Kirchen des 6. Jahrhunderts mit ausschließlich
korinthischen Kapitellen oder mit Konsolenkapitellen als
dominierendem Kapitelltypus
Gebet Zäwiye (Gebet Rtha)
EINFÜHRUNG
In der südlichen Region des Kalksteinmassivs (Karte 1. 4)
blieben nur wenige Kirchen des 6. Jahrhunderts erhal-
ten710 und sie sind — die Bizzoskirche von Ruweiha aus-
genommen - in ihrer Architektur entweder gar nicht
oder nur unzureichend untersucht. Einleitend ist festzu-
halten, daß nur sehr wenige einschiffige Kirchen des
6. Jhs. für den Gebel Zawiye überliefert sind711 - das für
die Antiochene so charakteristische Nebeneinander von
einschiffiger Kirche und Säulenbasilika sich in dieser
Region nicht wiederholt - und daß die rechteckige Aus-
bildung des Altarraumes, die in der zweiten Hälfte des
5. Jhs. für Kirchen der zentralen Regionen entwickelt
wurde712, nach bisheriger Kenntnis der Überlieferung,
nicht auf die Kirchen der südlichen Region überging. In
der Baudekoration ist die Spannweite der neben- und
nacheinander arbeitenden Werkgruppen/Werkstätten
auch in diesem Jahrhundert wesentlich geringer als in
den zentralen Regionen des Bergmassivs.
Die Weitarkaden-Basilika von Ruweiha hat, wie wir
sahen, ihre engste Parallele außerhalb des Bergmassivs in
der Basilika A von Resafa713 und ist wie diese mit den
nordsyrischen Städten verbunden. Keine Kirche des
6. Jhs. wurde bis jetzt bekannt, in der wie in mehreren
Bauten der Antiochene korinthische, ionische und Vari-
anten des toskanischen Kapitells in einer Säulenreihe ne-
beneinander saßen, doch boten ein vergleichbares Bild
die Kirchen mit Konsolenkapitellen als Hauptform714.
Die Kirche von Frikya ist bis jetzt der einzige bekannt
gwordene Bau, der mit korinthischen Normalkapitellen
als Hauptform des Innenraums die Tradition der Haupt-
kirche des 5. Jhs. von El Bärä und der Kirchen von Mug-
leyya, Dallöza, Deir Sambul und Sinsaräh fortsetzt und
somit die Aussage der großen Gruppe antiochenischer
Kirchen mit diesem Kapitellbild ergänzt.
Die wenigen bis jetzt bekannten Kirchen grenzen sich
in der Form und Organisation der Fassadengesimse ge-
gen die antiochenischen Kirchen ab: Pilaster im Außen-
bau — aus der Ostkirche von Mecez715, der kreuzförmigen
Anlage und dem Baptisterium von Qalcat Simcän716,
Grabbauten des Gebel Zäwiye717 sowie dem Baptiste-
rium der Westkirche von Bäqirhä (um 500 n. Chr.)718
bekannt - sind in den Kirchen von Ruweiha und Frikya
Hauptelement der Fassadendekoration (Taf. 79a; 113a)
und kommen in Verbindung mit dem Horizontalgesims
in Höhe der Fenstersohlbank häufiger vor. Fortlaufende
Fenstergesimse sind selten719, doch treten in der Haus-
und Kirchenarchitektur das Horizontalgesims und das
jede Fensteröffnung einzeln rahmende Gesims des öfte-
ren zusammen auf (Taf. 113a; 117a. b; 120a. b)720.
Ich habe in Band I die Kirche von Btirsa vorgestellt
und festgehalten, daß für sie eine Entstehungszeit erst am
Anfang des 6. Jahrhunderts nicht ausgeschlossen werden
kann721, und ebenso mußte ich feststellen, daß zwar eini-
ges dafür spricht, daß die Kirche von Mugleyya um 470
n. Chr. entstand, daß jedoch auch für sie eine Entste-
hung erst in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts
nicht sicher auszuschließen ist722. Auf die Gründe für die
Schwierigkeiten bei der zeitlichen Einordnung der Kir-
chen des Gebel Zäwiye bin ich ausführlicher eingegan-
gen und hatte die Hoffnung, daß durch die begonnene
Bearbeitung der überaus vielschichtigen und reichen
Hausbauten dieser Region die Grundlagen für die wei-
terführende Rekonstruktion des Werkstattbetriebes ge-
schaffen werden723.
