungenen Beendigung der zweiten
Kampagne noch zur Verfügung stand. Erst im nächsten Frühjahr gelang es Botti die
Treppe und den Lichtschacht dieser Katakombe freizulegen und die gewaltigen Schutt-
massen aus den Sälen zu entfernen. Als ich im Monat Mai 1902 das Grab wiedersah,
waren Herstellungsarbeiten im Gange, durch welche die Säle B und C nicht unwesentlich
Abb. 72. Der moderne Ueberbau der Wendeltreppe des grossen Grabes
und der Lichtschacht des Nebengrabes.
KAPITEL XIII
dahinterliegender, schon ausgeführter Räume verriet, was zur Vorsicht mahnte. Die
östlich anstossende Treppe führt abwärts zu tiefergelegenen Räumen, welche jetzt vom
Grundwasser bedeckt werden. Es muss dahingestellt bleiben, ob dieses unzugängliche
Untergeschoss des Nebengrabes Zusammenhang hat mit den unterhalb des Tricliniums
des Hauptgrabes und westlich von dem Pfeilersaal XXIV desselben vermutungsweise
angenommenen Kammern einer noch unentdeckten Grabanlage, von welcher oben
(Seite i 15) gesprochen worden ist. Was das Obergeschoss des Nebengrabes betrifft, so
wurde der östliche Flügel desselben die schon erwähnte Seitenkammer EF — von
Giuseppe Botti gleichzeitig mit dem grossen Saal B in den letzten Tagen des März 1901
entdeckt. Sie waren damals nur mit Mühe und Gefahr zu erreichen, wenn man sich
bald kriechend, bald kletternd durch dieOeff-
nungen hindurchwand, welche die grossen,
von der Decke herabgestürzten Steinblöcke
frei gelassen hatten. Man passierte dabei den
noch völlig verschütteten Lichtschacht A,
ohne ihn als solchen zu erkennen. Mit jener
Sorglosigkeit, welche den Forscher mitten
in der Entdeckungsfreude überkommt und
welche den Gedanken an Lebensgefahr und
an Schutzmittel dagegen nicht aufkommen
lässt, haben damals alle bei den Unter-
suchungen Beteiligten täglich nach Art der
Maulwürfe ihre Arbeitsstellen aufgesucht.
Ernst Fiechter nahm den Grundriss der
einzelnen Säle auf, fertigte das Aquarell, wo-
nach Tafel LXII ausgeführt ist und zeichnete
die in den Textbildern reproduzierten An-
sichten, während noch immer die Möglichkeit fortbestand, dass von der Decke neue
Steinmassen herabstürzen könnten auf diejenigen, welche den Boden schon bis zu
Mannshöhe bedeckten. Ich selbst übertrug die Wandbilder der Nische 18 in Saal C in
der Weise, wie sie auf Tafel LXIV wiedergegeben sind, und untersuchte die Räume,
soweit sie von Schutt frei waren.
Wenn damals nur ein Teil der bereits stark verblassten Gemälde aufgenommen
werden konnte, so liegt die Entschuldigung in der Schwierigkeit in erstickender Schwüle
und bei kärglichem Kerzenlicht derartige Arbeiten auszuführen und in der Kürze der
Zeit, welche uns vor der durch äussere Umstände erzwungenen Beendigung der zweiten
Kampagne noch zur Verfügung stand. Erst im nächsten Frühjahr gelang es Botti die
Treppe und den Lichtschacht dieser Katakombe freizulegen und die gewaltigen Schutt-
massen aus den Sälen zu entfernen. Als ich im Monat Mai 1902 das Grab wiedersah,
waren Herstellungsarbeiten im Gange, durch welche die Säle B und C nicht unwesentlich
Abb. 72. Der moderne Ueberbau der Wendeltreppe des grossen Grabes
und der Lichtschacht des Nebengrabes.