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landes Besonnenheit und Selbstverläugnung andere
Bahnen angewiesen haben.

Deutsches Reich.

* BerliN, 4. August. Der Kriegsminister Bron-
sart v. Schellendorff befindet sich seit gestern früh
wieder in Berlin. — Der Minister des Jnnern v. Putt-
kammer hat sich von Bayreuth zu mehrtägigem Aufent-
halt nach München begeben. Die Meldung, daß er auch
nach Gastein gehen werde, erweist sich als falsch.

— Die militärische Luftschifferabtheilung ist
jetzt so weit, daß auch Unteroffiziere zur selbstständigen
Leitung von Luftschiffen ausgebildet sind. Vorgestern
haben nach der ,N. Pr. Ztg/ zwei Sergeanten nach be-
standener Prüfung das Zeugniß für die selbstständige freie
Fahrt erhalten, und der Sergeant Bluhm hat bereits
vorgestern seiue erste Fahrt als Führer eines Ballons
angetreten. Zur ferneren Ausbildung zu selbstständigen
Luftschiffern fahren zwei jüngere Unteroffiziere mit; der
Ballon hat also drei Mann an Bord.

Die Franzosen, welche auf diesem Gebiete 1870 und
71 Erhebliches leisteten, werden uns also auch auf diesem
Gebiete nicht mehr voraus sein.

— 307 Lehrer sollen, wie der .Wielkopolaniw
mittheilt, „im Jnteresse des Dienstes", aus pol-
nischen nach deutschen Gegenden versetzt werden. Dasselbe
Blatt theilt mit: das Namensverzeichuiß dieser Lehrer
habe bereits dem Herrn Minister v. Goßler bei seiner
Anwesenheit in Posen vorgelegen; derselbe habe sich mit
diesem Schritt der Schulbehörde einverstanden erklärt.

D Breslau, 4. Aug. Aus Pleß iu Oberschlesien
wird gemeldet, daß an sämmtliche Konsumvereine dcs
Kreises ein völliges Verbot des Branntweinver-
kaufs ergangen ist. Sämmtliche den Konsumvereinen
ertheilte Konzessionen zum Branntweinverkauf sind zurück-
gezogen. Man wird nicht fehlgreifen, wenn man hierin
die erste Wirkung der auf Veranlaffung des Ministeriums
veranstalteten Untcrsuchung dcr Zustände in den
oberschlesischen Konsumvereinen erblickt.

W Dresde«, 4. August. Die Nachrlcht hiesiger Blätter,
wonach unser Kaifer zu den Hochzeitsfestlichkeiten in Dresden cr<
wartet würde, beruht auf einem Jrrthum; erwartet wird der
Kaiser von Oesterreich.

Oesterreich.

4- Wi<U, 4. Aug. Die Janskiangelegenheit,
welche so viel Staub aufgewirbelt hat, scheint sich nun-
mehr endlich ihrem Abschluß zu nähern. Der ungarische
Ministerpräsident Tisza ist am Dinstag in Wien ein-
getroffen, und hat eine lange Konferenz mit dem öster-
reichisch-ungarischen Minister des Auswärtigen, Grafen
Kalnoky, gehabt. Von Wien begab sich Tisza zum
Kaiser Franz Joseph nach Jschl, wo er heute eintraf.
Man glaubt allgemein, daß mit dieser Reise die Janski-
angelegenheit auf irgend eine Weise beigelegt werden
wird. Tisza dürfte trotz dem Spektakel, welchen die
radikalen Pesther Blätter vollführcn, schließlich doch klcin
beigeben. Die Sprache seiner Organe läßt darauf
schließen.

— Der ,Polit. Korresp.' wird aus Nisch gemeldet:
Die Skupschtina nahm einstimmig den Antrag des Fi-
nanzministers an, betreffend die Wahl ciner Kommission
von 15 Mitgliedern zur Prüfung der bisherigcn Finanz-

r,,>- Erwäaung von

Budget.