Leider sind bei den inzwischen publizierten Ergebnis-
sen dieser Arbeiten die auch für die Kirchen so wichtige
Chronologie der Fassadengesimse und die Typologie der
Ornamentformen weitgehend zu korrigieren, und es
fehlt eine Untersuchung der so wichtigen Portikuskapi-
710 PAES II Bl 10 f.
711 AAES II 102 f. Abb. 38. 39; Die einschiffige Kirche von Rbeica.
wird von Tchalenko, Eglises I 335 Anm. 1; II Taf. XIII, 13 in das
4. Jahrhundert datiert, doch spricht die Ausbildung ihres Ostteils ge-
gen ein so frühes Datum und legt eine Datierung Ende des 5./Anfang
des 6. Jhs. nahe — ich kenne den Bau allerdings nicht aus Autopsie.
712 Dazu Strube, Baudekoration I 125.
713 Dazu S. lOOff.
714 Zu dieser Situation: Strube, Baudekoration I 196 f.
7,5 a. O.Taf. 55d.
716 Tchalenko, Villages IITaf. CLXXX, 1; de VogüeTaf. 141. 150.
717 Siehe z. B. de Vogüe Taf. 72. 74. 77. 84; Strube, Baudekoration I
Taf. 85a. b. d.
7,8 Tchalenko, Eglises II Abb. 323. III Abb. 192.
719 Siehe z. B. de VogüeTaf. 35. 39; PAES II B Abb. 136. 152.
720 Siehe z. B. de Vogüe Taf. 41.53. 64; PAES II B Abb. 146. 153.
154. 157—159; Täte, Campagnes Abb. 203—207.
721 Strube, Baudekoration I 197.
722 a. O. 184. 197 ff.
723 a. O. 197 ff. 201.
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korinthischen Kapitellen oder mit Konsolenkapitellen als
dominierendem Kapitelltypus
Gebet Zäwiye (Gebet Rtha)
EINFÜHRUNG
In der südlichen Region des Kalksteinmassivs (Karte 1. 4)
blieben nur wenige Kirchen des 6. Jahrhunderts erhal-
ten710 und sie sind — die Bizzoskirche von Ruweiha aus-
genommen - in ihrer Architektur entweder gar nicht
oder nur unzureichend untersucht. Einleitend ist festzu-
halten, daß nur sehr wenige einschiffige Kirchen des
6. Jhs. für den Gebel Zawiye überliefert sind711 - das für
die Antiochene so charakteristische Nebeneinander von
einschiffiger Kirche und Säulenbasilika sich in dieser
Region nicht wiederholt - und daß die rechteckige Aus-
bildung des Altarraumes, die in der zweiten Hälfte des
5. Jhs. für Kirchen der zentralen Regionen entwickelt
wurde712, nach bisheriger Kenntnis der Überlieferung,
nicht auf die Kirchen der südlichen Region überging. In
der Baudekoration ist die Spannweite der neben- und
nacheinander arbeitenden Werkgruppen/Werkstätten
auch in diesem Jahrhundert wesentlich geringer als in
den zentralen Regionen des Bergmassivs.
Die Weitarkaden-Basilika von Ruweiha hat, wie wir
sahen, ihre engste Parallele außerhalb des Bergmassivs in
der Basilika A von Resafa713 und ist wie diese mit den
nordsyrischen Städten verbunden. Keine Kirche des
6. Jhs. wurde bis jetzt bekannt, in der wie in mehreren
Bauten der Antiochene korinthische, ionische und Vari-
anten des toskanischen Kapitells in einer Säulenreihe ne-
beneinander saßen, doch boten ein vergleichbares Bild
die Kirchen mit Konsolenkapitellen als Hauptform714.
