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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Düsseldorfer Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17438#0012
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kkcter mg-initicsntissimus mit einem kurzen rhetorischen Lob-
gesang auf dessen politische und wissenschastliche Verdienste
erwiderte, erreichte die Wucht, Gewalt und Verständlichkeit
des Organs scines fürstlichen Vorredners bei Weitem
nicht. Der Commers dauerte bis gegen 3 Uhr Morgens.

Ebenso lange dehnte sich vorgestern der reizende Fest-
ball in der „Harmonie" hin, womit die Studenten, an ihrer
Svitze die Saxo-Borussen, der tanzlustigen Damenwelt eine
willkommene Nachfeier der prächtigen Sckloß- und Brücken-
beleuchtung bereiteten. Gestern Abend, bei dem außerpro-
grammmäßigen Costümfest auf dem Schlosse, trieb erst die
Mitternachtsstunde die Theilnehmer nach Hause. Dazu
kamen dann noch die beidenTheatervorstellungender Frank-
surter Schauspieler mit den „Relegirten Studenten" und
Kleist's „Zerdrochenem Krug". sowie am Samstag Vor-
mittag ein von dem hochbegabten Componisten und hiesigen
Musikdirektor Wolsrum unter Mitwirkung des Meisters
Robert Heckmann aus Köln veranstaltetes Kirchenconcert
— ich glaube, selbst ein Zeitungsreporter hat bei einer
solchen Ueberfülle von Genüssen ein Recht, etwas müde zu
sein und das heutige Festende mit einem erleichternden
„Gott sei Dank!" zu begrüßen, zumal sich gestern und heute
wieder ein einigermaßen menschenwürdiges Wetter einge-
stellt hat. Die samstägige Jllumination genoß ich vom

Berggarten der liebenswürdigen Frau Baronin von G.

aus, ein Observationspunkt, um den mich Jeder beneiden
konnte. Der steil aussteigende, wohlgepflegte, mit Lauben
und lauschigen Aussichtsplätzen geschmückte Garten liegt auf
dem rechten Neckarufer, etwas unterhalb der alten Brücke.
Gefolgt von einer Magd, die mit eincr Kerze den Weg be-
leuchtete, stieg ich allein die schmalen, zur Höhe führenden
Steintreppe empor und genoß von einer offencn Weinlaube
aus ein wahrhaft einziges, bezauberndes Schauspiel.

Der Abcnd war kühl und dunkel, ganz wie geschaffen
zu einer Entsaltung künstlicher Lichteffekte. Unten, auf der
fast schwarz erfcheinenden Fluth dcs Stromes zogen kleine,
mit bunten Lampions und Lichtern erhellte Schiffe und
Kähne, von nengierigen Schaulustigen belebt, glänzende,
glitzernde Furchen und Wellen. An den beiden Ufern wogte
eine unübersehbare Menge; der Platz jenseits, wo die Fest-
halle fich erhebt, war ebcnfalls mit Lampions gekennzeichnet.
Dazu die zahllosen, matten Lickter und Lampen in den
Straßen der Stadt, die dunklen Contouren der schönen, sie
cernirenden Berge, unten dumpfes Stimmengewirre und
Wagengeraffel und um mich hier oben einsamste Ruhe, tie-
fer Frieden — schon dieser Eindruck war ein äußerst wohl-
thuender und befriedigte meine aristokratische Neigung, Na-
tur-und Kunstgenüsse womöglich immer allein, oder höchstens
zu Zweien, zu genießen, auf's Allerbeste. Da, kurz nach
dcr festgesetzten Zeit, zischt vom linken Stromufer eine Rakctc
empor. Ein donnernder Böllerschuß erschallt und wie von
einer Zauberhand entzündet, liegt plötzlich die wunderbare
Schloßruine in lodernder, rother Feuersgluth vor dem durch
die Plötzlichkeit des Geschehnisses fast erschrockenen Auge.
Erst allmälig gewöhnt die Sehe sich daran, das unbeschreib-
liche Bild in seiner ganzen Schöne zu erfassen und es als
Kunstgcbilde sowie in seinem Zusammenhange mit der Um-
gebung als Naturerscheinung zu betrachten. Die ganze
breite Facade dcr prächtigen Ruine hebt sich in leuchtendem
Feuerroth von dem dunklen Bergwaldhintergrunde scharf
und bestimmt ab. Die colossalen, ehrwürdigen Riesenmauern
scheinen zu flüssigem, in architektonische Formen gebannten
Eisen gewordcn zu sein, das seine Lcuchte weit hinaussendet
in die düstere Nacht, über Thal, Strom und Gebirge. Die
Grundmauern am Fuße des Schlosses erstrahlen in hell-
grünem Lichtsaum, ein berauschender Farbeneffekt, der uns
die täuschende Wahrheit der fürchterlichen Feuersbrunst da
vor uns benimmt und uns gleichzeitig die Künstlichkeit der-
selben zum Bewußtsein bringt.

Ein vaar Secunden lang lagert über der unten har-
renden Menschenmenge das Schweigen des Erstaunens.
der stummen kindlichen Bewunderung. Dann aber erschallt,
wie auf Commando, von tausend und aber tausend Strm-
men mit Einemmale in jubelndem Chorus das freudenhelle
Studentenlied: „Alt Heidelberg, Du Feine!" Rauschende
Musikchöre schmettern die Melodie mit; dazwifchen laute,
grelle Wonnerufe, Raketen, Feuergarben und bengalische
Flammen von allen Seiten, die ganze herrliche Landschaft

ein künstliches Wetterleuchten-es ist entzückend schön.