* Bad Gastein, 4. August. Der deutsche Kaiser nahm
heute Vormittag den Bortrag des Chefs des Civilkabinets, des
wirkl. geh. Raths von Wilmowski entgegen. Am Diner des
Kaisers nahmen heutc Thcil die Kaiserin von Oesterreich mit der
Hofdame Gräfin Mailath und dem Oberhofmeister Freiherrn von
Nopcsa, sowie der Reichskanzler Fürst von Bismarck und der
Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst von Hohenlohe. Diese
Letzteren mitsammt ihren Gemahlinnen.

Holland.

* Amsterdam, 4. August. Die niederländische
Regierung hat nach einer brüsseler Meldung der ,Kreuz-
zeitung' gestern hier zwanzig Sozialisten verhaften lassen.
Dem Bürgermeister von Amsterdam sind 18,000 Gulden
zur Bertheilung an die Familien der getödteten und vcr-
wundeten Polizeimänner übergeben.

Frankreich.

T Paris, 3. August. Diesmal dürfte der Kriegsminister
Boutanger denn doch abgeschlachtet scin. Den Denkbries
an den Herzog von Aumale, welchcr zuerst in cinem belgischen
Blatte erschienen, konute er mit gutem Gewissen als unächt be-
zeichnen. Nun verösfentlichten am Sonntag die monarchischen
Blätter den ächten Brief, welcher anhebt: „Ew Königl. Hoheit,
haben mich zum General vorgeschlageu; Jhnen verdanke ich
meine Ernennung." Boulanger ließ nun im ,Temps' erklären,
der Brief sei unächt, besonders entsprcche dcr darin vorkommende
Ausdruck „Gesegnet sei der Tag, an dem ich nochmals unter
ihren Befehl gestellt werdc", durchaus nicht seinen Anschauungen.
Darauf veröffentlichten die royalistischen Blätter gestern zwei
andere Briefe. Jn dem ersten, vom 3. Januar 1880, bittct er
den Herzog von Aumale um seinen Beistand, damit er znm

General befördert werde. Jn dem zweiten, vom 13. Februar
1880, drückt er sein Bedauern aus, daß der Herzog vom Befehl
des 7. Korps enthoben worden. Beide Schreiben sind sehr unter-
thänig abgefaßt, überfließen von Versicherungen der Treue und
Hingabe. Heute geben die Blätter außerdem die Faksimiles der
drei Briese.

Ein Abläugncn ist da nicht mehr möglich. Boulanger
sucht sich daher mit Bergeßlichkeit zu entschuldigen, klagt, daß
man ihm durch den ersten falschen Bricf eine Falle gestellt, und
sieht in der Veröffentlichung der Briefe nur den Beweis, wie
sehr die „Reaktion" gsgen ihn aufgebracht sei, ihn um jeden
Preis vom Kriegsministerium entfcrnen wolle. Hiermit sindet
er jedoch nur beim ,Jntransigeaut' und ,Evenement'
Beifall, welche betde erklären, wegen dieser Angriffe der
Monarchisten müsse man Boulanger um so mehr stützen.
Die ,Justice', das Blatt Clemenceaus, des Gönners Boulan-
gers, schweigt sich aus. Sic findet es nicht gerathen, der
öffentlichen Meinung zu trotzcn, indem sie Bruder Bou-
langer noch weiter stützt. Mehrere andere Blätter,
wie ,Patrie', ,Republique frangaise', ,Journal des
Döbats' gehen sehr scharf gegen den Kricgsministervor und ver-
urtheilen ihn ohnc Vorbehalt. Wäre Boulanger nicht ein Republi-
kaner, so wäre er nach dieser Abschlachtung schon längst in das
Mausloch gekrochen. Abcr cin Republikaner findet immcr noch
Vertheidiger, weil man an ihn nicht densclben Maaßstab anlegt,
wie an audere Leute. Trotzdem wird er sich nicht vor der
allgemeinen Entrüstung zu halten vermögen. Boulangcr hai die
öffentliche Achtung verloren, cr steht als ein Mann da, welcher,
um seine persönlichen Zwecke zu erreichen, vor keinem Mittel zurück-
schreckt, ebensogut eincmköniglichenPrinzen wie einem rothcnPartei-
führer schmeichelt. So abgchärtet nian hier bezüglich des Streber-
thums auch sein mag, was jetzt über Boulanger an den Tag
kommt, ist denn doch zu stark, um nicht allgemeinen Widerwilleu
hcrvorzurufen. Ein solcher Mann muß auch das Mißtrauen der
ohnedics argwöhnischcn Republikaner crwecken.