Die Kirche von Frikya ist bis jetzt der einzige bekannt
gwordene Bau, der mit korinthischen Normalkapitellen
als Hauptform des Innenraums die Tradition der Haupt-
kirche des 5. Jhs. von El Bärä und der Kirchen von Mug-
leyya, Dallöza, Deir Sambul und Sinsaräh fortsetzt und
somit die Aussage der großen Gruppe antiochenischer
Kirchen mit diesem Kapitellbild ergänzt.
Die wenigen bis jetzt bekannten Kirchen grenzen sich
in der Form und Organisation der Fassadengesimse ge-
gen die antiochenischen Kirchen ab: Pilaster im Außen-
bau — aus der Ostkirche von Mecez715, der kreuzförmigen
Anlage und dem Baptisterium von Qalcat Simcän716,
Grabbauten des Gebel Zäwiye717 sowie dem Baptiste-
rium der Westkirche von Bäqirhä (um 500 n. Chr.)718
bekannt - sind in den Kirchen von Ruweiha und Frikya
Hauptelement der Fassadendekoration (Taf. 79a; 113a)
und kommen in Verbindung mit dem Horizontalgesims
in Höhe der Fenstersohlbank häufiger vor. Fortlaufende
Fenstergesimse sind selten719, doch treten in der Haus-
und Kirchenarchitektur das Horizontalgesims und das
jede Fensteröffnung einzeln rahmende Gesims des öfte-
ren zusammen auf (Taf. 113a; 117a. b; 120a. b)720.
Ich habe in Band I die Kirche von Btirsa vorgestellt
und festgehalten, daß für sie eine Entstehungszeit erst am
Anfang des 6. Jahrhunderts nicht ausgeschlossen werden
kann721, und ebenso mußte ich feststellen, daß zwar eini-
ges dafür spricht, daß die Kirche von Mugleyya um 470
n. Chr. entstand, daß jedoch auch für sie eine Entste-
hung erst in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts
nicht sicher auszuschließen ist722. Auf die Gründe für die
Schwierigkeiten bei der zeitlichen Einordnung der Kir-
chen des Gebel Zäwiye bin ich ausführlicher eingegan-
gen und hatte die Hoffnung, daß durch die begonnene
Bearbeitung der überaus vielschichtigen und reichen
Hausbauten dieser Region die Grundlagen für die wei-
terführende Rekonstruktion des Werkstattbetriebes ge-
schaffen werden723.
Leider sind bei den inzwischen publizierten Ergebnis-
sen dieser Arbeiten die auch für die Kirchen so wichtige
Chronologie der Fassadengesimse und die Typologie der
Ornamentformen weitgehend zu korrigieren, und es
fehlt eine Untersuchung der so wichtigen Portikuskapi-
710 PAES II Bl 10 f.
711 AAES II 102 f. Abb. 38. 39; Die einschiffige Kirche von Rbeica.
wird von Tchalenko, Eglises I 335 Anm. 1; II Taf. XIII, 13 in das
4. Jahrhundert datiert, doch spricht die Ausbildung ihres Ostteils ge-
gen ein so frühes Datum und legt eine Datierung Ende des 5./Anfang
des 6. Jhs. nahe — ich kenne den Bau allerdings nicht aus Autopsie.
712 Dazu Strube, Baudekoration I 125.
713 Dazu S. lOOff.
714 Zu dieser Situation: Strube, Baudekoration I 196 f.
7,5 a. O.Taf. 55d.
716 Tchalenko, Villages IITaf. CLXXX, 1; de VogüeTaf. 141. 150.
717 Siehe z. B. de Vogüe Taf. 72. 74. 77. 84; Strube, Baudekoration I
Taf. 85a. b. d.
7,8 Tchalenko, Eglises II Abb. 323. III Abb. 192.
719 Siehe z. B. de VogüeTaf. 35. 39; PAES II B Abb. 136. 152.
720 Siehe z. B. de Vogüe Taf. 41.53. 64; PAES II B Abb. 146. 153.
154. 157—159; Täte, Campagnes Abb. 203—207.
721 Strube, Baudekoration I 197.
722 a. O. 184. 197 ff.
723 a. O. 197 ff. 201.
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