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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Berliner Börsenzeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17433#0006

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Abend- Jfa 3^0.

Berlin, Donnerstag, den 5. August 1886.

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die viergespaltene Zeüe 40 pf. Die einzelne Nummer kostet 10 tf.

Expedition der Berliner Börsen-Zeitung: Berlin W., Kronenstrasse So. %1. — Annahme der Inserate: in der Expedition.

Telegraphische Depeschen.

Heidelberg, 4. August, Abends. (C. T. C)
Die sämmtlichen studentischen Corporationen
unter Tbeilnalime \ieler . alten Herren brachten
heute Abend um 9 Uhr dem Grossherzog als
Rector magnificentissimus einen grossartigen
Fackelzug mit allem studentischen Pomp. Ueber
2000 Fackeln und sechs Musikcorps befanden
sich in dem Zuge. Auf dem Ualcon und an den
Fenstern des Rathhauses waren der Grossherzog,
die Grossberzogin, der Kronprinz und die ande-
ren Fürstlichkeiten, ferner der Prorector und die
Notabilitäten versammelt. Beim Vorbeiziehen
wurden den Allerhöchsten Herrschaften enthu-
siastische Huldigungen dargebracht. Der Gross-
herzog dankte dem Ausschuss in den 'wärmsten
Worten

Se. K. u. K. Hoheit der Kronprinz ist um 10
Uhr 10 Minuten abgereist; der Grossherzog, die
Grossherzogin, die Prinzen und zahlreiche Nota-
biliüiten gaben demselben bis zum Bahnhof das
Geleit. Als der Zug sich in Bewegung setzte,
brachte der Überbürgermeister ein dreifaches
Hoch auf den Kronprinzen aus.

Heidelberg, 5. August. _ (C. T. C.) Bei den
heute erfolgten Ehrenpromotionen sind zu Ehren-
doctoren ernannt worden: in der theologischen
Facultät: Se. K. Hoheit der Grossherzog, von
Stoesser, Präsident des evangelischen Kirchen-
rathts, Prof. Cornill-Marburg, Hörprediger Ilel-
bing-Karlsruhe, Decan Zittel-Karlsruhe, Kirchen-
rath Sehringer-Karlsruhe, Buis, Pfarrer in Glarus.
In der juristischen Facultät: der Erbgrossherzog,
Frhr. Bedens in Siebenbürgen, Rudolf v. Bennig-
sen, Geh. Justizrath Dorn-Leipzig, Landesgericlits
direetor Kiefer Constanz, Oberfinanzrath Koch-
Berlin, Prof. R. Schöll-München, Senatspräsident
v. Stösser-Karlsruhe, Prof. Stubbs-Oxford, Henry
Taine von der Academie francaise, Prof. Willems
Löwen, Professor der Geschichte "Winkelmann-
Heidelberg, Dr. Zeumer-Berlin. In der niedici-
nischen Facultät: Graham-Beil-Washington, Prof.
Ghevreul-Paris, Prof. v. Bayer-München, Staats-
minister Jolly-Karlsruhe, de Marignat-Genf, Baron
Nordcnskjold-Stockholm, der Präsident der geo-
graphischen Gesellschaft Professor v. Richthofen-
Ber in, Professor der Chemie Roscoe-Manchester,
Werner Siemens-Berlin, Prof. Sir William Thomson
Glasgow, Professor Toeplez - Dresden. In der
philosophischen Facultät: Brioschi, Präsident der
Acadeinia dei Lincei-Mailand, Prof. Cayley-Cam-
bridge, Prof. Caperro-Neapel, Prof. Cope-Pbila-
delphia, de Candolle-Genf, Oberbaurath Durm,
Restaurator der Universität Karltruhe, Oberst
Lieutenant im Generalstabe Max Jähns- Berlin,
Geh. Keg.-Bath Prof. Robert Koch-Berlin, Prof.
Matth - Newhaven (Amerika), Prof. Simon New-
combe- Amerika, Prof. Powell-Amerika, Prof.
Sweet-London, der päpstliche Bibliothekar Enrico
Stevenson Sohn-Rom, Prof. J. W. Strutt-England,
Lord Rayleigh-England, Dr. Toepke-Heidelberg,
Prof. Pflüger-Bonn, Prof. Pegorini-Rom.