Die Generalrathswahlen haben den Erwartungen nicht sehr
entsprochen. Die Monarchistcn werden im besten Falle 80—100
Sitze gewinneu. Bis jetzt ist nur in eiuem Dcpartement (Sarthe)
die Mehrheit zu Gunsten der Monarchisten verschoben worden.
Die Republikaner sind etwas verdutzt, daß sie nur so geringe
Verluste erlitten, nachdem sie aus viel bedeutendere gesaßt waren.
Freilich haben sie auch alle Mittel aufgeboten, um dcn
Monarchisten die Stange zu haltcn. Die vortreffliche Wahl-
maschine der Regierung hat auch diesmal ihren Dienst gethan.

Bei der Preisvertheilung der pariser Gymnasicn hat der
Unterrichtsminister Goblet eine Nede gehalten, worin er sich
angelegen sein ließ, das Vertrausn der Republikancr auf die Zu-
kunft zu stärkcn. Er versicherte: „Vor einem Jahrhundert kat
das von der Philosophie geleitete Frankreich der neuen Welt die
Bahn der Zukunst eröffnet. Trotz Prüsungen und Unglück geht
es immer weiter. Wo wird es am Ende des Jahrhunderts
sein? Bci der Krönung der Revolution odcr bei der Rache der
Gegenrevoluüon? Ganz sicher täuschen sich diejenigen, welche
glauben, uns die theuer erkauftcn Freiheiten rauben zu können.
Sie hoffen es selbst nicht. Die Revolution hat nicht bloß die
Bastille und das alte StaatSwesen zerstört, sie hat auch dcn Ge-
danken befrcit. Zu was würde es dienen, frciheitliche Einrich-
tungsn gegründet zu haben, wenn dieselben, durch eineu sonder-
barcn Widerspruch, von dem man jedoch Beispiele erlebt, in die
Hände der Feinde der Fretheit fallen sollen."

Goblet sagt also, weun auch mit änderen Worten, ganz
daffelbe wie die republikanischen Blätter, welche mit einem
Straßenaufstand drohen, weun eine monarchische Kammermehrheit
die Republik abschaffen wollte. Derlei Drohungen verrathen
offenbar auch die Besorgnisse derjenigen, die sie ausstoßen.

4- Paris, 4. Aug. Der französische Kriegsmimster
Boulanger hat nachträglich die Autorschaft der von
den monarchistischen Blättern veröffentlichten Briefc an
den Herzog von Aumale zugestanden. Dcrselbe er-
klärte in einem Schrciben an Limbourg, durch welchen
bekanntlich die Briefe .Boulangers an den Herzog von
Aumale den Journalen mitgetheilt wurden, er erkenne
die drei letzten von den Journalen veröffcntlichten Briefe
als von ihm herrührend an. Boulanger sagt ferner in
hem Müreiben. als er „durch die Konspiration der Prin-
tärischen Vorgesetzten und der Repüblik zü wähken," ^)
sei er der Republik treu geblieben und habe das Gesetz,
uachdem daffelbe beschloffen gewesen sei, ausführen lasien.
Wenn die Freunde des Herzogs von Aumale jemals von
Worten zu Thaten übergehcn sollten, werde er cinfach
seine Pflicht thun, aber er werde sie thun mit der größ-
ten Energie.

Der Mann hatte schon 1880 zwischcn seinen früheren
militärischen Vorgesctzten und der Republik gewählt: als
von dcm Erstercn, durch dessen Empfehlung er be-
fördert worden war, Nichts mehr zu erwarten war, schloß
er sich den republikanischen Strebern an, um dann als
ein undankbarer und gehässiger Verfolger das Meiste
dazu beizutragen, es geradezu zu provoziren, daß sein
Wohlthäter aus den ArmeoUsten gestrichen wurde, ob-
wohl derselbe sich doch direkt gar Nichts hatte zu schulden
kommen lassen. Das war gemein von diesem radikalen
Armeegaskogner, dumm war es dann von ihm, auf der
Tribüne des Abgeordnetcnhauses, an feierlichster
Stelle also, zu leugnen, daß er seine Beförderung zum
General dem ausgewiesenen Herzog von Aumale nicht
nur verdankt, sondern daß er Letzteren sogar um seine
Protektion gebeten hatte. Das ist durch die Vcröffent-
lichung der Bricfe Boulangers jetzt thatsächlich fest-
gestellt. Während nur noch wenige charakterloseBlätter
Boulanger vertheidigen, und dieser noch einige einfältige
Bcrtheidigungsversuche verbricht, scheint sein Schicksal doch

St. Tlrlvator.

