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IV.

Einfarbige Stoffe mit biblischen Darstellungen

aus Aegypten.

G. B. de Rossi hat gelegentlich seiner Arbeit über S. Andrea catabarbara zum
ersten Mal eingehend auf das; wie es scheint, reichste Gebiet frühchristlicher Kunst
aufmerksam gemacht, die Stoffe, die als Altarvelen, Thürvorhänge, Draperien
zwischen den Säulen und dgl. dienten.1) Neuerdings hat dann Stephan Beissel2)
eine dankenswerte Zusammenstellung der darauf bezüglichen Berichte des liber
pontificalis veröffentlicht, die auch dem Ungläubigsten die Augen öffnen dürfte
über die Bedeutung dieser Stoffe für die Ausstattung der Kirchen und die Aus-
breitung der Bildtypen. Der Peterskirche wurden — um nur etwas über die Masse
dieser Stoffe beizubringen — nach der Beraubung durch die Sarazenen im J. 846 136,
der Paulskirche durch Gregor IV. 91, S. Maria Maggiore durch Paschalis 140,
S. Maria in Domnica von demselben Papst 48, S. Cecilia 90 Vorhänge und dgl.
überwiesen. Unter Hadrian (772—795) fand eine grossartige Verteilung solcher
kostbarer Stoffe statt; dieser Papst sandte an S. Peter 67, an S. Paul 72, an
S. Maria Maggiore 44, an die Lateranskirche 58, an S. Lorenzo fuori 87, in jede
der 22 Titelkirchen je 20, an jede der 16 Diakonatskirchen je 6, in die Kloster-
kirche des hl. Pankratius 39 seidene, für die Festtage bestimmte Altartücher, Teppiche
und Vorhänge. Diese Stoffe kamen zum grössten Teil aus dem Orient und waren
der Mehrzahl nach bedeckt mit biblischen Darstellungen, worüber Beissel S. 275 f.
eine Zusammenstellung gemacht hat, enthaltend über 45 Scenen, die auf mehr als
150 Teppichen aus der Zeit von ungefähr 750—800 genannt werden. Die Geburt
kam darauf 19, die Auferstehung 34 Mal vor, die Wunder der Apostel sah man auf
46 Vorhängen. Man kann sich denken, welchen Einfluss diese Bilder auf die abend-
ländische Kunst der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends ausgeübt haben mögen.
Leider konnte bis vor kurzem von all diesem ungeheuren Reichtum nichts in er-
haltenen Stücken nachgewiesen wrerden; diese ganze grosse Denkmälergruppe schien
unwiederbringlich das Opfer der Vergänglichkeit ihres Materials geworden zu sein. Der

1) Bullettino di archeologia cristiana 1871, p. 54 f.

2) Bilder aus der Geschichte der altchristlichen Kunst und Litteratur in Italien, S. 260 f.
 
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