Wien, 5. August. (C. T. C.) Wie der
„Neuen fr. Presse" aus Konstantinopel gemeldet
•wird, feuerte ein Türke auf den Grossvezier drei
Schüsse ab, ohne diesen jedoch zu treffen. In
«lern Verhör gab derselbe an, dass er in Folge
von Ungerechtigkeiten sein ganzes Vermögen ver-
loren habe und deshalb die Aufmerksamkeit des
Sultans auf sich lenken wollte.

London, 4. August, Abds. (C. T. C.) Wie
«las „Reutersche Bureau" vernimmt, wäre die
Nachricht des ,.Daily Chronicle" aus Kairo über
die demnächst zu erwartende Abberufung Mukhtar
Paschas, um demselben den Befehl über die
Armee an der Armenischen Grenze zu übertragen,
ohne Begründung; die Pforte würde einen der-
artigen Schritt nur bei sehr wichtigem Anlass
thun, ausserdem seien die Disnste, welche
Mukhtar in Egypten leiste, sehr zufriedenstellend
Und würden von der Pforte in der gegenwärtigen
•Lage besonders geschätzt.

London, 4. August, Abends. (0. T. C.) Lord
Harris ist zum Unterstaatssecretär des Kriegs-
Qünisteriums ernannt worden. — In einem Schrei-
ben Gladstones sagt derselbe, in Folge der
possen Ermattung und der Arbeit während der
letzten sechs Jahre sehe er sich gezwungen,
einige Ruhe entweder in England oder im Aus-

lande zu suchen: er benachrichtige also die mit , herzogin, der Grossherzog einzeln im Saal in
ihm correspondirenden Persönlichkeiten, dass er steter Unterhaltung mit den zahlreichen Pro-
die ihm zugehenden Briefe nicht selbst beant- fessoren und Beamten, auch mit Studenten und
Worten werde. j „alten Herren" begriffen. Ich hatte dabei vielfach

Mailand, 5._ August. (C. T. C.) Die Ein- i Gelegenheit, die Anreden und Kragen des Kron-
nahmen des Italienischen Mittelmeer-Eisenbahn- prinzen zu hören, und war erstaunt, mit welcher
netzes während der dritten Dekade dos Juli 1886 i Liebenswürdigkeit sich derselbe nach allem
betrugen nach provisorischer Ermittelung für den j Möglichen erkundigte und das Bestreben zeigte,
Personenverkehr 1 296 135, für den Güterverkehr I keinen zu übersehen, der sich zu ihm heran-
2 147 68G, zusammen 3 443 821 Fr. Dieser Be- j drängte. Als endlich um V*H Uhr der Gross-
trag stellt die bereits rectificirte ungefähre eigene
Einnahme dar.

Glasgow, 5. August, Vorm. 11 Uhr 10 Min.
(C. T C.) Roheisen. Mixed numbers Warrants
39 sh. 1 d.

(Siehe auch am Schluss des Blattes)

Vom Heidelberger Jubelfest.