Und jetzt erhellen sich zu beiden Seiten des Schloffes,
ebenfalls in rothen Feuergewänden auch die Gebäude der
Molkenkur und des Schloßhotels, und von den massiven
Pscilern der alten Brücke, deren Längseite der fchwarz-
kunsttreibenden Feuerwerker plötzlich mit rothen, grünen,
gelben, blauen und weißen Lichtern bestreut, regnen in
breiten Fluthen dichte, flüssige Goldströme in den Nackar.
Am Ufer der Festhalle taucht aus dem nächtigen Dunkel
in farbiger Diamantenpracht etne mächtige Fürstenkrone
empor, unter ihr in sunkelndem Golde die verschlungenen
Anfangsbuchstaben des Namens des Großherzogs, während
drüben auf dem Berge das alte Zauberschloß mit seinem
stolzen, die deutsche Reichsflagge trsgenden Ott-Heinrichs-
Thurm wieder in die alte, geheimnißvolle Nacht versinkt
und die Strahlenflutben auf der malerischen Brücke stärker
fließen. Heller leuchtet die Fürstenkrone und auf's Neue
erschallt aus tausend Kehlen erne mächtige Jubelhymne,
deren Töne, wie aus den Lungen eines sagenhaften Ünge
heuers strömend, sich fortpflanzen weit übcr Thäler und
Höhen: das einfach-große „Heil Dir im Siegerkranz!"
Eine volle, leider nur zu rasch entschwundene halbe Stunde
dauert das einzige Schauspiel. Natur und Kunft, Land-
schaft und Architektur, Wirkung und Stimmung. Schönheit
der Ausführung und Ruhe des Genießens, kurz, alles
wirkte zusammen. um die entstandenen Wunderbilder, zu
deren Erschaffung gerade dieses Bergthal, wie keine zweite
Stelle der Erde geschaffen ist, zu unvergeßlichen, wunder-
bar gelungenen zu machen. Jch stelle die Beleuchtung an
Großartigkeit und Nachhaltigkcit der Wirkung noch ent-
schieden höher, als der Festzug, den ersten Glanzpunkt der
Feier uud Jeder, der das Glück hatte, sie zu bewundern,
Wird mir Recht gebcn.

Aus den programmmäßig projectirten Ausflügen am
Samstag Morgen ist des schlechten Wetters wegen selbst-
verständlich nichts geworden. Wer Lust dazu hatte und die
Nothwendigkeit empfand, die nähere llmgebung der Stadt
gegen die weitere zu vertauschen, unternahm dies gestern
oder heute, wo die Sonne sich wieder in Permancnz erklärt
hat. Dem gestrigen Costümfeste auf dem Schlosse ging die
photographiiche Aufnahme der einzelnen Zuggruppen, die
gegen i/zd Uhr in bestimmter Reihenfolge auf den Schloß-
platz zogen, voraus. Dann mischten sich die bunten Masken
zu herterem geselligen Verkehr, der durch die Anwesenheit
des Großherzogs und seiner Angehörigen in wohlthuenden
geselligen Schranken gehalten wurde, unter die Menge der
Geladenen- Bei dem beschränktem Raume aber konnten
Eintrittsbillete nur in beschränktcm Maße verabfolgt wer-
den, doch darf ich nicht verschweigen, datz auch bei diesem
Festakt wie bei den meisten übrigen die Vertreter der
Presse Seitens des Comite's eine etwas galantere Be-
rücksichtigung hätten finden sollen. Ob ein Paar Pro-
fessoren - Frauen mehr oder wenigcr die Fest - Akte
durch Autopsie zu beurtheilen in die Lage kamen,
hätte bei der Vertheilung der Karten für die Referenten
nicht aussch'laggebend sein dürfen. Leider war dies aber,
wie ich durch verschiedene Coüegen erfahren, doch der Fall.
und die Presfe, deren Orakelfprüchen selbst die gelehrten
Vertreter der Universitäten, wenn sie ihren Schriften gelten,
so gerne lauschen, wurde auch diesmal wieder als Stiefkind
behandelt, wie dies in unserm guten Deutschland bei ähn-
lichen Gelegenheiten so haufig der Fall. Die deutschen Fest-
comite's dürften sich in dieser Beziehung Amerika oder das
näher gelegene England zum Muster nehmen, wo man von
der Bedeutung und dem Werthe einer öffentlichen Bericht-
erstattung eine etwas bessere Meinung hat. Das Amt des
Referenten ist an sich schon schwer genug und es ist unrecht,
ihm dasselbe dnrch engherzige, krähwinkelartige Rücksichtcn
und Ausflüchte noch schwierrger zu machen.

