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Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier [Editor]
Trierer Jahresberichte: Vereinsgabe d. Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier — NF 13.1921/​1922(1923)

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Krencker, Daniel M.: Das Raumproblem des Römischen Kerns im Dom zu Trier: Ein Beitrag zur Klärung der römischen Westfront
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https://doi.org/10.11588/diglit.45059#0145
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D. KRENCKER, DER RÖMISCHE KERN IM DOM ZU TRIER. IOQ

Das Raumproblem des Römischen Kerns im Dom zu Trier.
Ein Beitrag zur Klärung der römischen Westfront.
Von D. Krencker *).
(Dazu Abb. 1 7.)
In den „Bonner Jahrbüchern“ Heft 127. 1922, S. 130ff. versucht Dr. F. Oelmann
in einem Aufsatz „Zur Deutung des römischen Kerns im Trierer Dom“ diesen als
Kaiserlichen Thron- und Audienzsaal zu erklären. Zeit der Erbauung: Spätzeit
des Kaisers Gratian, 367—383 n. Chr.
Oelmann gibt eine Übersicht über die bisherigen Veröffentlichungen, den Bestand
des Baues auf Grund vor allem der Beobachtungen des Domkapitulars v. Wilmowsky,
die Baugeschichte und die bisherigen Deutungen 2) und geht dann auf die bezeichnendsten
Eigenschaften des Gebäudes ein. Das sind:
1. Der quadratische Grundriß mit den vier Säulen im Innern als Deckenstützen.
2. Die völlige Auflösung der Vorderwand in eine mächtige Dreibogenfront.
3. Das zehneckige Wasserbecken in der Mitte.
4. Die heizbare Tribüne an der Rückwand, die später nach vorn über das Wasser-
becken hinaus vergrößert wurde.
Bei der weiteren Untersuchung, bei welchen Gebäudegattungen diese vier Eigen-
schaften sonst vorkommen, für welche sie typisch sind, kommt Oelmann nach einer
Übersicht über das Vorkommen in Ägypten. Vorderasien, Griechenland, Rom zu fol-
gendem Resultat:
Zu Punkt 1 : Negatives Ergebnis. Quadratische Säle mit vier Stützen sind
während des Altertums in fast allen Kunstkreisen zu verschiedensten Zwecken benutzt.
Nicht zu belegen sei die Kunstform für Gerichtsbasiliken, Markthallen, Macella.
Diese Deutungen werden dabei ausgeschlossen. Für Kirchen dieses Typs konnte, meint
Oelmann, selbst Dehio keine Beispiele .anführen, als Deutung sei daher auch diese
auszuschließen.
Zu Punkt 2: Das Auflösen einer Vorderwand eines quadratischen Saales in eine
Dreitorfront findet sich im Wohnbau, besonders bei dem als oecus oder exedra bezeich-
neten zentral gelegenen Repräsentationsäaal reicher Privathäuser und Paläste. Die
formale Ausbildung der aufgelösten Vorderwand als zentral komponierte Drei-
bogenfront ist dem Wohn- und Palastbau des parthisehen und persisch-islamischen
Kunstkreises geläufig, doch mit dem Unterschied, daß hier der zu Grunde liegende
Raumtypus ein anderer, nämlich das dreiteilige Liwanhaus ist und keine qua-
dratische Halle wie in Trier. Die Suche nach Parallelen zu dem Trierer Bau bringt
uns auf den Palastbau des östlichen Mittelmeers.
Zu Punkt 3: Das Vergleichsmaterial für das Wasserbecken führt ganz ein-
deutig auf den reichen Wohnbau. Bei den gewaltigen Größenverhältnissen des Saales
will nur der kaiserliche Palast dafür in Frage kommen. Es wird vor allem auf die
islamische Kunst hingewiesen, die heute noch „eine lebendige Vorstellung von den
wasserdurchrauschten Sälen der Antike“ vermitteln.
‘) Herr Reg.-Baumeister H. Lehmann unterstützte mich lebhaft bei den Unter-
suchungen.
2) Aus dem Palast der Helena eingerichtete Bischofskirche, einheitlich von Anbeginn an
geplante Zentralkirche, Gerichtshasilika, dann zur Kirche umgewandelt,■ Curia (Rathaus),
Forum Nundinarium (Wochenmarkt), Sakralbau mit Grabbaldachin in der Mitte, Taufkirche,
Maceilum (Fleisch-Markthalle).
 
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