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Tourtual, Caspar Theobald
Zweiter anatomischer Bericht, enthaltend eine Beschreibung der seit meinem Antritte des Lehramtes der Anatomie im Frühjahre 1830 zum anatomischen Museo zu Münster hinzugekommenen pathologischen Präparate: Mit 4 Steindruck-Tafeln — Münster, 1833

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https://doi.org/10.11588/diglit.13807#0103
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Beckengegend, das Vorhandenseyn eines mit dem rechten Beine verwachsenen und
mit ungeformter Substanz gefüllten Sackes, so wie der fast gänzliche Defect des
Darmkanales sind Erscheinungen, welche obiges Exemplar von den früher beobachte-
ten Beispielen der wahren Acephalie (hier vielmehr der mangelhaften Entwickelung
des oberen Körperdrittheiles, indem auch der Hals und die Wirbelsäule am ersten
Brustwirbel wie abgeschnitten erscheinen) auszeichnen; insbesondere soll nach Me-
ckels Ausspruche unter allen Organen der Darmkanal das einzige seyn, welches
sich in allen Mifsgeburten dieser Art beinahe constant findet. Nicht minder merk-
würdig erscheint das Vorhandenseyn eines wahren Herzens mit normal gebildeten
Lungen, indem bei der ächten Kopflosigkeit fast immer (nach Elbens und Leroux
irriger Meinung selbst unbedingt) das Herz und meistens auch die Lungen fehlen,
während sie hier nebst der Leber gerade die am vollkommensten gebildeten Einge-
weide unter allen sind. Nur Vallisneri, Gilibert und Budolphi haben bisher
in mehreren Acephalen ein Herz vorgefunden. Dem Gilibert sehen Falle scheint
der unserige am nächsten zu stehen, sefern in demselben ebenfalls zwei wohlgeformte
Lungen, aber ohne Luftröhre, vorkamen. Die mangelhafte Entwickelung des periphe-
rischen Theiles des Gefäfssystemes, welche sich in unserm Embryo durch die allei-
nige Fortsetzung der Aorta in die linke Armpulsader und das gänzliche Fehlen von
Puls- und Blutadern ausser den Nabelgefäfsen im Unterleibe ausspricht, ist schon von
mehreren Beobachtern, als Schellb.amm.er, Ohdelius, Büttner, Winslow u.
A. bemerkt worden, *):

VIII. Afterproducte.

g5. Ein aus dem Zellgewebe unter der Stirnhaut exstirpirter Tumor
cyslicus.

Er ist weifslich grau, von der Gröfse einer welschen Nufs und fühlte sich vor
der Eröffnung derb und fluetuirend an. Seine i'" dicke Wand, aus einer aufseren,
den serösen Häuten ähnlichen, dünnen und durchscheinenden Kapsel uüd der ein-
wärts an dieselbe schichtweise angelagerten Rinde eines nach innen weicher und locke-
rer werdenden Faserstoffes bestehend, umschliefst eine Höhle, aus welcher nach dem

*) Es bedarf wohl keiner Erinnerung, dafs die hier beschriebenen Bildungsfehler nicht als Wirkungen
des durch die mechanische Insultation erst im zweiten Schwangerschaftsmonate vcranlafsten Blut-
ergusses zwischen die Eihäute, sondern als primäre Bildungshemmungen anzusehen sind, in Bezie-
hung auf welche jenes mechanische Moment als ein zufälliges nur ein Stehenbleiben auf der Ent-
wickelungsstufe des zweiten Schwangerschaftsmonates und demnächst sich einstellende Frühgeburt
iur Folge hatte, und die zahlreichen Knoten des Samenstranges geben der Vermuthung Raum,
dafs ein Stocken im Zuflüsse des Nabrungsstofles jene Organisationsdcfecto bedingt haben möge.
 
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