Von den zum Feste erschienenen literarischen und künst-
lerischen Gedenk- und Erinnerungszeichen sind mir viele zu
Gesicht gekommen. Die Matrlkel der Universität Heidelberg
von 1386—1662, herausgegeben von Dr. Toepke, die Mono-
graphien „Robert von Mohl" von Prof. Dr. H. Schultze,
„Johann von Dalberg" von Karl Mornavez, „Heidelberger
Studentenleben zu Anfang unseres Jahrhunderts" von Dr.
E. Heyck (sämmtlich ber Carl Winter hier erschienen) sowic
das bei I. Cl.«>Bruns in Minden herausgeaebene
didsmlls" von Qscar Linke, eine ganz originelle, anregende
Liedersammlung, sind wohl die werthvollsten. Die bildende
Kunst ist auf dem Gabentisch durch eine bei Amsler L Rut-
hardt in Berlin erschienene wundervolle „Ansicht von Hei-
delberg" würdig repräsentirt. Das werthvolle Kunstblatt,
dessen Anschaffung icdem Kunstfreunde auf's Wärmste em-
pfohlen werden kann und dessen Widmung vom Senate der
Heidelberger Universität dankbar angenommen worden ist,
bildet die schönste Aniicht der ehrwürdigen Heidelberga. die

ich kenne. Es ist nach einer im Besitze der Verlagshand-
lung befindlichen Tuschzeichnung von Th. Verhas in Photo-
aguatinta-Manier getreu nach dem Original hergestellt und
gibt uns eine äußerst glückliche, malerische Mondscheinbe-
leuchtung der Stadt nnd des Schlosses, eine stimmungs-
volle Reproduction des kleinen Erdenparadieses, die von
der Verlagshandlung sowohl in Schwarz- als in Blaudruck
ausgeführt ist. Alle die übrigen Festschriften, Fest-Medail-
len und Bilder anzuführen, die noch erschienen stnd, mangelt
mir der Raum.

,Lllt Heidelberg, du feine, Fünfhundert Jahr nun alt,
Jmmer noch jugendblühend an Herz und Geist und Gestalt,
Wer zählt, die kommen gefahren in dieser Sommerzeit,

Dir fröhlichen Gruß zu bringen inTreu, voll Ehrerbietigkeit?
Ehrwürdigen, grauen Häuptern, Prachtfäffern der Wissen-
schaft,

Entsprudelt zu deinem Ruhme der Rede berauschende Kraft;
Aufflammen viel tausend Augen in heller Begeisterung —
Und just so viel Salamander fich drehn in weislich geübtem
Schwung,

Sein Scherflein bringt ein Jeder zu diesem goldgoldenen Fest,
Das, ach, von Alten und Jungen, nur einmal sich feiern läßt.

So singt Oscar Linke in dem Prolog seines Lieder-
heftes, und er bat Recht. Nur einmal laffen solche Feste
sich feiern und ein Jeder, der sie mitfeiert, bringt auch.
wenn auch nur durch seine persönliche Nntheilnahme, sein
Scherflein dazu dar. Daß aus diescn Scherflein eine so
große fürstliche Gesammtgabe geworoen ist, beweist uns em
Vorhandensein der allgemeinen Erkenntniß der Bedeutung
der Jubelfcier und die so gewonnene Ueberzeugung von der
idealen Gemeinsamkeit der geistigen Jnteressen unserer
Kulturvölker und die Erinnerung an die einzelnen Glanz-
momente der Feier bleibt nur das Schönste und Werth-
vollste, was ich von derselben mit nach Hause nehme.

Nheimsch-Westsätischer Lourier.

Düsseldorf, 10. August.

— jJahresbericht der DüsseldorserHandels-
kammer pro 188s5ll (Fortsetzung.)

Maschinenfabrik. Eisengießerei und Ham-
merwerk. (Haniel L Lueg.) Unsere im vorigjährigen
Berichte ausgesprocheneBesorgniß, daß das neue Geschäfts-
jahr nicht viel verspreche, hat sich leider bewahrheitet. da
wir über das verfloffene Jshr nicht günstig berichten kön-
nen. Hauptsächlich mangelte es an Beschäftigung in un-
serer Hammerschmiede, weshalb wir uns veranlaßt sahen'
diesen Theil unseres Betriebes wesentlich einzuschränken.
Eine Befferung hierin ist auch noch nich zu erwarten, da
der Schiffbau in den nordischen Hafenplätzen seit langer
Zeit vollständig darniederliegt und bei der äußerst schwa-
chen Nachfrage die Csncurrenz eine sehr große ist. Na-
mentlicht macht die englische Concurrenz, die im eigenen
Lande auch nicht genügend beschäftigt ist, erhebliche An-
strengungen, um auf dem Continent wieder festen Fuß zu
fassen. Hierbei kommen der englischen Concurrenz die
mannigfachen Vortheile, welche fie der heimischen Jndustrie
gegenüber besttzt. wesentlich zu statten. Diese Vortheile
find: 1. billigeres Rohmaterial, 2. billigere Wafferfracht.
3. zollfreie Einfuhr von Schmiedestücken sür den Schiffbau.
— Die Prcisc für Schmiedestücke sind derartig gesunken, wie
wir solches noch nicht gekannt haben. Jn unserer Gießerei
haben wir ebenfalls keine Befferung gegen das Borjahr zu
verzeichnen, da die Nachfrage in Gußwaaren auch anhaltend
flau ist und Aufträge nur zu Preisen erhältlich sind, die
kaum den bcscheidensten Nutzen ermöglichen. Die Arbeiter-
Kopfzahl und die gezahlten Löhne rc. sind gestiegen und
hat dies, trotz der vorgenommenen Bctriebs-Einschränkung
in unserer Hammerschmiede, seinen Gcund darin, daß wir
im verfloffenen Jahre den B-trieb unserer neu erbauten
Röhrengießerei eröffneten.