Heidelberg, 3. August, Abends.
Heut Abeud 8 Uhr begann programmgemäss
das grosse Schlossfest. Es war ein historisches,
denkwürdiges Fest! Alles was von der einsti-
gen und gegenwärtigen akademischen Jugend im
schönen Heidelberg versammelt ist, war hinau'?-
geeilt auf den sagenumwobenen, mythenreichen
Schlossberg. Vor ihnen allen war zu dein Heidel-
berger Schlossfcste, zu dem Feste des 500jährigen
Bestehens dieser glorreichen alma mater, hinaus-
gefahren der Sohn eines Deutschen Kaisers, der
Sohn eines Monarchen, der all die Schand-
thaten, die einst an dieser schönen Stadt
und ihrem herrlichen Schlosse von fremden
Häuden verübt worden sind, durch eine
Reihe ruhmreicher Siege gerächt hat. Um
Um 3/48 Uhr schon hatte der Grossherzog den
Deutschen Kronprinzen am Portal der alten, ge-
schmackvoll decorirten Burgruinen empfangen,
um mit ihm in Begleitung einiger schon auf dem
Schloss befindlichen Studenten den Rundgang
durch die bei anbrechender Dunkelheit herrlich
erleuchteten Schlossgebäude zu halten. Um
8 Uhr versammelte sich das Festpublicum in
den alten Schlosshöfen. Des gewaltigen Andran-
ges wegen hatte man die Theilnehmerschaft nach
gewissen Bestimmungen beschränken müssen.
Zunächst war die Theitnahme auf die ehemaligen
und gegenwärtigen Studenten der Ruperto-
Garola beschränkt worden, die fremden Capaci-
täten, die Vertreter der Behörden fehlten selbst-
verständl'eh nicht, dagegen hatte man für das
nicht direct zum Fest gehörige Heidelberger und
fremde Publicum nur schlecht sorgen können.
Bald nach 8 Uhr war der Schlosshof dicht ge-
füllt, inzwischen hatten der Deutsche Kronprinz
sowie der Grossherzog von Baden und seine Ge-
mahlin im Bandhause oberhalb des grossen
Fasses, die dort versammelten Professoren,
Stadträthe, Beamten und Officiere begriisst. Eine
gewisse akademische Freiheit wurde trotz der
Menschenfülle und obschon strenge Ordnung un-
bedingt nöthig war, doch von den anwesen-
den Polizeibeamten zugelassen und so ge-
lang es vielen akademischen Bürgern den
Kronprinzen aus allernächster Nähe zu sehen
und sprachen zu hören oder, sofern man als
Chargirter einer akademischen Corporation fun-
girte, ihm vorgestellt zu werden. Das Schloss
war mit zahllosen elektrischen Lampen und
Papierlaternen in einer wahrhaft feenhaften
Weise erleuchtet. Gegen V»9 Uhr wurde <las
grosse, auf Grossherzogliche Kosten hergerieh-
tete Büffet dem Publicum geöffnet und man sah
nun ein Treiben, wie es lustiger und fröhlicher
nicht gedacht werden kann. Alles drängte nach
dem Büffet oder dem uralten Weinkeller des
Schlosses. Damen in feinster Hoftoilette, die viel-
leicht eben dem Grossherzog oder Kronprinzen vor-
gestellt waren, die höchsten Beamten und Officiere
suchten das Büffet zu erreichen oder Messen sich
von befreundeten Studenten das Gewünschte er-
obern. Nicht der kostenfreie Champagner des
Grossherzoglichen Weinkellers oder das herrliche
Pschorrbräu bildete für die Festtheilnehmer den
Hauptreiz, sondern das freie, echt akademische
Treiben, das Originelle des Moments lockte Jeder-
mann, sich in den Kampf um ein Sardellenbröd-
ehen oder eine Flasche Wein zu wagen. Unter-
dess bewegteu sich der Kronprinz, die Gross-

herzog den Kronprinzen daran erinnerte, dass es-
Zeit zum Aufbruch sei und die hohen Herr-
schaften noch einmal durch das Schloss schritten,
um die schöne Beleuchtung zu beschauen, da
brach ein endloser Jubel, ein immerwährendes
Hochrufen aus, bis der Kronprinz und seine
Schwester, nachdem sie nochmals die dicht-
gedrängte Menge grüssend durchschritten hatten,
ihren Wagen erreichten. Der Grossherzog folgte
in der nächsten Equipage.