(Bergl. das Gedicht St. Salvator im ,Echo der Gcgcnwart' vom
31. August 1882, II. Blatt.)

II.

Das Kirchlein war zerfallen
Durch wilder Zeiten Fluth,

Und in den öden Hallen
Wühlt' wilden Wetters Wuth.

Da hub in Trauertönen
Zu klagen an mein Lied,

Ünd flehend es den Söhnen
Der frommen Väter rieth:

„Laßt Lauheit euch nicht rauben
„Dies Denkmal großer Zeit!

„Erbaut's mit altem Glauben
„Zu neuer Herrlichkeit!"

Der Väter Glaube lebet
Noch in den Söhnen fort;

Denn aus den Trümmern hebet
Jehovas Zelt fich dort.

Wenn Judas Weiber weinten,

Daß sich im Heiligthum,

Dem neuen, nicht vereinten
Des alten Glanz und Ruhm:

Dann mag in frohen Weiscn
Ertönen heut' mein Sang,

Dann muß das Werk ich preisen
Mit Fcstesjubelklang.

Ob reich auch einst erglänzte
Der Tempel alter Zeit
Und stetig sich ergänztc
Mit neuer Herrlichkeit:

So steht cr nun erhoben
Boll nie geahntem Glanz,

Jn Frührothsschein umwoben
Von güldnem Strahlenkranz.

Die stummen Steine künden
DeS Glaubens Liebesgluth,

Die in der Seele Gründen
Birgt solchen Opfermuth.

Siehst du zum Himmel ragen
Des Thurmes stolzes Haupt?

Zum Himmel möcht' es tragen
Dein Hcrz, daS liebt und glaubt.

Hoch in den Wolkenauen
Ein strahlend Kreuz sich flicht,

Zu dem du auf magst schauen,

Wenn Hoffnung dir gebricht.

Nun horch! Die Glocken klingcn
Mit silberhellem Klang.

Nun horch! Die Sänger singen
Mit glaubcnsvollem Sang.

Hinauf laß drum uns wallcn
Zum heil'gen Berge dort,

Ünd bcten in den Hallen
Am hehren Gnadenort:

O Gott, der drüben thronet
Jn Himmels Hcrrlichkeit!

Der hier verborgen wohnct
Zum Heil der Christcnheit!

Du bringst der Wclt Gencsung
Aus tiesster Seelennoth!

Du bringst der Welt Erlösung
Aus tiefstem Seelentod!

Halt' schützend deine Hände
Ob Aachens schönem Gau!

Des Segens Fülle spende
Den Kindern dieser Au!

8slvator munäi! Heile
Des Leib's, der Seele Noth!

8slvator muucki! Theile
Uns zu des Lebens Brod!

Und neigt am End' der Tage
Der Leib sich hin zur Ruh',

Die Seele aufwärts trage,

Des Himmels Hallen zu!

Aachen, am Feste der Einsegnung von St. Salvator 1886.

k. Llx.

schon besiegelt zu sein. Getroffen von der Verachtung
aller anständigen Leute, soll er seinen Amtsgenossen
mitgetheilt haben, er sei bereit, zurückzutreten; vor der
Rückkchr Freycinets nach Paris wird indeß Nichts ent-
schieden.

GrofMitamrierr.

^ Londorr, 4. August. Zwei Arbeiterhaufen
durchzogen heute lärmend die Straßen von Belfast.
Die Polizei versuchte die Ruhestörer zu vertreiben, wurde
aber mit Steinwürfcn empfangen, worauf sie von den
Schußwaffen Gebrauch machte. Viele Pcrsvnen wurden
verwundet, jedoch nur 3 tödlich.