Düsseldorfer Eisenbahnbedarf (vorm. Carl
Weyer L Co.) beklagt ebenfalls den allgemeinen schlechten
Geschäftsgang; in Folge des dadurch bedingten geringeren
Verkehrs aus den Eisenbahnen wurden seisens der Äahn-
verwaltungen nur die allernothwendigsten Beschaffungen
gemacht, von wclchen der einheimischen Jndustrie leider
noch ein Theil verloren ging, indem die niedrigenOfferten
einer ausländischen Firma auf Verfügung deS Herrn Mi-
nisters der öffentlichen Arbeitcn seitens zweier königlichen
Eisenbahn-Direktionen acceptirt werden mußten. Uns war
das Ausland im vergangenenJahrevollständig verschloffen.
Wir haben gesucht, bei den dortigen Ausschreibungen uns
Aufträge zu crwerben, indem wir geradezu Berlust brin-
gende Preise stellten, „um vor Arbeiter-Entlaffungen be-
wahrt zu bleiben", allein wir haben erfahren müffen, daß
in Holland belgische Fabriken uns unterboten haben und
daß in Dänemark, wo wir die billigsten waren, trotzdem
die einheimische Gesellschaft „Scandia" den Auftrag erhal-
ten hat, während genannte Concurrentin hier früher zum
Nachtheil der heimischen Jndustrie berücksichtigt wurde.
Wir hoffen, daß in Zukunft bei Vergebungen seitens der
Staatsbahnen dem Auslande keine Aufträae ertheilt werden.

EisenblechwalzwerkvonPiedboeußDawans
L Cie. Das Jahr begann unter noch ungünstigeren Aus-
sichten, als solche schon die 2 letzten Monate des Jahres
1884 kennzeichneten, und war das ganze Jahr 1885 hindurch
eine ununterbrochene Kette finkender Konjunktur. Die
Preise sanken am Ende des Jahres in einem solchen Maße,
daß die erzielten Verkaufspreise die Selbstkosten nicht mehr
zu decken vermochten.

Die Maschinenfabrik für Draht-Jndustrie.
Malmedie K Hiby Das abgelaufene Jahr 1885 war
für unsern Betrieb (Spezialität in Drahtbearbeitungs-Ma-
schinen) in Bezug auf den erzielten Umsatz eines der
günstigsten seit dem Jahre 1873 (der Gründung
unseres Geschästs). Jn Bezug aus die erzielten Preise war
daffelbe aber zu den mittelguten zu zählen. Wir bemerken
dazu, daß dcr hohe Umsatz ausschließlich dem in der zwei-
ten Hälfte 1885 stattgehabten Export nach den Vereinigten
Staaten von Nord-Ämerika zu danken ist.

Düsseldorfer Eis en- und Draht-Jndustrie-
Düffcldors-Oberbilk. Das Jahr 1885 war wiederum ein
ungünstiges. Jn Folge der von sämmtlichen Drahtwalz-
werken behufs Beseitigung der Ueberproduktion geschloffe-
nen Konvention bcfestigte sich zwar der Preis des Äalz-
drahtes, hingegen erfuhren die Fertigfabrikate einen weite-
ren Preisrückgang und es machte der Mangel an genügen-
den Aufträgen eine theilweise Betriebseinschränkung nöthig.

Jm Eisen- und Stshlw aaren-Handel machte
sich bei größercm Umschlag ein weiterer Rückgang in allen
Artikeln bemerkbar und brachte bei großem Lager empstnd-
liche Verluste.

Fabrik verzinnter und emaillirter Blcchge-
schirre. B. G. Weismüller u. Eie. Der Absatz un-
serer Fabrikate in den ersten 9 Monaten des Jahres 1885
war bei ziemlich unveränderten Preisen der gleiche wie in
dem betreffenden Zeitabschnitt des Vorjahres. Die Waaren
wurden zu ungefähr im Jnlande und '/« im Auslande
abgesetzt. Die Äohmaterialien bezogen wir fast ausschlicß-
lich aus dem Jnlande. Als ungünstig für unsere Branche
muß neben der noch stets im Wachsen begriffenen auslän-
dischen — haupjsächlich österreichifchen und belgischen —
Konkurrenz, das zahlreiche Entstehen neuer Fadriken im
Jnlande angesehen werden, da der Konsum nicht im Ver-
hältniß der vermehrten Produktion gestiegen ist. Diese
Üeberproduktion ist durch erhebliche Preisrückgänge bei ver-
mindertem Absatz denn auch bereits zum Ausdruck gekom-
men. Jn Folge dieser Berhältniffe und um das über den
Bedarf gewachsene Üager wieder auf das richtige Nivcau
zu bringen, waren wir genöthigt unsern Betrieb zu redu-
ciren und ca. 30 Arbeiter gehen zu lassen,

Baumwollspinnerei, Weberei und Drucke-
rei. Der Preis für Baumwolle wurde während des Zah-
res 1885 hauptsächlich durch günstige Ernteberichte sehr
gedrückt. Dicsen Preisrückgang der rohen BaumwoÜe
konnte die deutsche Spinnerei sich durchweg nicht in ent-
sprechender Weise zu Nutzen machen, weil fie gezwungen
ist, stets verhältnißmäßig große Baumwollvorräthe zu hal-
ten. Der Absatz in Gespinnsten war sehr erschwert und
konnte sich nur unter fortwährender Herabsetzung der Ver-
kaufspreise vollziehen; es mußten bei dem schleppenden Ge-
schäften und dem immer stärkeren Angebot von Garnen
auch von England aus, wo das Baumwollgeschäft durch
die politischen Verhältnisse sehr litt, Preise für die Pro-
dukte der Spinnerei genommen werde«, die selbst bei An-
nahme der niedrigsten Tagespreise sür Rshbaumwolle Ber-
luste brachten. Die Weißwebereien befanden sich in etwas
befferer Lage, denn bei dem andauernden-Angebot immer
biüigerer Garne konnten sie sich jederzeit mit Gespinnst
versorgen und waren das ganze Jahr hindurch vollauf be-
schäftigt. Das Gleiche gilt von den Buntwebereien des
hiesigen Bezirkes, wenngleich in Folge der weichenden Garn-
notirungen PreiSermäßigungen zur Erhaltung des iflotten