Heidelberg, 4. August.

Heut Morgen 9 Uhr begann der Kcstact in der
Heiliggeistkirche, zu dem alle Deputirten der
Universitäten und die Heidelberger Studenten-
schaft sich in feierlichem Zuge von der Aula aus
begaben. Unter Vorautritt eines Musikcorps er-
öffneten 15 Mitglieder des Studentenausschusses
den Festzug. ihnen folgten die Pedelle in i;rrer
Amtstracht, die Se. Magnificecz dem Prorector
und dem engeren Senate vorausschritten. An
den Senat reihten sich zunächst die Deputirten
ausländischer Universitäten und Akademien, so-
dann die ausserdeutscher Hochschulen mit
Deutscher Sprache, und auf sie folgten die
Deputirten der Deutschen Universitäten. Diesen
Gruppen schlosj sich die gesammte aka-
demische Körperschaft, nach Facultäten ge-
ordnet, an. Den Schluss des Zuges bildeten,
abermals 15 Mitglieder des Studentenausschusses.
Um 1 "alO Uhr erschien der Deutsche Kronprinz
mit der Frau Grossherzogin, und nahm in der-
Mitte des Kirchenschiffes Platz, wo sich auch.
der Grossherzog vor dem Rednerpult niederge-
lassen hatte. Nach dein Gesang des llalleluja
von Händel begann der berühmte I'hiiosoph, Prof.
Dr. Kuno Fischer seine Festrede. Die grosse
Kirche war geradezu überfüllt. Leider sprach der
Redner an einigen Stellen so leise, dass mau ihn
nur in nächster Umgebung verstehen konnte.
Indem der Redner zunächst auf die Bedeutung
des Festes hinwies, führte er aus, wie reich
unsere Zeit an Erinnerungen, wie reicli sie aber
auch an hervorragenden Thateu. Die Männer,
welche diese glorreichen Thaten erdacht, geplant
und ausgeführt haben, seien aus Deutschen Uni-
versitätenhervorgegangen und einst akademische
Bürger gewesen. Redner giebt sodann einen
Ueberblick über das Alter der einzelnen Universi-
täten. Die älteste, gegenwärtig noch bestehende
Deutsche Universität ist die Heidelberger Ruperto-
Carola. Drei Decennien nach Erlass der „goldenen
Bulle", im Jahre 1386, ist sie gegründet in
einer Zeit der Uneinigkeit und Ohnmacht
der Deutschen Staaten, und jetzt nach Wieder-
errichtung des Deut-chen Kaiserreiches feiert
sie ihr fünflumdertjühriges Jubelfest. Da-
mals herrschte im ganzen Reiche Uneinigkeit
und Rechtlosigkeit und jetzt haben wir einen
starken mächtigen Deutschen Kaiser, der, ge-
tragen von der Liebe der ganzen Nation, ein ge-
rechtes, kräftiges, machtvolles und doch fried-
liches Volk führt. Das Zeitalter, in dem wir leben,
wird einst nach Wilhelm T. genannt werden.
Nach den kurzen aber begeisternden Worten der
Einleitung führte der Redner in langem, fast drei-
stündigem Vortrag dem Publicum die äussere und
innere Geschichte der Universität und des mit
ihr so eng verflochtenen Reiches vor Augen. Erst
am Schlüsse seines hochinteressanten Vortrages
kam er wieder auf die Bedeutung des Festes zu
sprechen und endigte seine Rede kurz vor
Vsl Uhr, indem er dem Grossherzoglichen Hause
sein* Glückwünsche zu dem bedeutungsvollen
Tagfr aussprach.

Heidelberg, 4. August, Abends.
Um 3 Uhr versammelten sich programmgemäßst
die ca. 500 geladenen Gäste zum Festmahle im
sogenannten Museum. An der Ehrentafel
nahm ausser dem Glossherzog und dem Krön-
 
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