Tirrkei.

* Korrstantirropel, 3. August. Die ,Frankfurter
Ztg.' bringt aus „indirektcr" Quclle nachstehende sensa-
tionelle Meldung: Am vergangencn Sonntag wartete ein
Jndividuum in Stambul auf den Großwessier, als
dieser auf die Pforte fuhr, und gab drei Revolver-
schüsse auf ihn ab, die jedoch alle fehlten. Der Diener
sprang vom Bocke und hielt den Attentäter fest, — einen
Flüchtling aus Ostrumelien, der hier das Uhrmachergc-
Werbe betrieb und außer sich war, daß cin Prozeß, den
er hier seit zwei Jahreu angestrengt, kein Ende nahm.
Jm Mdizkiosk war anfänglich große Aufrcgung, die sich
legte, sobald bckannt wnrde, daß kein politisches Motiv
der That zu Grunde lag. Die hiesigen Blättcr dürften
aber den Fall nicht berichten.

Der Attentäter ein Türke gab im Berhör an,
durch Ungcrechtigkeit sein ganzes Vermögen vcrloren zu
haben. Da die Bersuche, beim Justizminister Abhülfe zu
erlangen, crfolglos geblieben wären, so hätte
er auf den Großvessier geschossen, um des
Sultans Aufmerksamkeit wachzurufen. Sein Weib liege
auf dem Todtenbette und er, ein 66jähriger, sei ein
unglücklicher Bettler, daher sei es sein Wunsch, sich für das
allgemeine Wohl zu opfern. Die Geheimpvlizei berichtete
an den Sultan, welcher sich gestern den Attentäter vor-
führen ließ. Beim Hof und in Beamtenkrcisen herrscht
Aufregung und Gerüchtc von Ministerwechsel.

Von der heidelberger Zubiläumsfeier.

Heidelberg, 4. Aiigust. lleber dic offiziello Eröffnunqs-
feier in dcr Universitätsanla habcn wir bereits berichtet. Bei
dem Bcrlaffen der Üniversität wurden die Fürstlichkciten mit be-
geisterten Huldigungen bcgrüßt. Bei dem Prorektor fand Nach-
inittags ein Festmahl statt, an welchem die Minister Goßler
nnd Nokk sowie der päpstliche Gesandte, viele offizielle Perjön-
lichkeiten und Ehrengäste Theil nahmen.

Am Dinstag hat nun ein Hauptanziehungspunkt der Feier
das Schlvhsest, bei kühlem, aber klarem Wetter stattgefunden
und ist äußerst glänzend verlanfen. Tansende von zum Theil
sarbigen Lampions zeigten dic Architektnr dcs Schlosses, welches
anßerdem noch mit elektrischcm und bengalischcm Lichle erleuchtct
wurde. Gegen 7000 Personen waren im Schloßhof, auf dem
Balkon und in dem Garten anwesend. Der Staat hatte die
Bewirthung der Gäste übernommen. Um 8 Uhr crschienen der
Großherzogniid die Großherzogin, der Kronprinz sowie die Prinzen
Ludwig und Karl. Jn dem sogenannten Landhauje, welches mit
Gobclins prachtvoll geschmückt war, hatten sich die Ehrcugäste,
die Delegirten, sowie die Prosessoren der heidelberger Universiiät
fakultälsweise versammelt. Die Dckane stcllten dic Herren ihrer
Gruppen den höchsten Herrschaften vor. Der Großherzog uud
der Kronprinz unterhielten sich freundlich mit dcn Änwesenden,
dic französischen Delegirten wurden von allen Herrschasten in cine
längere Ünterhaltung gezogen. Dic Präsidenten sämmtlichcr
studentischen Verbindungen wurden dem Kronprinzen vorgestellt.
Die Frau Großherzogin ließ sich' die Gemahlinnen sämmtlicher
Vorstcllen. Um 10 Uhr^,,vcrttcßen die Herrschchte^
Fest selbst fand erst'in"späker^Nacht sein Ende.