Betriebes stattfinden mußten. Die hiesigen Blaudruckereien
hatten im vergangenen Jahre regelmäßigen und ausrei-
chenden Absatz für ihre Fabrikate. Obwohl die Berkauss-
preise unter einem fortwährend scharfen, durch die allge-
meinen Zeitverhältnisse bedingten Druck standen, so ging
damit andererseits ein stetes Nachgeben der Preise der
Rohmaterialien für die Fabrikation Hand in Hand. Wäh-
rend der Absatz im Jnland, Dank dcr geordneten Ver-
hältnisse und dcr günstigen Getreide- und Obsternten ein
erfreukicher war, ging die Kaufkraft des Auslandes in
Folge der starken und unaufhörlichen Entwerthung der
überseeischen Rohprodukte erheblich zurück und ließ die in-
ländischen Fabrikanten nur unter schweren Opfern das
gegen die englische Konkurrenz gewonnene Feld behaupten.
Die in den hiesigen Fabriken beschäftigte Arbeiterzahl war
ungefähr die gleiche wie im Jahre 1884, auch traten in den
Arbeitslöhncn keine wesentlichen Aenderungen ein. (Forts. f.)

— jBericht der Armenverwaltung derStadt
Düsseldorsj für das Rechnungsjahr 1885/86. (Schluß.)

Für Krankenpflege wurde für 904 Kranke resp.
Pfleglinge 57,886 M. verausgabt. Die Gesammtausgaben
für die Krankenpflege, ausschließlich der vorangegebenen
Kosten sür die in den Krankenhäusern untergebrachten Psleg
linge, belaufen fich aus rund 80,894 M. gegen 78.579 M. in
1884/85.

Die Ausgaben sür Jrrenpflege belaufen sich bei
116 verpflegten Perfoncn auf 31,550 M. Für die Pflege
sonstiger Kranken (Blinde, Taubstumme. Blödsinnige) wurden
1601 M. gezahlt.

An Geschenken zur Vertheilnng an Arme
nach Ermesscn des Vorsitzenden der Armenverwaltung bezw.
nach Beschluß der Armendeputation sind eingegangen und
bei der Armenkasse Tit. XV a. d. E. „Wohlthätigkeitsfonds"
vereinnahmt worden: Gabe Sr. königl. Hoheit des Fürsten
von Hohenzollern 1. Quartal 1885/86 225 M. Extragabe
Hochdesselben anläßlich desAblcbenrdes Fürsten CarlAnton
3000 M. Geschenk des Düffeld. Reiter- u. Rennvereins 300 M.
Geschenk des Banguiers Mich. Simons aus Beranlaffung
des Ablebens seiner Frau MO M, Geschenk des Kaufmanns
Lamb. Heller ebenfalls aus Veranlaffuna des Ablebens
seiner Frau 300 M., verschiedene kleinere Keiträge 857
zusammen 4982 M. Der Wohlthätigkeitsfonds dient vor
zugsweise dazu, verschämten Armen, welche durch Krank-
heit, Arbeitslosigkeit oder sonstwie — ohne eigenes Ver-
schulden — in Noth gerathen sind, Hülse zu bringen; er
ist für die freiwillige, bürgerliche Ärmenpflege geradezu
unentbehrlich und seine unter Mitwirkung der Armendepu
tation und aller Organe der Armenverwaltung erfolgende
Verwendung eine sorgfältige und segenbringende. Es kann
nur gewünscht werden, daß demselben recht häufig größere
Beiträge, sei es als Geschenke, Sühnegelder oder Vermächt
nisse zufließen.

