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96 L. Griechenland. 3. Skulptur.

Ein Künstler von Naxos, Alxenor, schuf eine in Orchomenos (Böotien) gefundene Grab-
stele (Fig. 164). Die Poetische Erfindung zeigt sich hier reicher entwickelt als die technische
Ausführung. Auf den Knotenstock gestützt hält ein bärtiger Mann dem aufspringenden Hunde
eine Heuschrecke entgegen. Die Wiedergabe der übereinander geschlagenen Beine ist ungeschickt,
die Zeichnung des Auges berfehlt, der Faltenwurf des Gewandes steif. Es spricht aber aus dem
flachen Reliefbilde nicht allein ein lebensvoller Siun, der selbst für die kleinen Vorgänge in der
Natur ein offenes Auge hat, sondern auch bereits die echt griechische, mild heitere Auffassung
der menschlichen Dinge.

Fig. 166. Relief auS der Nähe von Sparta. Berlin, Museum.

Wie sich ein Volk zum Tode stellt, entscheidet mit über seinen religiösen Glauben und übt
großen Einfluß auf die künstlerische Phantasie. Jn den Grabreliefs, die glücklicherweise so zahl-
reich erhalten sind, daß man an ihrer Hand die ganze Entwickelung der griechischen Plastik verfolgen
könnte, spiegelt sich die hellenische, insbesondere die attische Empfindungsweise in reinster Gestalt
wieder. Der Tod birgt keine finsteren Schrecknisse; keine schroffe Kluft trennt den Verstorbenen
von den Lebenden. Jn treuem Abbilde, so wie er auf der Erde weilte, in dem bezeichnenden
Gebahren, an welcheni ihn die Freunde wiederkannten, schildert ihn der Künstler auf der Grab-
stele. Dem strammen, fest einhertretenden Soldaten begegnen wir auf dem bemalten Grab-
relief des Aristion, einem Werke des Aristokles (Fig. 165). Jhm reihen sich der Athlet mit
 
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