Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Dinstag, 10. Allgnst. — ZweiteL Mut.

Aachcn 1888. — Re. 181

Chefredaktmr: Hubert Jmmelen.
Verantwortlicher Vedalteur: Hitmar Heinrich Beissel.

Telegrammadreffe r Echo, Aachen. — Telephonanschlutz Nr. 68.

Berlag von P. Kaatzer in Aachen.
Druck von He mann Kaatzer in Aachen.

Das ,Echo der Gegenwart', eingetragen im Post-Zeitungs-Prciskurant unter Nr. 1601, erscheint, Montags ausgenommen,

täglich zweimal. Preis bei allen Postämtern des deutschen Reiches, Oesterreich-Ungarn und Luxemburg nur 4 Mark. Extra-
Abonncment auf die Sonntagsnummer, eingetragen im Post-Zcitungs-Preiskurant unter Nr. 1602, vierteljährlich 75 Pfg.

Anzeigen finden durch das ,Echo der Gegenwart', dessen Verbreitung von keinem and ren hiesigen Blatte erreicht wird,
im ganzen Regierungsbezirk Aachen die wciteste und ersolgreichste Verbreitung. Die Gebüren vetragen 15 Pfg. vro Zeile. Alle
Annoncenexpeditionen des Jn- und Auslandes nehmen Anzeigen für das ,Echo' an.

* Zur kirchenpolitischen Lage

erhält die Mederrh. Volksztg/ von hochgestellter geist-
licher Seite folgende Zuschrift, welche hin und wieder zur
Warnung dienen möge:

„Einen höchst beherzigenswerthen Artikel brachteJhre
geschätzte Zeitung über die Bedeutung der Anzeige-
Pficht. Die ,Köln. Bolksztg/, welche den Ausführungen
im Allgemeinen beipflichtete, glaubte doch beifügen zu
müssen, daß dieselben etwas Pessimistisch angehaucht seien.
Wir meincn im Gegentheil, daß Sie den Nagel auf drn
Kopf getroffen haben und eher zu wenig als zu viel
sagen. Fürst Bismarck kann mit seiner Errungenschaft
wohl zufrieden sein. Sie sichert dem Staate einen
Einfluß auf dcn Klerus, gegen den auch die beste
Erziehung nicht aufkommen wird.

Jm Grvßen und Ganzen werden die Geistlichen, auch
die in ganz kirchlichem Geiste herangebildeten, von ihrem
Eintritt in die Seelsorge an sich in Acht nehmen, etwas
zu thuen, wodurch sie nicht allein bei der Staatsregierung
etwa mißliebig werden, soudern vielleicht selbst bei der
geistlichen Behörde Anstoß geben könnten.

Wir reden aus Erfahrung, wenn wir sagen, daß die
Uebung der Anzeigepflicht schon jetzt in ihrem Beginne
recht entmuthigend uud nachtheilig auf die Geistlichkeit
gewirkt hat. Welche Garantieen sind uns dann für eine
echt kirchliche Erziehung gegeben? Wie, wenn der Studien-
plan, welcher nach dem neuen Kirchengesetz der Staats-
regierung vorzulegen ist, nach dem Muster des maigesctz-
lichen Lehrplanes, wie das im vorigen Jahre in einer
Diözese versucht wurde, eingerichtet wird?

Ferner: Ein großer Theil der Theologen macht seine
Studien au den Universitäten bei Professoren, die nur von
der Staatsregierung angestellt sind. Alle Profefforen
an den Priesterseminarien aber müsseu nach dem neuen
Gesetze ihre Befähigung zum Lehramte an deutschen
Universitäten erlangt haben.

Solche, die auswärts, vornehmlich in Rom, ihre
Studien gemacht haben, sind ausgeschlvssen. Etwa,
weil es ihnen an der erforderlichen Befähignng fehlt?
Gegen die Jesuiten, Welche den theologischen Unterricht
iu Rom, huuptsächlich den Deutschen, ertheilen, sind schon
allc niöglichen Verläumdnngen geschleudert worden: aber
daß es ihncn an Wissenschaft mangele, hat man
ihnen noch nicht zum Vorwurf gemacht. Dazu kommt,
daß diejenigen, welche bei den Jesuiten für das Lehrfach
ausgebildet wcrden, in Philosophie und Theologie einen
Kursus von sieben Jahren durchzumachen haben. Man-
gel an wissenschaftlicher Bildung kann also nnmöglich der
Grund sein, weßhalb jenen Herren die Lehrstühle an
den bischöflichen Priesterseminarien versperrt sind.