Die Zahl der hierorts wirkenden, der freien Wohb
thätigkeit dienenden Vereine ist eine große und
deren Tyätigkeit in Unterstützuna dcr öffentlichen Armen
pflege nicht zu unterschätzen; Maaß und Umfang dieser
Thätigkeit entziehen sich aber bei den meisten, namentlich
den kirchlichen Vereincn, — Elisabeth- und Vincenz-Berein,
Evangelische Diakonie— dcr Kenntniß der städtischen Ver-
waltung, weshalb an dieser Stelle darüber nicht eingehend
berichtet werden kann. Jmmerhin aber muß anerkannt
werden, daß die Wirksamkeit der Vereine gar vielen Be-
dürftigen, zumal solchen, wclche zu den verschämten Armen
gehören, ohne Zweisel zum großen Segen gereicht und
daß auch immer mehr bei den Vorständen dieser Vereine
das Bemühen hervortritt, mit der Armenverwaltung in
freundlicher Beziehung zu bleiben und deren Erfahrungen
in Beurtheilung der lokalen und Persönlichen Verhältmffe
fich nutzbar zu machen. Der Berein gegen Verarmung
und Bettelei, an dessen Spitze der Vorsitzende der Armen-
verwaltung steht, setzt seine Thätigkeit in gewohnter und
mehrfach in ven dieffeitigen Berichten ausgesührten Weise
fort. Die aus seinem Grundstücke eingerichtete Ärbeitsstelle
für die wandernde Bcvölkerung wird allerdings nur wenig
benutzt, da es hierorts den Stromern nicht schwer wird,
auch ohne Arbeit an den Thüren sich die nöthigen Zehr-
groschen zu erbetteln; dagegen wird der Verein um so mehr
zu einmaligen Unterstützungen bei vorübergehender Noth
in Anspcuch genommen. Die in verfloffenem Winter dort
unter Leitung eines Damenkomite eingerichtete Suppenan-
stalt sür arme Schulkinder speiste drei Monate hindurch
täglich etwa 300 Kinder; eine zweite Suppenanstalt unter-
hielt der Vcrein im Pflcgehause ber Rcustadt. woselbst täglich
etwa 80 Kinder gespeist wurden. Jn diesem Angenblicke
wird auf dem Vereinsgrundstücke an der Pickgasse eine große
Sveisehalle gcbaut, damit dcr Verein in der Lage ist, diesen
Theil seiner segensreichenThätigkeit noch weiter ausdehnen zu
können. Die Suppenanstalt des Vereins der St. Ursulagesell-
schaft hat auch im Jahre 1885 ihre langgewohnte segensreiche
Thätigkeit fortgesctzt. Die Zahl der ausgegebenen Suppen-
Portionen betrug 42,005 gegen 42,388 im Vorjahre; die
Einnahme betrug 5156 M. 76 Pf. gegen 7957 M. des Vor-
jahres, so daß die Vereinskaffe mit einem Deficit von 658
M. 62 Pf. leider abschließen mußte. Die Stadt Düffeldorf
gewährt der gut geleiteten und wohlthätig wirkenden An-
stalt einen Jahreszuschuß von 400 M. Durch die Thätig-
keit der Cigarren - Abschnitt-Sammelvereine in der Stadt
und in Oberbilk sind mehrere hundert arme Kinder zu
Weihnachten bescheert und Kommunikanten und Konstrman-
den gekleidet wordcn. Das Wöchnerinnen-Asyl für bedürf-
tige Ehefrauen jeder Konfession hat vom 1. April 1885 bis
1. April 1886 verpflegt: 106 Frauen in 1142 Tagen gegen
123 Frauen in 1288 Tagen deS Vorjahres. Der Etat der
Anstalt schließt in Einnahme und Aüsgabe mit 4732 M
26 Pf. ab. Die Armenverwaltrrng glaubt nur eine Pflicht
zu erfüllen, wenn sie an dieser Stelle allen Vereincn und
deren Voiständen. welche sich bemühen, das Loos der Be-
dürftigen unserer Stadt zu erleichtcrn und die Berwaltung
in ihrem Wirken zu unterstützen, hiermit den wärmsten
Dank ausspricht und an die Bürgcrschaft die Bitte richtet,
dcnselbcn das bisherige Wohlwollcn und Jntereffe bewah-
ren und möglichst ausdehnen zu wollen.

Der Äbschluß der Armenkasse hat folgendes
Resultat ergeben: Die ctatsmäßigen Äusgaben sind bei
einzelnen Titeln überschritten wordcn um zusammen 38,031
M, bci anderen Titeln ist die wirkliche Ausgabe hintcr dem
Voranschlage zurückgeblicben. Die hierdurch erzielten Er-
sparnisse belaufen sich auf zusammen 13,778 M, es ver-
bleibt somit cine Etatsüberschreitung von 24,253 Mark.
Diescr stehcn abcr 27,795 Mark Mehreinnahmen ge-
genüber, so daß ein Ucberschuß von 3542 Mark verbleibt.

Jn dcm Bestande des Aktivvermögcns der Armenver-
waltung ist cine Aenderung nicht eingetreten. Dasselbe be-
läust sich auf ». Grunvvermögcn rund 237,837 M. b- Ka-
pitalvermögen 172,856 M, zusammen 419,693 M. außer
dcm Vermögen der milden Stiftungen, der beiden Fonvs
des Verpflegungshauses und des Reservefonds der Armen
verwaltung.

Stipendien, Legate und milde Stiftungen.
Eine wesentliche Beränderung des Stiftungsvcrmögens fand
insofern statt, als der Rentner Pet. Jos. Weidenhaupt der
Stadt Düffeldorf für die Friedrichsstädtische Waisenstiftung
eine Schenkung von 66,000 M. überwiesen hat, welche Sei
tens der Stadtverordneten-Versammlung dankend accepirt
worden und zu deren Annahme die Allerhöchste Ermächti-
gung unterm 17. Februar 1886 erfolgt.

Der Reservefonds der Armenverwaltung, welcher
fich am Schlusse des vorigen Rechnungsjahres auf 26,003 M.
belief, beträgt nunmehr 36,877 M, dcrselbe hat also einen
Zuwachs erfahren von 10,874 M, herrührend aus der rent-
baren Änlegung der Zinsen des Fonds und der Hälste deS
vorigjährigcn Ersparniffes an dcm Zuschusse der Stadtkaffe
zur Armenkasse.

Aus dem Berichte erhellt, daß das abgelaufene Ge-
schäftsjahr allerdings wesentlich ungünstigere Resultate er-
geben hat, als das Voriahr, indem stch der Zuschuß dcr
Stadtkasse zu den Armenbedürfnissen pco Kopf der Bevöl-
kerung von 2 M. 11 Pf. auf 2 M. 19 Pf. steigerte. Wenn
man aber die ungünstige Lage der Jndustrie und der Er-
werbsverhältniffe der gesammten arbeitenden Klaffe in Be-
trachl zieht und vor AÜem auf den traurigen langen Winter,
welcher die Bauthätigkeit mindestenS um einen Monat län-
ger ruhen ließ, als dies sonst der Fall zu sein Pflegt, so
kann der Abschluß nur als ein durchaus befriedigender an-
gesehen werden.