Am Mittwoch, also hente früh, um 9 Uhr, begaben sich der
Senat, die Prosessoren, die fremdcn Gäste und die Studenten-
schaft in feierlichem Zuge unter Vorantritt cincs Mnsikkorps und
dcs neuen Univcrsitätsbanners nach dcr Heiligcngeistlirche, wo
der Kronprinz, der Großherzog und die Großherzogin um halb
10 Uhr untcr dcn begcisterten Hochrusen vor dem Baldachin des
Portals anfuhren. Bei ihrem Eintritt in die Kirche stimmte der
Chor das Halleluja von Haendel an. Von der Kanzel herab
hielt alsdann der Gehcimrath Kuno Fischer die Festrcde.

Jn derselben lieferte er einen Ucberölick über die politischen
und kulturgeschichtlichen Verhältniffe, unter denen sich die Universi-
tät von ihrer Gründung bis zu ihrcr heutigen Blüihe entwickelt
hat, hier und da auch feinsinnige Charakteristiken berühmter
llniversitätslehrer einstreueiid. Durch die ungebürliche Länge
seiner Ausführungen, welche mehr als zwei Stunden inAn-
spruch nahmen, stellte er die Geduld des äußerst zahlrcichen
Äuditoriums auf einc harte Probe. Dcr Chor aus dem Lob-
gesang von Mendelssohn: „Alles, was Odem hat, lobe den
Herrn", schloß die Feier.

* Karlsruhe, 4. Aug. Es ist doch übcr allcs Maaß
skandalöS, in welcher Wcise die „liberale" Presse gleich zu
fruktifiziren sucht, was dcr Papst spricht und waS er thut. Zur
Theilnahme an der Jubelfeier der heidelberger Universität cin-
gcladen, hat er bekanntlich einen eigcncn Vertrcter dahin gesandt.
Nun wird von „liberaler" Seite der Versuch gemacht, auch das
wieder gegen das Centrum auszubeuten! Der „ausgeprägt
protestantische" und „kulturkämpferische" Geist, der an
der Universität hcrrscht, wird besonders hervorgehobcn und
dann — so von der .Köln. Ztg.' — die Autheiluahme des hcil.
Batcrs so gedeutct, als ob cr diesem drcifachen Geistc Entgegen-
kommen zeigen wolle! Eine gröbere Taktlojigkeit, schreibt
mit Recht der ,Bad. Beobachter', läßt sich kaum denken, und

Neu verjüngt im Fcstgewande
Drobcn die Kapelle steht;

Und ein Rus in Stadt und Lande
Lieblich durch dic Lüfte weht:

„Nach Salvator laßt uns gehen,
Schauen Aachens Zier und Ruhm;

Dort, wie auf des Tabors Höhen,

Weilt der Herr im Heiligthum."

Die Kapelle einst erbaute
Kaiser LudwigH Karols Sohn.

Mit dem Opfer man betraute
Mönche bci dem Gnadcnthron.

Kaiser Ottoch gab zur Hürde
Sie den Frau,n Sankt Benedikt,

Die der strengen Regel Bürde
Trngen wie von Gott geschickt.

Später zogen jene Nonnen

Unter Bischof Engelbertch

Hin nach Burtscheids warmcn Broiincn,

Zur Abtei, zum ncuen Herd.

Doch es floß die SegenSquelle:

„Sankt Salvator", fort und fort,

Bis der Gnadenborn, der helle,

Jüngst versiegt am heil'gen Ort! . . .

Die Kapclle war verfallcn,

Und der Opfertisch stand leer,

Ja, desTempels heil'ge Hallen,

Waren nur Ruinen mehr;

Selbst der Glocke „L.vs"-Klänge,

Riesen nicht mehr zum Gebet,

Und der Pilger Bittgesänge
Ach! dic waren längst verweh't!

Doch des Kaisers Geist, des „Frommen",
Wachte auf im Rath der Stadt,

Wo ein Männerpaar ch gekommen,

Das zum Ban' begeistert hat.

H Kaiser Ludwig der Fromme, f 840.
ch Kaiser Otto III., f 1002.

Skt. Engelbert, Erzbischof von Köln, fi 1225.