Die Ursache muß auderswo liegeu und kann keine
andere scin, als die Furcht, daß am Centrum der
Kirche gebildete Theologen „zu kirchlich" ge-
sinnt sind.

Bei allem Respekt, den wir vor den katholischen
Professoren der deutschen Universitäten habcn, sei uns
doch die Frage gestattet: wo hat die Sekte dcr „Alt-
katholikcn" ihren Aufang genommen? —

Wie verderblich endlich die Folgeu sind, wenn bei
Verleihung kirchlicher Stellen der Staat den Ansschlag
zu geben hat, sehen wir an Beispielen recht drastisch in
jenen Ländern, wo demselben das Patronatsrecht in
größerem Umfange zusteht. Und doch gibt es dort noch
viele Stellen, die der Bischof selbstständig vergibt.

Gott bewahre uns vor einer Korruption,
wie wir sie dort zu Tage treten sehen.

Allein wir fürchten, der Protestantismus steckt sein
Ziel weiter.

Möge Gott seiner Kirche beistehen!"

Dmtsches Reich.

8 Berlin, 8. August. Dcr nationallibcralen,Mag-
deburger Ztg.' wird von hier gemeldet, daß die bevor-
stehende Bischofskonferenz in Fulda sich haupt-
sächlich mit der Frage beschäftigen werde: wie eine m ö g-
lichst einheitliche Einrichtung der Kouvikte und
Seminarien herbeizuführen sei? Der Korrespondent des
„liberalen" Blattes räth natürlich nach dem Sachver-
halte, wenn er also schreibt. An sich ist es ja nicht un-
wahrscheinlich, daß auch diese Frage auf der Konferenz
zur Besprechung gelangt, nachdem in der letzten kirchen-
politschen Novelle bezüglich der kirchlichen Semina-
rien und Konvikte neue andere Bestimmungen getroffen
Worden sind. Jn Artikel 2 dieser Novelle wird nämlich
zur Wiedereröffnung und Fortführung der kirchlichen Se-
minarien, welche für das theologische Studium bis
zum Jahre 1873 bestanden haben, die Mittheilung der
Statuten und des Lehrplans verlangt, welch' letzterer
dem Universitätslehrplan gleichartig zu gestalten ist. Be-
treffs der Konvikte für Zöglinge, welche Gymuasien,
Universitäten und kirchliche Seminare besuchen, sowie be-
treffs der Priesterseminare ist nur die Einreichuug
der Statuten und der Hausordnung sowie die Mitthei-
lung der Namen der Leiter und Lehrer vorgeschriebcn.

Die ,Magd. Ztgü ließ sich im Anschluß an jene
Behauptung uoch Folgendes schreiben: „Wenn es ferner
heißt, daß sie auch zu der Frage Stellung nehmen wür-
den, in welcher Weise gegen Ausschreitungen (!) der
katholischen Presse, soweit sie vou Geistlichen geleitet
wird, vorgegangen werden solle, so hat man es offenbar
uur mit einer Vermuthung zu thun."

Diese Vorsicht, bemerkt dazu die ,Köln. Volksztg.', ist
weise. Da aber die Vermuthung nun ein Mal ausge-
sprochen worden ist, wollen wir sie durch die weitere
Bermuthung ergänzen, daß die Bischofskonferenz eine Re-
solution gegen die hetzerischcn Ausschreitungen
und die gelegentlichen aufdringlichen „Liebens-
würdigkeiten" nationalliberaler Blätter be-
schließen werde.

MÜNchen, 7. August. Das Ministerium Lutz
und die „liberale" Presse bieten Alles auf, um jedes

