io6 Die Werke der florentinischen Zeit
2. Die Kreideskizze (unsere Nr.I) in den Uffizien Nr. 613
ist ein früher Entwurf zu dem Karton, der später viel-
fach verändert wurde. Wenn auch noch in anderen Stellungen,
ist die untere Mittelgruppe der Grisaille (der sitzend sich Um-
wendende, der Hinabschauende und der dahinter Herbeieilende)
schon im Wesentlichen fixirt, auch der die Hose Nestelnde. Von
der Gruppe links ist nur der Emporkletternde schon einigermaassen
bestimmt. Hinter ihm aber ist der Deutende und der das Wamms
Anziehende noch nicht erfunden, sondern an deren Stelle sind noch
drei nach hinten Eilende geplant. Ausserdem ist noch weiter links
eine das Ufer hinanklimmende und eine über ihr sich vorbeugende
Figur geplant. — Nach diesem Entwürfe erstreckte sich die Kom-
position noch etwas weiter nach links, als auf der Grisaille. Da-
gegen fehlen die auf der Grisaille ganz rechts befindlichen fünf
Figuren.
3. DieThausing'scheAlbertinaskizze ist einewill-
kürliche spielende Neuanordnung der Figuren der
Grisaille. Der Künstler, der sie anfertigte, suchte durch Um-
stellung der einzelnen Gestalten, die er zum Theil im Gegensinne
gab, eine ihm gefälligere gelöstere Darstellung zu schaffen. Er
verwerthet alle Figuren, mit Ausnahme des nach vorwärts Stürzenden,
des Bläsers und des Kopfes im Profil neben dem Bläser, des mit
der Lanze nach hinten Stürmenden und des ein Tuch über den
Kopf Ziehenden. Aus den Stichen und Einzelkopien kann er seine
Darstellung nicht entwickelt haben — vielmehr nur aus dem Karton
selbst oder aus der Grisaille oder einer Zeichnung nach dem Karton,
die dasselbe wie dieser, zeigte.
Diese drei Schlussfolgerungen können wir als ganz gesicherte
betrachten. Die einzige Frage, welche bleibt, ist nur die: giebt die
Grisaille den ganzen Karton wieder, oder war auf diesem noch
Anderes zu sehen? Vasari erwähnt „Unzählige, die zu Pferde
kämpfend das Handgemenge begannen". Studien zu solchen Reiter-
szenen haben wir kennen gelernt, auch die verschiedenen Entwürfe
für Helme weisen auf sie hin. Wo aber haben wir uns diese
Szenen zu denken? Doch offenbar im Mittel- oder Hintergründe.
Hinter der gedrängten Figurengruppe der Grisaille sind sie nicht
anzubringen, sie müssen sich also links oder rechts oder auf beiden
Seiten von ihr befunden haben. Dafür, dass links solche Kämpfe
zu sehen waren, spricht der Deutende und der Kletterer, der auf-
geregt nach dort schaut. Aber auch nach rechts ist die Aufmerk-
samkeit nicht minder gerichtet, und nach dieser Seite hin stürmt
man zum Kampfe.
Nicht dies allein, auch die Anordnung der Figuren auf der Gri-
saille nöthigt ohne Weiteres zu der Annahme, dass es sich in ihr nur
2. Die Kreideskizze (unsere Nr.I) in den Uffizien Nr. 613
ist ein früher Entwurf zu dem Karton, der später viel-
fach verändert wurde. Wenn auch noch in anderen Stellungen,
ist die untere Mittelgruppe der Grisaille (der sitzend sich Um-
wendende, der Hinabschauende und der dahinter Herbeieilende)
schon im Wesentlichen fixirt, auch der die Hose Nestelnde. Von
der Gruppe links ist nur der Emporkletternde schon einigermaassen
bestimmt. Hinter ihm aber ist der Deutende und der das Wamms
Anziehende noch nicht erfunden, sondern an deren Stelle sind noch
drei nach hinten Eilende geplant. Ausserdem ist noch weiter links
eine das Ufer hinanklimmende und eine über ihr sich vorbeugende
Figur geplant. — Nach diesem Entwürfe erstreckte sich die Kom-
position noch etwas weiter nach links, als auf der Grisaille. Da-
gegen fehlen die auf der Grisaille ganz rechts befindlichen fünf
Figuren.
3. DieThausing'scheAlbertinaskizze ist einewill-
kürliche spielende Neuanordnung der Figuren der
Grisaille. Der Künstler, der sie anfertigte, suchte durch Um-
stellung der einzelnen Gestalten, die er zum Theil im Gegensinne
gab, eine ihm gefälligere gelöstere Darstellung zu schaffen. Er
verwerthet alle Figuren, mit Ausnahme des nach vorwärts Stürzenden,
des Bläsers und des Kopfes im Profil neben dem Bläser, des mit
der Lanze nach hinten Stürmenden und des ein Tuch über den
Kopf Ziehenden. Aus den Stichen und Einzelkopien kann er seine
Darstellung nicht entwickelt haben — vielmehr nur aus dem Karton
selbst oder aus der Grisaille oder einer Zeichnung nach dem Karton,
die dasselbe wie dieser, zeigte.
Diese drei Schlussfolgerungen können wir als ganz gesicherte
betrachten. Die einzige Frage, welche bleibt, ist nur die: giebt die
Grisaille den ganzen Karton wieder, oder war auf diesem noch
Anderes zu sehen? Vasari erwähnt „Unzählige, die zu Pferde
kämpfend das Handgemenge begannen". Studien zu solchen Reiter-
szenen haben wir kennen gelernt, auch die verschiedenen Entwürfe
für Helme weisen auf sie hin. Wo aber haben wir uns diese
Szenen zu denken? Doch offenbar im Mittel- oder Hintergründe.
Hinter der gedrängten Figurengruppe der Grisaille sind sie nicht
anzubringen, sie müssen sich also links oder rechts oder auf beiden
Seiten von ihr befunden haben. Dafür, dass links solche Kämpfe
zu sehen waren, spricht der Deutende und der Kletterer, der auf-
geregt nach dort schaut. Aber auch nach rechts ist die Aufmerk-
samkeit nicht minder gerichtet, und nach dieser Seite hin stürmt
man zum Kampfe.
Nicht dies allein, auch die Anordnung der Figuren auf der Gri-
saille nöthigt ohne Weiteres zu der Annahme, dass es sich in ihr nur