H Justizrath Beling und Rechtsanwalt Pelzer, jetzigcr
Oberbürgermeister der Stadt, in der Sitzung der Stadtverordneten
am 10. Nov. 1878.

können wir nicht annehmeu, daß solche Leistungen in den Krcisen
Anklang finden, die bei dieser Gelegenheit vor Allem iu Betracht
kommen. Man kann aber auch daraus wieder erschen, wie
schwer, ja unmöglich es gewissen Elementen ist, auch bei den
feierlichsten Anläffen ihre kleinlichen und gehässigen Sondcr-
bestrebungen zu verbergen.

Telegramrn des ,Echo der Gegenwart^.
Heidelberg, 5. August. Jn seincm Toaste aus
den Großherzog Friedrich sagte der deutsche Kronprinz
beim Festmahle im Museum: die Stätte, auf der ich
stehe, erleichtert mir die Aufgabe, den Ausdruck für
meine Gefühle zu finden, weil auf der hiesigen Hoch-
schule seit langer Zeit die Stämme Deutschlands durch
ihre Söhne, die hicr ihre Bildung empfiugen, ein geistigcs
Band schufen, wclches für die Zukunft bedeutungsvoll
werden sollte. Der Geist, welcher sich von hier aus
verbreitete, war im eigentlichen Sinne in der Person dcs
Großherzogs verkörpert. Mcin Haus bleibt den dentschen
Fürsten zu immerwährendem Danke verpflichtet, Weil die-
selben einst durch einen Mund, der nun leider für immer
geschlossen ist, diescm meinem Hause die deutsche Kaiser-
würde antrugen. Aber mit tiefer Rührung gedenke ich
dcs erlauchten Fürsten, der jenes Wort zum ersten
lebendigen Ausdruck brachte. Der Großherzog lebe hoch!

Gerichtszeitung.

* Freiberg (in Sachsen), 4. Aug. Jn dem Pro-
zesse gegcn die Reichstagsabgeordneten v. Vollmar,
Bebel uud Genossen wegen Theilnahme an einer
„gcheimcn" Verbindung wurden Bebel, Auer, von
Bollmar, Viereck, Frohme und Ulbrich zu je neun Mo-
naten, Müller, Heinzel und Dietz zu je sechs Mo-
naten Gcfängniß und zur Tragung der Kosten ver-
urtheilt.

Der Gerichtshof nahm in seinen Erwägungen an,
daß die systematische Verbreitung des züricher ,Socialde-
mokraten' zweifellos auf eine Verbindung im Sinne der
Anklage schließen lasse. Durch die Theilnahme an dem
wydcner und kopenhagener Kongreß, wie durch
Auslassungen und Erklärungen, welche die Angeklagten
machten, sei deren Theilnahme an der Verbindung er-
wiesen. Der Begriff einer Verbindung erfordere nicht
ausdrückliche Bcitrittserklärung; auch Handlungeu
und Unterordnung des Einzelnen unter den Gesammt-
willen erfüllten den Begriff einer Verbindung. Die Ver-
lesung der Gründe dauerte eine Stunde.

Lokalnachrichten.

Nacherr, 5. August.

* Bezüglich der Benediktton der Salvatorkirche, welche
morgen Herr Dcchant Dr. Dubelman untcr Assistenz deSHerrn
Geheimkämmerers Pastor Real sowie andercr geistlicher Herren
vornehmen wird, verweisen wir aus den Festkalender.

* Mit der Telephonverbindung Aachen-Düren-Kotn

scheint es nun doch vorläufig Nichis zu sein, da, wie wir
mittheilten, die Postverwaltung seitens der Jnteressenten eine
jährliche Einnahme von 5800 Mark auf fünf Jahre garantirt
haben will. Zu einer solchen Garantie wcrden sich jedoch nnr
Wenige bereit findcn. ,