Rütteln an der „vollkommenen Befriedigung der
höchsten kirchlichen katholischen Autorität mit der Lage
der katholischen Kirche in Bayern" unmöglich zu machen.
Die Herren Minister haben zu diesem Behufe ihre Str a f-
anträge in Bereitschaft und die „liberale" Presse, voran
die hiesigen ,Neuesten Nachrichten', wissen jeder Zweifels-
äußerung sofort eine Deutung zu unterschieben, durch
welche dieselbe als gegen die Person des Prinzregenten
gerichtet, dargestellt wird. Das hiesige,Fremdenblatll wollte
trotz des offiziösen Dementis die jüngste Meldung des
reuterschen Telegraphenbureaus bezüglich des Hand-
schreibens des Prinzregenten an den hl. Vater nicht ohne
Weiteres preisgeben und erlaubte sich nur die Bemerkung,
daß Behauptung gegen Behauptung stehe; im Hand-
umdrehen haben die ,Neuesten' den Vorwurf fertig, daß
die Dementirung nur im Einverständnisse mit dem Prinz-
regenten erfolgt fein könne, und daß deßhalb das,Frem-
denblatt' direkt die Wehrhaftigkeit des Prinzregenten an-
zweifle! Das ist ein echt „liberales" Fechterkunst-
stückchen. Gegenüber diesen geradezu Perfiden Mannövern
wird, Wenn eine gewisse Kluft nicht noch erweitert werden
soll, den katholischen Blättern in Bayern in der That
bald Nichts mehr erübrigen, als in aller Geduld abzn-
warten, ob und wann die Reserve aufhören wird, die
man hier und in Rom zur Zeit noch beobachtet. Vielleicht
muß dies eher geschehen, als es dem Ministerium und
den „Liberalen" lieb ist. Wenn nicht alle Anzeichen
trügen, vermerkt man es den Bischöfen übel, daß sie
nicht mit einer von dcm Hauptorgan des Herrn von
Lutz, der hiesigen .Allgemeinen Ztg.', in Aussicht ge-
stellten !„Kundgebung" der bayerisch-patriotischen Partei
und Presse, das von Lutz und Genossen gewünschte
„gnog sgo" zugerufen haben! Die ,Neuesten Nachrichten'
scheinen bereits zu präludiren, indem sie der von dem
hiesigen Herrn Erzbischofe auf seiner Firmungsreise
abgegebenen Erklärung, daß die Behauptung der,Allgem.
Ztg.', er habe seine vollkommene Befriedigung über das
Wohlwollen ausgesprochen, welches das gegenwärtige Ka-
binet den Katholiken entgegenbringt, nicht richtig sei,
folgende Auslaffung entgegenstelleu:

„Wir sind dem gegenüber in der Lage, auf das Bestimmteste
versichern zu können, daß der Herr Erzbischof des Oefteren Kloster-
leuten und Weltgeistlichen gegenüber Aeußerungen gemacht hat,
welche die Behauptung der ,Allg. Ztg.' vollkommen decken. Jn
Bauerb erg, wo der Erzbischof gerne weilt, dann in Nymphen-
burg, hat der münchener Oberhirte sich günstig über das Mini-
stcrium Lutz ausgesprochcn."

Wenn damit ctwa die Wahrhaftigkeit des Herrn Erz-
bischofs direkt in Zweifel gestellt werden sollte, so wird
dieser Versuch an dem Vertrauen der Katholiken zu
ihrem Oberhirten vorerst um so mehr scheitern, als die
Nonnen in Bauerberg und Nymphenburg die Aeußerungeu
des Herrn Erzbischofs kaum der ,Allg. Ztg.' oder den
,Neuesten Nachrichten' nicht mitgetheilt haben werden.
Die münchener ,Neuesten' flunkern aber in dreister Weise.
Auch ist die Glaubwürdigkeit unseres Erzbischofs über
diejenigen etwaigen Schuüffler und Zuträger thurmhoch
erhaben. Soll mit jenen falschen Behauptungen der
.Neuesten Nachrichten' lediglich die uuzufriedene Stimmung
zum Ausdrucke kommeu, die jetzi in gewissen Kreisen gegen
unsere Bischöfe besteht, so erblicken wir darin ein erfreu-
liches Symptom für die Besserung unserer Verhältnisse,
die sich bei den nächsten Wahlen geltend machen wird!

Dem „liberalen" Rektor Eck am alten Gymnasium
in Regensburg, der die an seiner Anstalt bestandene
Hsolvis. nud ihr Kueiporgan wührend des letzten
Landtages so heroisch gegen den Abg.Ma lter vertheidigt
nnd sogar eine Untersuchung eingeleitet hatte, um zu er-
mitteln, wer seine „braven" Studentcn an den genannten
Abgeordneteu verrathen hat, wurde in der Nacht vom
1. auf 2. dss. angeblich von dimittirten Studenten durch
eine solenne Katzenmusik und durch eine Rede, in
welcher er uud seine ganze Familie verflucht wurden, der
gebürende „Dank" der „Gutedel", die seine Zucht ge-
nossen respektive nicht genoffen hatten, abgestattet.

Frankreich.

st- Paris, 8. Aug. Man behauptet, daß der Prä-
sident der Republik, Grsvy, das Auftreten des Generals
Boulanger entschieden mißbillige; er habe ihm mit-
theilen lassen, er bedauere tief, daß der Geueral die Re-
gierung durch sein unkluges Auftreten in eine so unan-
genehme Lage gebracht habe. Andere dagegen behaupten,
Grsvy stehe zu Boulanger, weil dieser so energisch gegen
die Orlsans auftrete. Wie dem auch sei, sicher ist bcreits,
daß Boulanger im Amte bleibt, denn die Regierung
will besonders wegen der dem Parlament vorliegenden
militärischen Gesetzentwürfe die Verantwortlichkeit für seine
Entlassung nicht übernehmen und der Kammer die Ent-
scheidung überlassen.