— jKunstverein für die Rheinl. u.Westf.s Bei
der gestern in der städt. Tonhalle abgehaltenen Verloosung
fielen solgende Gewinne auf die Aktien hiesiger Mitglieder:

1. Canal, v-, Gilb., „Niederländ. Lstotiv", aus Äctie Nr. 3162,
Neuhaus, C. B., Kaufm- 2. Flickel, Paul, „Pommersche
Landschaft", auf Actie Nr. 1540, Henken, Wilh., Kassirer.

3- Jernberg, Olof, „Hafenpartie", auf Actie Nr. 360, Dell-
mann, Jul., Ober-Jngenieur. 4. Jordan, Rud., „Die erste
Lüge", auf Actie Nr. 1623, Otto, Wwe., Neg. - Rath. 5.
Jrmer, Carl, „Harzlandschast", aus Aclie Nr. 3036. von

Wrangel, Baronin. 6. Raetzer, Hellm., „Aus der Ramsau"

— jDer 58. Jahresbericht der Rheinisch
Westfälischen Gefängnib-Gesellschaftj über das
Vereinsjahr 1885/86 bringt hauptsächlich einen ausführlichen
und umfangreichen Bericht über die am 14. und 15. Oktober
1885 stattgehabte Generalversammlung, wir hatten darüber
s. Z. schon berichtet und tragen nur nach, daß sich die vcrschie-
denen Spezialconferenzen theils mit der Stellung der Be-
amten an Straf- und Gefängnißanstalten, dann mit dem
Verhalten der Gesängnißgeistlichen gegenüber den religiös-
gleichgültigen und widerstrebenden Gefangenen, über die
Gewährung von Extragenußmitteln an Fasttagen. die Oeffent-
lichkeit der Gerichtsverhandlungen und die Presse, über die
Stellung der Arbeits-Anstalten in den Einzeljtaaten Dcutsch-
lands, im Organismus des Strafvollzuges und ihre iunere
Einrichtuna und einem Bericht über die Conferenz der Lehrer
an den Gesängnissen beschäftigten. Es folgen dann Äus-
züge aus den bci dem Ausschusse eingegangenen Berichten
der Tochtergesellschaften und Hülfsvereine über 1884/85.
aus den Jahresberichten der Agenten der Rheinisch-West-
fälischen Gefängniß-Gesellschaft in Dortmund, Bochum und
Coblenz, Bericht über die Asyle in Rheinland und West-
falen und ein zweites Verzeichniß von Büchern, welche zur
Anschaffung für Gefängnißbibliotheken geeignet sind. Der
Bericht gibt somit cinen Ueberblick über die eisrigen und
vonsegensreichstenErfolgenbegleiteteThätigkeit des Vereins.

— jDie Violin-Virtuosin von fürstlichem
Geblüt, Lilly Dolgorouky,j Wird am 12. Äugust
hierselbst ein einmaliges Concert geben. Ucber das Ab-
schieds-Concert der Fürstin Lilly Dolgorouky in Berlin be-
richtete das „Berl. Frdbl.": „Die Violin-Virtuosin Fürstin
Lilly Dolgorouky gab gestern in dem Bauer'schen Aus-
stellungspark ihr Äbschieds-Concert. Trotz des strömenden
Regens war die große Restaurationshalle, in welcher das
Concert an diescm Äbend stattfand, gedrängt voll. Wie-
derum war die musikalische Geburtsaristvkratie Berlins stark
vertreten, u. A. bemerkten wir den österrcichischen Botschaf-
ter mit mehreren Herren der Gesandtschaft, einige Pro-
sessoren der Hochschule rc. rc. Die Fürstin spielte Faust-
santasie von Leonard, Mazurka von Wieniawsky und Ros-
signol von Kontsky. Wie immer, erntete die interessante
Geigerin stürmischen Applaus und sie mußte jedes Stück
äz e»po spielen. Von ihren Verehrern erhielt sie mehrere
wunderbare Rosenbouquets, ihrem Kapellmeister Prosessor
v. Brenner überreichte sie zum Andenken einen prachtvollen,
mit massivem Gold belegten Diriaentenstab. Die Fürstin
ist von Herrn Bauer für mehrere Concerte im September
d. I. bereits wieder engagirt."

— jPatent-Ertheilung.j Neuerung an kontinuir-
lichen Kammeröfen. — Th. Schlegel in Düffeldorf, Adler-
straße 14. Vom 18. Februar 1886 ab.

v IJn verschiedenen Städtenj besteht die Ver-
ordnung, daß die Wirthe über ihren Hausthüren eine La-
terne anbringen müssen, in welcher vor Eintritt der Dun-
kelheit bis zur Polizeistunde Licht brennen muß. Diese
Anordnung wird auch wahrscheinlich für Düsseldorf getrof-
fen werden.

n jGroßen Scandalj machte in dcr Sonntag Nacht
auf dem Karlsplatze eine Rotte Jungen. Einige kletterten
an dem Kandelaber empor und wollten das Gas ausdre-
hen, andere schreien wie besessen und einige exerzirten.
Äls die Schutzleute kamen, da hätte man ein Lausen sehen
sollen-

vi jEin Schneiderj hat sich wiederholter Unter-
schlagungen schuldig gemacht, indem cr Stoffe, aus denen
er Kleider anfertigen sollte, und Kleider versetzte, das Geld
dann verausgabte, auf welche Weise er leichter an Geld
kam als mit arbeiten.

n lEin falsches Markstückl wurde gestern wieder
auf dem Polizeiamte abgeliefert.

