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Strube, Christine
Baudekoration im nordsyrischen Kalksteinmassiv (Band 2): Das 6. und frühe 7. Jahrhundert — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.71526#0145
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Als Besonderheiten der Architektur sind zu nennen:
Dem Mittelteil der Ostfassade ist eine sechsfache Säulen-
stellung vorgelegt, die unmittelbar an die Gestaltung der
Ostfassade bei der Nordkirche von Deir Setä erinnert
(Taf. 89a)551. Die Pilaster der Apsis sind kanneliert. Die
Kirche besitzt ein Bema.
Kapitelle des Apsisbogens. Korinthische Kapitelle mit
detailliert ausgearbeitetem Akanthus (Taf. 80c)552. Sie
zeigen einfach gegliederte Blattformen, mit tiefen und
breiten Negativrillen in den Blattflächen und seitlich der
Mittelstege. Die Hochblätter setzen an der Kapitellbasis
an, die unteren Blätter sind weit auseinandergeetzt. Gaules
mit angekanteter Spitze tragen Hüllblattkelche, in deren
Zentrum auf der Stirnseite ein Heines Kreuzmedaillon
sitzt. Helices und Voluten fehlen. Die streng horizontale
Trennung der Hüllblattzone von den beiden Blattreihen
erinnert an die entsprechenden Kapitelle in Qalcat
Simcän, doch ist die Ausführung der Blattformen diesen
nicht vergleichbar: Die mittleren Hochblätter erinnern
in der verschiedenen Zackenbildung bei der unteren und
oberen Hälfte der Blattlappen an Blattformen der Halla-
wiya (Taf. 3c. d), wurden jedoch mit wesentlich weniger
Erfahrung ausgearbeitet.
Apsisinnengesims. Es tritt aus den Quaderflächen her-
vor und zeigt die Folge von oberer Leiste, cyma recta, von
Leisten gerahmtem Rundprofil und abschließender unte-
rer Leiste553. Auf die mittleren Lagen des Rundprofils
wurde eine gegenläufige Blattranke mit glatt ausgearbei-
teten Blattformen sHuptiert (Taf. 89b), während die
äußeren Enden ohne Dekor blieben. Im Zentrum der
Blattranke, direkt über dem zentralen Fenster der Apsis
sitzt ein Kreuzmedaillon mit einem Kranz aus Dreiecks-
blättchen mit tiefer Negativrille554. Das cyma recta ist
ohne Ornament.
Säulenkapitelle. Korinthische Kapitelle mit glattem
Akanthus (Taf. 89d)555. Bei den drei Kapitellen, die im
Oberflächenbefund auszumachen sind - unter ihnen ist
ein Girlandenkapitell -, sind die Hüllblätter detailliert
ausgearbeitet. In beiden Blattkränzen wurden die Mittel-
stege durch tiefe seitliche Kerben aus den Blattflächen
herausgearbeitet. Caules mit schwach abgekanteter
Spitze treten trennend zwischen die Hochblätter, und die
auf ihnen ansetzenden Hüllblätter liegen nicht in einer
eigenen oberen Kapitellzone, sondern reichen tief in den
oberen Blattkranz hinab. Die einfachen Hüllblattformen
sind bei zwei Kapitellen sehr flach gekerbt und bei dem
dritten gefältelt. Die schematische Ausführung aller Ein-
zelelemente ist den Apsiskapitellen direkt vergleichbar.
Die Kapitelle der benachbarten Kirche von Haräb
Sultan, die in der Gesamtform mit dem niedrigen unte-
ren Blattkranz wie in charakteristischen Einzelformen
der Caules (vgl. Taf. 68c) in das 6. Jahrhundert datieren,
lassen vermuten, daß die Kapitelle der OstHrche ihnen
vorangingen und wohl in das frühe 6. Jh. zu datieren
sind - hier sind weiterführende Aufnahmen abzuwarten.

Türen der Südfassade. Die Türgebälke der beiden
Türen wurden noch nicht aufgefunden, dagegen ein
Block der Seitengewände556. Er zeigt in der Abfolge von
innen nach außen: ein Heines, von Leisten gerahmtes
Rundprofil mit Efeuranke; ein glattes cyma recta; ein
größeres, ebenfalls von Leisten gerahmtes Rundprofil mit
Weinranke; ein hohes cyma recta mit Akanthus-Palmet-
tenfries sowie eine äußere Leiste.
Gesimsformen der Osfassade. Die aufwendige Gestal-
tung der Ostfassade mit ihrem Horizontalgesims in
Höhe der Fenstersohlbank, den fortlaufenden Fensterge-
simsen und der vorgelegten Säulenordnung im Mittelteil
der Fassade wurde von J.P. Sodini und Wh. Khoury un-
tersucht und detailliert aufgenommen (Taf. 89a)557. Der
Befund an der NO-Ecke der Kirche spricht dafür, daß
sich Horizontal- und Fenstergesims kontinuierlich auf
der Süd- und Nordfassade fortsetzten.
Bei dem Horizontalgesims558 folgen auf die hohe
äußere Leiste nach schräger Abkantung: ein cyma recta
mit ausgeprägter konvexer und konkaver Rundung, ein
Zahnschnittfries zwischen zwei niedrigen Leisten und
eine untere Abschlußleiste. Den Raum zwischen den
Zähnen füllen Einzelornamente - Blatt-, Rosetten- und
Rankenmotive, Granatapfelbäumchen -, die trotz ihrer
etwas groben Ausführung an die Füllornamente des Ap-
sisinnengesimses in Qalblöze, des Architravs der El Hosn
von El Bärä sowie das reiche Repertoire an Ornamentik
bei den Konsol- und Zahnschnittgesimsen in Qalcat
Simcän erinnern559.
Das Fenstergesims wurde so organanisiert, daß der
Mittelteil der Ostwand mit den drei Apsisfenstern und
den sechs vorgelegten Säulen hervorgehoben und gegen
den Bereich der Apsisnebenräume abgegrenzt ist. In dem
Gesims560 folgen auf die hohe obere Leiste und die
schräge untere Abkantung: ein cyma recta, ein Fries
aus Dreiecksblättchen ohne Negativrille, der von zwei
Leisten eingefaßt wird, und eine untere Abschlußleiste.
Herausragendes Ornament dieses Gesimses ist der Bo-
genfries, der auf der Außenleiste ruht und das Gesims
kontinuierlich auf der ganzen Ostwand begleitet. Trotz
der ausgeprägten Unterschiede in den Gesimsformen er-
innert er an den Befund der Fassadengesimse in der Ost-
kirche von Mecez561.

551 Biscop — Sodini 1984, 317 ff.
552 Biscop — Sodini 1987, Abb. 17.22.
553 a. O. 111 Abb. 7.
554 a. O. 113 Abb. 12. 117 Abb. 22.
555 a. O. 117 Abb. 21.
556 a. O. 115 Abb. 18.
557 a. O. 110 Abb. 6; Khoury — Castellana 1990, Abb. 4. 5.
558 Biscop — Sodini 1987, Abb. 8. 10—11.
559 Strube, Baudekoration I Taf. 44c. d. Taf. 1 lOa-d.
560 Khoury - Castellana 1990, 17 Abb. 7. 9.
561 Strube, Baudekoration ITaf. 54d. e. 55d. Die Gegenüberstellung

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