Von der heidelberger Jubelseier.

Heidelberg, 7. Augnst. Jm Verlaufe des allge-
gemeinen Studentenkommerses brachte der Prorektor
Bekker einen Trinkspruch auf das Ministerium aus; der Staats-
minister Turban sprach auf die Stände. Der frühere Prorektor
Quincke brachtc in schwungvollen, mit großer Begeisterung auf-
genommenen Worlen das Hoch auf den Reichskanzler Fürsten
v. Bismarck aus. Schließlich ergrifs Professor Treitschke
das Wort, um auf Wunsch des Großherzogs an Stclle des ver-
hindertcn Generals v. Obernitz das Wohl der Studentenschaft
in Wassen auszubringcn.

Aus Anlaß der Jubiläumsfeier hat der deutsche Kaiscr dem
Prorekior Bekker den rothen Adlerorden crster Klasse, dem
Stadtdirektor v. Scherer den rothen Adlerorden dritter Klasse
und dem Oberbürgerweister Dr. Wilckens den Kronenorden
dritter Klasse verliehsn.

Die Jubiläumsfeier fand heute Abend mit der Be-
leuchtung des Schlosses ihren offiziellen Abschluß. Eine große
Menschenmcnge wohnte aus dcm rechten Neckarufer zwischen den
beiden Brücken dem großartigen Schauspiele bei. Die großher-
zogliche Familie sah van einer Privatvilla aus zu und war bei
der Anfahrt und Abfahrt der Gegcnstand der wärmsten Ova-
tionen. Auf dem Wasser hielten die Korpsverbindungen in
kleincn, niit bunten Lampen reich dekorirten Fahrzeugen und
ließen die Korpsfarben zeigende Raketen steigen. Mil den Nacht-
zügen verließen Tansendc von Fremdcn die Stadt.

Zur Badesaison.

* Aus Naffau, 5. August. Um die Mitte des Monats
wird der Prinz von Wales zu mehrwöchigem Aufenthalt in
Homburg eintreffen, während die Prinzeffin in Schwalbach die
Kur brauchen wird.

* Aus Gasteitt wird der ,Freis. Ztg.' gsschrieben: Seit
dem 1. Juni bis jetzt sind etwa 3500 Gäste hier gewesen. Trotz
des regnerischen Wetters sind die Gasthöfe und Privathüuser
übersüllt, insbesondere weilt hier viel österreichischer Adel. Jm
Gefolge des Kaisers Wilhelm befinden sich im Ganzen 57
Personen Von dem Aufenthalt des Kaiscrs merkt das Publikum
hicr sehr wenig. Der Kaiser wohnt bekanntlich im Hotel „Bade-
schloß", welches dem Kaiser von Oesterreich gehört und an einen
Unternehmer verpachtet ist. Das „Badeschloß" ist dreistöckig nnd
hat jeder Stock 7 Fenster in der Front. Jn der Mitte befindet
sich ein Balkon, der vor 3 Fenstern entlang geht. Dieser ist
mit Kränzen geschmückt, in deren Mitte sich der Buchstabe IV.,
in Edelweiß ausgcführt, befindet. Der Kaiser benutzt die erste
Etage. Das Eckzimmer rechts ist sein Speisesaal, links sein
Arbeitszimmer. Letzteres Zimmer hat zwei Fenstcr, und erschcint
der Kaiser dort im Laufe des Bormittags und des Nachmittags
schr oft am Fenster, ähnlich wie am historischeu Eckfenster in
Berlin. Jn den letzten Tagen hat der Kaiser weniger das
Badeschloß verlassen. Freilich hat es seit Ende Juni sast tag-
täglich geregnet. Das „Badeschloß" liegt auf einer Anhöhe.
Vor den Thüren desselben kann man diniren. Der Kaiscr spricht
oft in seiner Leutseligkeit die dort speisenden Personen an. Vis-
ä-vis vom „Badeschloß" ist Hotel „Straubinger", wo Minister
v. Bötticher und Fürst Hohcnlohe wohnen. Der Kaiser ist in
seiner Anspruchslosigkcit in Gastein sehr beliebt. Oft besuchte er
das „Cafö zur schwarzcn Liesl". Die Besitzerin desselben soll
sein Bildniß mit einer Unterschrift versehen, besitzen. Engländer
haben ihr schon viel Geld dafür geboten, jedoch ist es nicht
käuflich. Die Besitzerin war neulich in Berlin und hat sosort
Audienz erhalten, als sie sich anmelden ließ als „das schwarze
Liesl aus Gastein".

