Jugendwerke
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lose in der Haltung beleidigt und Trunkenheit bei jungen Menschen
wirkt immer brutal. Michelangelo sage, wie wenig er sich aus dem
antik plastischen Ideal mache. Zwar Taumel, aber keine wirkliche
Fröhlichkeit. Dies sei für des Meisters Eigenart bezeichnend. Es
kam ihm nur darauf an, das Beleidigende und Formlose so zu
geben, dass es einen zwingenden Eindruck macht. An anderer
Stelle meint auch er, wie Grimm: das trunkene Taumeln darzustellen,
sei noch im Geiste Donatellos, des florentinischen Naturalismus des
XV. Jahrhunderts, gedacht. Als Modell sei „ein fetter, junger Kerl"
gewählt. „Es ist keine lustige Figur, aber es steckt doch ein
Stück Jugendlaune darin — so weit Michelangelo jemals jung sein
konnte." Justi gebraucht den Ausdruck: „Frühreifer Lüstling."
Holroyd nennt die Figur: repulsive.
In der Bewunderung für die Ausführung des Werkes sind sich
Alle einig.
Begonnen worden mag es vielleicht schon 1497, wahrscheinlich
1498 sein, ausgeführt und vollendet aber erst 1499. Die Ver-
muthung Grimms, es sei die Figur, die Michelangelo aus dem
ursprünglich für Piero de' Medici angeschafften Block geschaffen und
Jacopo Galli habe sie gekauft, dürfte durch die Angabe Condivis,
der Künstler habe sie in dem Hause Jacopos und auf dessen
Wunsch hin angefertigt, widerlegt sein.
Was die frühzeitige Beschädigung der Statue anbetrifft, so
war die Hand mit der Schale abgebrochen und an der Hand
wiederum waren die Finger, welche die Schale halten: Daumen,
Zeige- und Mittelfinger gebrochen. Die Wiederanfügung ist sorg-
fältig mit guter Verkittung geschehen.
XVII
Die Stigmatisation des hl. Franz
Vasari in der ersten Auflage sagt: er malte in alter Manier
(maniera antica) auf einer Temperatafel einen hl. Franz mit den
Stigmata, die in der ersten Kapelle linker Hand in S. Piero a mon-
torio in Rom aufgestellt ist. In der zweiten weiss er mehr zu be-
richten: „In jener Zeit hatte sich ein Barbier des Kardinals, der
Maler gewesen war und sehr sorgfältig in Tempera zu malen, aber
nicht zu zeichnen verstand, mit Michelangelo befreundet. Dieser
machte ihm einen Karton des hl. Franz, der die Wundenmale
empfängt, und der Barbier führte ihn sehr sorgfältig in Farben auf
einer kleinen Tafel aus." Folgt die Ortsangabe. — Dass nur die
Zeichnung von dem Meister war, scheint auch aus der Notiz beim
Anonymus Magliabecchianus hervorzugehen: „gegenüber der Kapelle
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lose in der Haltung beleidigt und Trunkenheit bei jungen Menschen
wirkt immer brutal. Michelangelo sage, wie wenig er sich aus dem
antik plastischen Ideal mache. Zwar Taumel, aber keine wirkliche
Fröhlichkeit. Dies sei für des Meisters Eigenart bezeichnend. Es
kam ihm nur darauf an, das Beleidigende und Formlose so zu
geben, dass es einen zwingenden Eindruck macht. An anderer
Stelle meint auch er, wie Grimm: das trunkene Taumeln darzustellen,
sei noch im Geiste Donatellos, des florentinischen Naturalismus des
XV. Jahrhunderts, gedacht. Als Modell sei „ein fetter, junger Kerl"
gewählt. „Es ist keine lustige Figur, aber es steckt doch ein
Stück Jugendlaune darin — so weit Michelangelo jemals jung sein
konnte." Justi gebraucht den Ausdruck: „Frühreifer Lüstling."
Holroyd nennt die Figur: repulsive.
In der Bewunderung für die Ausführung des Werkes sind sich
Alle einig.
Begonnen worden mag es vielleicht schon 1497, wahrscheinlich
1498 sein, ausgeführt und vollendet aber erst 1499. Die Ver-
muthung Grimms, es sei die Figur, die Michelangelo aus dem
ursprünglich für Piero de' Medici angeschafften Block geschaffen und
Jacopo Galli habe sie gekauft, dürfte durch die Angabe Condivis,
der Künstler habe sie in dem Hause Jacopos und auf dessen
Wunsch hin angefertigt, widerlegt sein.
Was die frühzeitige Beschädigung der Statue anbetrifft, so
war die Hand mit der Schale abgebrochen und an der Hand
wiederum waren die Finger, welche die Schale halten: Daumen,
Zeige- und Mittelfinger gebrochen. Die Wiederanfügung ist sorg-
fältig mit guter Verkittung geschehen.
XVII
Die Stigmatisation des hl. Franz
Vasari in der ersten Auflage sagt: er malte in alter Manier
(maniera antica) auf einer Temperatafel einen hl. Franz mit den
Stigmata, die in der ersten Kapelle linker Hand in S. Piero a mon-
torio in Rom aufgestellt ist. In der zweiten weiss er mehr zu be-
richten: „In jener Zeit hatte sich ein Barbier des Kardinals, der
Maler gewesen war und sehr sorgfältig in Tempera zu malen, aber
nicht zu zeichnen verstand, mit Michelangelo befreundet. Dieser
machte ihm einen Karton des hl. Franz, der die Wundenmale
empfängt, und der Barbier führte ihn sehr sorgfältig in Farben auf
einer kleinen Tafel aus." Folgt die Ortsangabe. — Dass nur die
Zeichnung von dem Meister war, scheint auch aus der Notiz beim
Anonymus Magliabecchianus hervorzugehen: „gegenüber der Kapelle