sk. Wiffcnschaftliche Exknrsion des „Berems sur Kunde
der aachcnec Borzcit". Das war ein herrlichsr, lchr- und gc-
nußreichcr Nachmittag! so lautete das einstimmige Urtheil allcr
Thciliiehmer an dcr zweiten diesjährigen wissenschastlichen Ex-
kursion, wclche dcr strebsame Verein sür Kunde der aachener
Vorzeit, Mittwoch den 4. August veranstaltetc. Mehr als cin
Dutzcnd Mitglieder hatten sich gegen 12 Uhr im Stationsgebäude
der rheinischen Bahn eingefunden, um sich zunächst mit dcr
Eifelbahn nach Walhcim besördern zu lassen. An Statwn
K-»-n<limünster crwartete bereits Herr Dr. Scheen die Geschichts-
srennoe, um l^nen von hler. un während dov ganzen Tour nüt
seincr genauen Orts- und GeschichtskenMmß des schönen Münster-
ländchcns zur Hand zu gehen, wofür dem verehrten Herrn auch
an dieser Stelle noch einmal der wärmste Dank ausgesprochen
sein soll. Von dcm reizcnd gclegensn Walheim mit seiner weit-
hin sichtbaren schönen gothischen Pfarrkirche ging es zu der alten
Römcrruine, im Volktmunde die Maiburg genannt, die in der
Nähe desOrtesFriesenrath gelegen ist. Nur mit allergrößter Mühe
war es möglich, sich duich das dichte, an amerikanische Urwälder
erinncrnde Gestrüpp cinen Weg zu den spärlich bloßgelegten
Restcn dcs ehemaligen römischen Wachtthurmes zu bahnen, und
nicht viel weniger dornenvoll war der Rückweg, der aber schließ-
lich auf cinen freicn Waldplatz auslief, auf dcm ein mit unaus-
hörlich sprudelndeni Humor gewürztes Dejeuner improvisirt wurdc,
das rasch alle überstandenen Anstrengungen oergessen licß. Bon
hier begab sich die Gesellschaft neugestärkt unter steter Besichtt-
gung der herrlichen Landschastsbilder dortiger Gegend zum wal-
heinier Bahnhof zurück, von wo der bald nntreffende malmedyer
Zug sie nach Korneliniünster entführte. Nachdem auf dem hinter
der einstigen Gangolfskapelle gclegencn Aussichtsplatze kurze Rast
gemacht worden, begann, da mittlerweile dic vierte Stunde ge-
schlagcn, die Magenfrage brennend zu werden, weßhalb denn
auf dcm nächsten Wege das Hotel Enionts aufgesucht wurd-.
Speisen nnd Wcine waren ausgezcichnst und HSchst preiSwürdig
wie dies ja auch von der renomirten „Post" zu erwarten war.
Gegcn 5^/2 Uhr wurde die gastliche Post verlassen, um die
Abteikirche nnd sonstige Sehenswürdigketten Kornelimünsters in
Augenschcin zu nehmen. Jn der Abtei, jetzigen Pfarrkirche,
stand bcreits der Küstcr bereit, um den wissensdurstigcn Jüngern
Klios Kistcn und Kastcn zu öffnen. Die Abtei Kornclymünster
hat bekanntlich Lndwig der Fromme errichtet und den hl. Bene-
dikt v. Aniane, jeinen bewährten Rathgeber als ersten Abt der-
selben vorgesetzt. Vor dieser Zeit aber bestand hier bereits ein

Rasch erhoben sich die Hallen,

Thürme stiegen in dic Höh'n.

Hört, den Osterruf erschallen:

Mensch, auch Du sollst aufersteh'n!

Dort an jcner heil'gen Wachte,s
Wo vor mehr als tausend Jahr,

Man dem Ew'gen Opser brachte,j
Steh't der Priester am Altar:

Bringt geheimnißvoller Weise
Wieder dar das Opferlamm,

Das sich selbst uns gibt zur Speise,

Das cinst starb ain Kreuzesstamm.

Vor dem Lamme kniecn nieder
Pilger, die von nah und sern,

Kamen wie vor Jahren wieder,

Anzubeten Gott den Herrn;

Bitlend fleh'n in Noth und Schmerzen
Sie den Welterlöser an,

Und bcim heiligsten der Herzen,

Finden Trost und Hülfe dann. —

Amcn tönt's! Mit Segensdüsten
Zieht das Volk vom hcil'gen Ort;

Doch der Ruf schallt in den Lüften,

Schallt im Herzen immerfort:

„Nach Salvator laßt uns gehen,

Schauen Aachens Zier und Ruhm;

Dort, wie auf dcs Tabors Höhen,

Weilt der Herr im Hciligthum."

Aachcn, am Feste der Verklärung Jcsu, den 6. Aug. 1886.

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