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3. Die überregionalen Residenzen des Deutschen
Ordens

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Das Zentrum, von dem aus die Geschicke des Ordens gelenkt wurden, wurde im
Laufe der Jahrhunderte mehrmals verlegt. Die Hochmeister residierten in Akkon
und in der nahegelegenen Burg Montfort (Starkenberg; 1190-1291; Abb. 207), in
Venedig (1291-1309), auf der Marienburg (1309-1457), in Königsberg (1457-
1525), in Mergentheim (1525-1809) und schließlich - bis zum heutigen Tage - in
Wien.
Die Baumaßnahmen, die die Wahl eines Ortes zum Hochmeistersitz nach sich
zog, waren von unterschiedlichem Umfang. Die Sitze in Akkon und Venedig, über
die ohnehin sehr wenig Gesichertes überliefert ist1, waren von bescheidener Ge-
stalt. Sie sind für die Entwicklung der Ordensarchitektur kaum von Bedeutung, da
der Orden dort bereits existierende Bauten in Anspruch nahm. Dies trifft auch für
Montfort in Palästina zu: Entgegen anderslautenden Aussagen unterschied sich
diese Burg nicht wesentlich von den sie umgebenden Kreuzritterburgen. Theorien,
nach denen der Bau für die Wehranlagen Siebenbürgens und Preußens vorbildhaft
gewesen sei2, können nicht durch Beweise untermauert werden.
Ohne die neuzeitliche Bautätigkeit des Ordens zu berücksichtigen, konzentriert
sich diese Untersuchung auf lediglich einen der Hochmeistersitze: die Marienburg3.
Den Kern der Anlage bildet ein typisches Konventshaus4. Die über hundert Jahre
währenden Bauarbeiten, die auf die Vergrößerung, Verschönerung und Anpassung
an den Residenzcharakter Marienburgs zielten, ließen ein Ensemble entstehen, das
in seiner Größe und Komplexität, aber auch in der Qualität der Architektur sei-
nesgleichen sucht. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung können die einzel-
nen Teile der Marienburg wie das Mittelschloß5, der Hochmeisterpalast oder die
aus mehreren Mauergürteln bestehenden Außenbefestigungen nur verallgemei-
nernd behandelt werden, da die Marienburg allein bereits Stoff für etliche wissen-
schaftliche Monographien bietet und zudem neuere, auf detaillierten Bauuntersu-
chungen beruhende Arbeiten noch ausstehen6. Die Bedeutung der Hochmeister-

1 Forstreuter 1967, Hubatsch 1966, Arszynski 1995/1.
2 Vgl. S. 296f.
3 Der erzwungene Umzug des Hochmeisters Ludwig von Erlichshausen 1457 nach Königsberg
führte dort zunächst nur zu unwesentlichen Bauänderungen; vgl. S. 292f.
4 Vgl. S. 116ff.
5 Vgl. Kap. 2, Anm. 286.
6 Hier sei auf die Forschungen von Kazimierz Pospieszny vom Marienburger Schloßmuseum
(Muzeum Zamkowe w Malborku) verwiesen, die hoffentlich bald veröffentlicht werden. Be-
sonders dringlich sind genauere Untersuchungen zum Hochmeisterpalast, der bei Stembrecht
(1920/3), Clasen (1924) und Schmid (Schmid/Steinbrecht) nur ungenügend behandelt wurde
(vgl. S. 276ff.).
 
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