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Jugendwerke
gab ich an ihn Eure anderen Briefe nicht ab. Dann am Sonntag
kam der Kardinal in das neue Haus und befahl mich zu sich; ich
ging zu ihm und er frug mich, was mich von jenen Dingen, die
ich gesehen, dünkte. Ich sagte ihm diesbezüglich meine Meinung;
und wahrhaftig, es scheinen mir sehr schöne Dinge zu sein. Dann
frug mich der Cardinal, ob ich den Muth hätte etwas Schönes zu
machen. Ich antwortete, dass ich nicht so Grosses machen würde,
aber er würde sehen, was ich machen würde. Wir haben ein Stück
Marmor für eine Figur in Lebensgrösse gekauft und Montag werde
ich zu arbeiten anfangen."
Ein Jahr später scheint der Kardinal den Künstler, für die
also wohl vollendete Statue, noch nicht bezahlt zu haben, denn
Dieser schreibt am I. Juli 1497 an den Vater: „Ich habe noch nicht
meine Angelegenheit mit dem Kardinal in Ordnung bringen können."
Und hieraus erklärt sich die sonst auffällige, von Vasari wieder-
holte Angabe Condivis: der Kardinal habe wenig Interesse für
Statuen gehabt, und so habe Michelangelo während seines Aufent-
haltes bei ihm nichts für ihn gemacht. Vermuthlich zog er seinen
Auftrag zurück oder wollte die Statue nicht.
Hier ist also die Rede von einer lebensgrossen Figur, die offen-
bar im Hinblick auf gewisse Antiken — waren dies etwa die Perga-
menischen Krieger? — geschaffen ward. Es dünkt mir sehr wahr-
scheinlich, dass sie in dem Adonis wiederzuerkennen ist. Denn eine
andere, im Sommer 1497 begonnene, von der wir gleichfalls nichts
Näheres wissen, müssen wir uns wohl schon wieder künstlerisch
vorgeschrittener, nicht mehr dem Giovannino so nahe stehend
denken. Sie wird im Brief vom 19. August 1497 erwähnt: „Ich
übernahm es, eine Figur für Piero de' Medici zu machen und kaufte
den Marmor, dann habe ich sie nicht begonnen, weil er sein Ver-
sprechen nicht hielt. Desswegen halte ich mich abseits und mache
eine Figur zu meinem Vergnügen."
XVI
Der Bacchus
Die früheste Nachricht von der für Jacopo Galli angefertigten
Statue erhalten wir durch Aldovrandi und Raphael Volaterranus in
den Commentarii urbani. Sie stand mitten im Hofe seines Hauses
und ward von Marten van Heemskerck, worauf schon Mariette
(Observ. 69) hinweist, während seines Aufenthaltes in Rom 1536—39
in sein Skizzenbuch gezeichnet (jetzt in Berlin Bl. 72 a., vgl.
Jaro Springer, Jahrb. d. k. preuß. Kunsts. V, 327 und Ad. Michaelis:
Jahrb. d. k. deutschen arch. Institutes 1891, VI, S. 153, wo eine
Jugendwerke
gab ich an ihn Eure anderen Briefe nicht ab. Dann am Sonntag
kam der Kardinal in das neue Haus und befahl mich zu sich; ich
ging zu ihm und er frug mich, was mich von jenen Dingen, die
ich gesehen, dünkte. Ich sagte ihm diesbezüglich meine Meinung;
und wahrhaftig, es scheinen mir sehr schöne Dinge zu sein. Dann
frug mich der Cardinal, ob ich den Muth hätte etwas Schönes zu
machen. Ich antwortete, dass ich nicht so Grosses machen würde,
aber er würde sehen, was ich machen würde. Wir haben ein Stück
Marmor für eine Figur in Lebensgrösse gekauft und Montag werde
ich zu arbeiten anfangen."
Ein Jahr später scheint der Kardinal den Künstler, für die
also wohl vollendete Statue, noch nicht bezahlt zu haben, denn
Dieser schreibt am I. Juli 1497 an den Vater: „Ich habe noch nicht
meine Angelegenheit mit dem Kardinal in Ordnung bringen können."
Und hieraus erklärt sich die sonst auffällige, von Vasari wieder-
holte Angabe Condivis: der Kardinal habe wenig Interesse für
Statuen gehabt, und so habe Michelangelo während seines Aufent-
haltes bei ihm nichts für ihn gemacht. Vermuthlich zog er seinen
Auftrag zurück oder wollte die Statue nicht.
Hier ist also die Rede von einer lebensgrossen Figur, die offen-
bar im Hinblick auf gewisse Antiken — waren dies etwa die Perga-
menischen Krieger? — geschaffen ward. Es dünkt mir sehr wahr-
scheinlich, dass sie in dem Adonis wiederzuerkennen ist. Denn eine
andere, im Sommer 1497 begonnene, von der wir gleichfalls nichts
Näheres wissen, müssen wir uns wohl schon wieder künstlerisch
vorgeschrittener, nicht mehr dem Giovannino so nahe stehend
denken. Sie wird im Brief vom 19. August 1497 erwähnt: „Ich
übernahm es, eine Figur für Piero de' Medici zu machen und kaufte
den Marmor, dann habe ich sie nicht begonnen, weil er sein Ver-
sprechen nicht hielt. Desswegen halte ich mich abseits und mache
eine Figur zu meinem Vergnügen."
XVI
Der Bacchus
Die früheste Nachricht von der für Jacopo Galli angefertigten
Statue erhalten wir durch Aldovrandi und Raphael Volaterranus in
den Commentarii urbani. Sie stand mitten im Hofe seines Hauses
und ward von Marten van Heemskerck, worauf schon Mariette
(Observ. 69) hinweist, während seines Aufenthaltes in Rom 1536—39
in sein Skizzenbuch gezeichnet (jetzt in Berlin Bl. 72 a., vgl.
Jaro Springer, Jahrb. d. k. preuß. Kunsts. V, 327 und Ad. Michaelis:
Jahrb. d. k. deutschen arch. Institutes 1891, VI, S. 153, wo eine