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Thode, Henry; Michelangelo; Michelangelo [Mitarb.]
Michelangelo: kritische Untersuchungen über seine Werke; als Anhang zu dem Werke Michelangelo und das Ende der Renaissance (Band 1) — Berlin: Grote, 1908

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.71997#0170

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152

Das Juliusdenkmal

ß) Entwurf für den gefesselten Sklaven im Louvre. Der
Kopf aber bärtig und noch nicht so erhoben, sondern
den Beschauer anblickend. Vor einem Pfeiler, auf den
ein langhalsiger, dünner kleiner Hermenkopf gesetzt ist.
7) Figur vor gleichem Pfeiler, etwas nach rechts gewandt,
rechter Arm über die Brust gezogen, Kopf im Profil
nach rechts vorgestreckt. Findet weder in den erhaltenen
Statuen, noch in der Beckerath'schen Zeichnung eine
Analogie.
d) Ähnliches Motiv wie in a, das linke Bein über das rechte
Knie geschlagen, aber der Oberkörper nach rechts ge-
wandt, rechter Arm über dem Kopf, den linken hinter
dem Rücken.
e) In der Haltung ganz verwandt mit dem Sklaven links
von der rechten Viktoria der Berliner Zeichnung. Nur
der Kopf, über dem die Arme gefesselt sind, karyatiden-
haft gesenkt.
^) In der Haltung verwandt mit dem Sklaven rechts von
der linken Viktoria der Berliner Zeichnung. Nur die
Arme anders gefesselt: der linke hinter dem Kopf, der
rechte nach unten gesenkt. Vor einem Hermenpfeiler,
wie ß und 7.
Zweierlei Dinge sind in der Zeichnung besonders beachtens-
werth. Erstens die eigenthümliche Bildung der Hermen, mit dem
knopfartig aufgesetzten Kopf. Berenson, welcher die Pfeiler für
Säulen hält, weist auf ihre Verschiedenheit von den Hermen der
Berliner Zeichnung hin und begründet auf diese Wahrnehmung die
Behauptung, Michelangelo habe nicht Hermen hinter den Sklaven
geplant. Dies wird schon, selbst wenn wir von der Berliner Zeich-
nung absehen, durch die Zeichnung I im Louvre widerlegt, wie
auch durch die bestimmten Angaben Condivis. Nun ist aber auf
dem Oxforder Blatte hinter drei Sklaven die sich nach unten ver-
jüngende Hermenform ganz deutlich gegeben (besonders ersichtlich
tritt sie bei ß hervor), auch ist das Verhältniss von Kopf zu
Schulterbreite ungefähr dasselbe wie auf der Berliner Zeichnung.
Nur dass die Büste nicht menschlich ausgebildet ist, sondern in
Blockform. Er hat es eben bei blosser Andeutung bewenden lassen.
Von Säulen also kann nicht die Rede sein. Wohl aber liegt hier
ein Entwurf vor, welcher die Hermen höher über die Sklaven
emporragend zeigt. Hat Michelangelo das anfangs so geplant und
wären daher diese Studien früher als die auf der Pariser Zeich-
nung? Möglich! — Auffallend sind zweitens die Zuthaten eines
Panzers und eines Helms bei dem gefesselten Sklaven ß, der da-
durch also als ein Krieger gekennzeichnet wird.
 
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