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Zweiter Teil. Die Zeit der Hellenen.

Genossen unter die Arme gefasst hat und sanft zu Boden gleiten lässt. Im Ostfries von
Phigalia aber sieht man eine Amazone, die einer verwundet in die Knice sinkenden
Genossin unter die Arme greift, zugleich den Kopf hebend und den Blick auf das um-
gebende Kampfgetümmel wendend, wie nach Hilfe in der Bedrängnis. Im vierten Jahr-
hundert nun bringt zuvörderst das Gemälde von Timanthes, die Opferung der IpIngenia,
einen jener Amazone ähnlich gestellten Heros, welcher mit Hilfe eines Genossen die Jung-
frau trägt und dabei das kummervolle Antlitz hebt; sodann der Ostgiebel des tegea-
tischen Athenatempels die Gruppe des Epochos und Ankäos; letzterer, vom kalydo-
nisclicn Eber verwundet, lässt das Kampfbeil aus der kraftlosen Hand fallen und wird
im Zusannnenbrechen von dem Genossen aufrecht gehalten. In jüngeren Vasenbildcrn
endlich, auf geschnittenen Steinen und allerdings späten Sarkophagreliefs, sehen wir
Achill mit der zu Tode getroffenen Penthesilea in ähnlichem Schema gruppiert, auch
ihr entfällt die Axt. Augenscheinlich ist das Wesentliche solcher Gruppen Schöpfung
des fünften Jahrhunderts, die erste Ausführung in runden Figuren Verdienst des vierten.
Ähnliches gilt von einer berühmten Gruppe, worin das Sujet der Bergung des Leich-
nams in neuer Weise aufgefasst erscheint: von den nachdrängenden Feinden bedrängt,
lässt der Held den Körper nieder und so in halbgebückter Stellung und selbst wehrlos
hebt er den Kopf, nach Hilfe zu rufen, ganz wie Menelaos in der Ilias es tut, da er
den Leichnam des Patroklos rettet. Mag nun die Gruppe hier auf Menelaos und
Patroklos oder auf Ajas mit dem Leichnam des Achill zu deuten sein, immer müssen
wir das sittliche Pathos, dessen massvolle Darstellung, die Wahrheit und die Schönheit
des Bildwerkes bewundern; wie lebensvoll, wie naturalistisch die Körper modelliert
waren, das lassen Bruchstücke guter Wiederholungen, wenn nicht des Originales selbst,
noch heute erkennend)
Malerei.
Das Vorgetane teils fortführend, teils ergänzend, selbst berichtigend, strebte die
Malerei ihrer Glanzzeit zu, welche sie unter Philipp von Makedonien erreichte und
bis über die Nachfolger Alexanders des Grossen bewahrte. Zwei Schulen, die sikyo-
nischc und die jonische, stritten um den Vorrang. Zunächst übernimmt Sikyon die
Führung und weiss sich auch bis in die Zeit der Diadochen in hoher Ehre zu be-
haupten, wenn schon die leuchtendsten Gestirne Jonien gehörten.
Haupt der Schule von Sikyon war Pamphilos aus AmplnpoHs in Makedonien,
ein Schüler des Eupompos, ein geborenes Schulhaupt, gründlich und theoretisch an-
gelegt, in allen Wissenschaften gelehrt und schriftstellerisch tätig. Er schrieb „ über
Malerei" und „über berühmte Maler". Er war der erste Maler, weicherauf theoretische
Vorbildung Wert legte; Arithmetik und Geometrie bezeichnete er als unerlässliche
Voraussetzungen der Kunst. Augenscheinlich tat er dies, den Gedanken Polyklets
auf die Malerei übertragend, im Interesse der exakten Konstruktion der menschlichen
Figur; auch seine Stärke lag in dem vom Zeitgeist begünstigten Vertrauen auf das
logische Moment (ra&wg War die vollkommene Form
demonstrierbar, die Kunst lehrbar, so durfte ihre Übung nicht auf den Kreis der
Berufsmaler eingeschränkt, dem Laien verboten bleiben, so war sie zu ciuem wertvollen
Unterrichtsgegenstand zu entwickeln; auf seine Autorität hin geschah es, dass zuerst in
i) Amelung n. 5. Helbig a. 246. Kekuld, Museum IV 61 Taf. 22. 121. Vergleiche die
Heimbringung einer Kriegerleiche Einzel verkauf 1162.
 
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