Vom Ntederrheiu, 7. Aug. sLandwirth.
schaftliches.s Die Roggen-Ernte konnte der regne-
rischen und kühlen Witterung wegen erst vor einigen
Tagen beendigt werden. Vorgenommene Erdruschpro-
ben haben ein recht unbefriedigendes Resultat ergeben,
und zwar der Morgen 3—4 Malter, an Stroh 1500
Pfund gegen 3000 Pfund im Vorjahre. Die Güte
läßt sich noch nicht feststellen; jedenfalls wird daS
Korn in Farbe und Güte nicht so schön sein, wie in
trockenen Jahren. Mit dem Schnitt des Weizens hat
erst vor einigen Tagen begonnen werden können. An
Stroh wird es wohl nicht mehr geben, wie beim
Roggen; an Könern kann man sich wohl einen besseren
Ertrag versprechen; durchweg wird diese Frucht eine
Mittelernte geben. Der Hafer hat die letzten Tage
in der Reife viel gewonnen, so daß wohl mit Beginn
der nächsten Woche der Schnitt erfolgen wird. An
Stroh wie an Körnern wird das Ergebniß ein vor-
zügliches, den besten Jahren gleichkommend. Für die
sonstigen Sommergewächse, zunächst Buchweizen, sodann
für Erbsen, Runkelrüben, Wicken, Möhren rc., ist die
Witterung sehr zuträglich. Von Kartoffeln haben die
Spätkartoffeln noch einen vortrefflichen Stand, und
lassen sich noch keine Anzeichen von Fäule bemerken.
Bei den Frühsorten vernimmt man allerdings hier
und da Spuren von Krankheit, weshalb dieselben ge-
genwärtig massenhaft von den Landleuten auf den
Markt gebracht werden. Jm Produktenhandel war es
auch im Laufe dieser Woche sehr still.

Neuß, 9. Aug. sRennen des Neußer Rei-
ter-Vereins. Zweiter Tag.j Noch mehr als
der gestrige Tag war der heutige vom Wetter be-
günstigt. So strömte denn wieder eine unzählige
Schaar heraus nach der Wiese. Jn der Stadt wurds
des Nachmittags fast allenthalben gefeiert. Die Tri-
bünen waren fast vollständig besetzt. Auf dem
Damme war etwa die Hälfte des gestrigen Pub»
likums. Der Wagenpark war stark besetzt und
machte den gestrigen Ausfall wett, der sich übrigens
nicht auf 90 zu 450, wie ein Druckfehler in un-
serem gestrigen Bericht sagte, sondern auf 190 zu
250 stellte. Die Gesammteinnahme des heutigen
Tages beläuft sich auf ca. 4600 M. gegen 4800 M.
im vorigen Jahre. Än dem Ausfall trägt aber un-
seres Bedünkens nicht etwa ein geringerer Besuch gegen
voriges Jahr die Schuld, sondern die mangelhafte Con-
trole an den Eingängen. Die Ordnung auf der Äahn und
die Haltung des Publikums hatte sich übrigens gegen
die Vnrjahre bedeutend gebessert und ließ kaum zu wün-
schen übrig. Auch wurden die langen Pausen zwischen
den einzelnen Rennen vermieden. So haben auch in
diesen Beziehungen die Neußer Rennen einen Fort-
schritt zu verzeichnen. Die heutigen 5 Rennen gingen
sämmtlich ohne den geringsten Unfall von statten.
Hatten wir gestern mehrfach Sturz von Roß und Reiter,
wenn auch glücklicherweise jedesmal ohne schlimme
Folgen, zu verzeichnen, so blieb heute Alles fest im
Sattel und fest auf den Beinen.

Die heutigen Rennen eröffnete I.Hinderniß-Rennen.
Vereinspreis 500 Mk. dem ersten, 100 Mk. dem zweiten
und 50 Mk. dem dritten Pferd. Für Pferde im Befitzc
von Offizieren der Düffeldorfer Garnison und von solchen
in Uniform zu reiten. Gemcldet waren 6 Pferde, davon
wurden zwei zurückgezogcn. Es traten in Loncurrenz: Lt
von Guionneau's (5. Ul -Rgt.) br. W. Fol Amour, Reiter
Lt. von Ucko, Lt. von Loffel's (11. Hus.-Rgt.) br. H. Pioneer.
Reitrr Besitzcr, Port.-Fähnrich Graf Arco's (11. Hus.-Rgt.)
schbr. St- Ellinor, Reiter Besitzer, und Lt. der Res. Bitter's
(11. Hus.-Regt.) F. St. Merry, Reiter Besitzer. Jn lang-
samem Tempo werden die ersten Hindcrniffe genommen, all-
mälig kommt mehr Eifer in die Gesellschast. Pionecr. das
ohne Frage beste Pferd, nimmt die Führung, hinter ihm
hält fich Ellinor, an dritter Stelle folgt Merry, während
Fol Amour gleich von vornherein in's Hintertreffen zurückfällt
und dort auch bis zum Ende verbleibt. Als die Pferde
wieder aus der Vertiefung herauskommen hat Pioneer
Ellinor zur Seite. hinter den Pappeln geht er aber wieder
 
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