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dem in Nordhausen geborenen Justus Jonas. Auch von Luthers Briefwechsel mit Meienburg
ist mancherlei erhalten, allerdings auch ein Zomesausbruch gegen ihn, weil er einem ver-
armten alten Walkenrieder Mönch aus den Einnahmen der von Nordhausen verwalteten
Klostergüter nicht geholfen haben sollte.

Meienburg war jedenfalls eine der starken bürgerlichen Persönlichkeiten, wie wir sie in der
Reformationszeit sooft finden, nicht nur als Repräsentanten eines starken, reich und mächtig
gewordenen Bürgertums bis zur Ebene der Reichspolitik, sondern auch als mutvolle, auf-
rechte Persönlichkeiten im Lebenseinsatz für das evangelische Bekenntnis ihres Glaubens. Er
gehört, wenn auch im kleineren Maßstab, in der Geschichte der Reformation in die Reihe
solcher Männer wie des Straßburger Städtemeisters Jacob Sturm und — nennen wir ihn nur
auch in diesem Zusammenhang—des Wittenberger Bürgermeisters Lucas Cranach des Älteren
wie des Jüngeren.

Der Bildgedanke

Zu einem repräsentativen Grabmal der Reformationszeit gehörten meist drei Dinge: das
Bildnis des Verstorbenen, das Bild seines Glaubens und auf der Schrifttafel ein kürzerer oder
längerer Text über sein Leben. Es kann dies auf einem einheitlichen Epitaph zusammen Vor-
kommen — so beim Epitaph des Studenten Matthias von der Schulenburg, Stadtkirche
Wittenberg, es kann aber auch gesondert dargestellt werden — so bei den Grabmälern der
Kurfürsten Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen in der Schloßkirche zu
Wittenberg35: Bronzeplatten mit Beschriftung über der Gruft, Bronzerelief von Peter Vischers
Hand mit Standfigur als Kurfürst (offiziell) und Plastik des knienden Fürsten (privat), die
Hände im Gebet erhoben zum Glaubensbild (Dreieinigkeitsaltar).

Wenn ein Gemälde als Epitaph verwandt ist, dann ist der Verstorbene (mit seiner Familie)
meist betend vor dem Glaubensbild (so Bugenhagen, Stadtkirche Wittenberg) dargestellt und
die Inschrift findet sich entweder auf der meist in Stein gehauenen Grabplatte, die ihn manch-
mal noch einmal im Bilde darstellt (ebendort für Bugenhagen, entsprechend für Cranach in
Weimar), oder am unteren Rande des gemalten Epitaphs hier in Nordhausen auf einer ge-
sonderten Schrifttafel36.

Auf dem Meienburgschen Epitaph kniet der Verstorbene (112-115) mit seinen zahlreichen
Söhnen auf der linken Seite im Vorder grund, die jung verstorbene erste Frau mit der zweiten
Frau und einzigen Tochter auf der rechten Seite (117).

Vier Wappenschilder stehen ihnen zu Füßen auf dem scheinbar so nebensächlichen, aber von
Cranach mit gleicher liebevoller Hingabe gemalten »Wiesenstück« (pp, 100). Es ist ein Rasen-
teil am Rande des sandigen Friedhofweges.

Im Mittelgrund des Bildes hat Christus eben den Lazarus vom Tode erweckt. So hoffen auch
die Betenden im Glauben an den, der die Auferstehung und das Leben ist, zu leben, ob sie
gleich stürben. Gefolgt von den Jüngern und viel Volk, das sich durch ein Renaissanceportal
in den Friedhof nachdrängt, ist Christus zum Grabe des Lazarus gekommen. Man hat auf
seinen Befehl den Grabstein weggenommen, und sie haben alle mit Erschrecken Jesu lauten
Ruf vernommen: »Lazarus, komm heraus!« Entsetzen aber hat sie ergriffen, als der Tote nun

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