* Aus Blattkenbergye, 5. Aug., wird der ,Köln. Bztg.'

geschrieben: „Unser aus Deutschland, insbesonderc aus der Rhein-
provinz und speziell von Aachcnern und Kölnern stark be-
fuchtes Nordseebad macht eine Matamorphose durch, welche dem-
selben sicherlich nicht zum Vortheil gereichen wird. Bei der hie-
sigen dem seichten Liberalismus huldigcnden Stadtverwaltung
waltet augcnscheinlich das Bestreben ob, aus Blankenberghe ein
zweites Ostende zu machen. Ein ungeheueres neues Kurhaus
im Barockstil ist errichtet und k la Makart ausgemalt. Für
zwei Frcs. kann man sich's ein Mal ansehen. Die Fremden
werden natürlich den Offenbarungen des kommunaleii Größen-
wahns cntsprechend gebrüchtet. Die Badekarten sind theurer ge-
worden, und wer cincn Freund abholen o der zur Bahn bringen
will, muß sür das Betreten des Perrons einen Zoll von zehn
Centimes bezahlen. Konzerte gibts natürlich in dcm ncuen Kur-
saal in Hülle und Fülle. Als wenn die Leute an die See gin-
gen, um Musik zu hören, und als wenn man das daheim nicht
viel besser haben könnte! Die bevorstehende Eröffnung
dcr direkten Küstenbahn nach Ostcnde wird die Ent-
wickelung Blankenberghes zum Luxnsbad mit Allem,
was drum und dran hängt, nur noch befördern, und
so rückt der Zeitpnnkt näher, wo diejenigen, wclchen es um
ei.ien ruhigcn und behaglichcn Aufenthalt mit einfachcn, soliden
Berhältnissen zu thun ist, d. h. gerade diejenige Kategorie von
Besnchern, welche Blankenberghe in die Höhe gebracht haben,
ihre Zelte anderswo aufschlagen werden. Die Frequenz ist in
diesem Jahre schwächer, namentlich von Belgiern. Als Gründe
hat man die Geschästsflaue und die Besorgniß wcgeu dcs 15.
Augnst (Massenversammlung der Arbeitcr iu Brüffel) angeführt.
Trotz dieser bedrohlichen Anzeichen folgt in den Städtcn eine
Festivität der andern. Jn Antwerpen erblickt der Reisende am
Bahnhof 4—5 Mcter hohe Monstreplakate, in wclchen der Bürger-
meister kund und zu wissen thut, daß die Stadt (ohne jcde be-
sondcre Veranlassung) acht Tage lang alle möglichen Festlichkeiten
vcranstalte. Der Fcstschwindel steht ja leider auch in Deutsch-
land in höchster Blüthe; daß aber die hohe Obrigkeit dabei als
Unternehmerin auftrete, sowcit sind wir glücklicherweise dcnn doch
noch nicht. Jn dem belgischen Jndustriebezirke, namentlich im
Kohlenrevier die traurigsten Erwerbsverhältnisse und daneben die
unsinnigsten Auswüchse der Vergnügungssucht. Das mnß zu
Katastrophen treiben!"__

Zur Arbeiter- und Handwerkerbewegung.

* Költt, 6. Aug. Die hiesige, in frühcren Jahren blühende

Goldleistenfabrikation steht vor ihrem Ruin. Vor Kurzcm
sind aus dm Fabriken dieser Branche bereits 200 Arbeiter ent-
lassen worden, am Montag haben weitcre 120 Mann den Ab-
schied erhalten.. Dazu sind die Löhne schon seit Monaten er-
schreckend niedrig gewesen, mehr als 7 M. pro Woche hat keins r
der in den Goldleistenfabriken beschäftigten Arbeiter verdient.
llnter den jctzt brodlos gewordenen Arbeitcrn befinden sich Leutc,
welche länger dcnn 25 Jahre in ein und derselben Fabrik be-
schästigt waren. ___

Lokalnachrichten.

Aachen, 10. August.

* Laut dem ,Pol. Tag.' wäreein in großartigem Maßstabe
entworfener Umbau des Gebäudes der kaiserlichen Reichsbank
geplant; mit demselben soll begonnen werden, sobald ein Lokal
zur provisorischen Unterbringung der Bureaux gefnnden ist.

L „Co icorvia Die Sammlungcn zur Errichtung eines
würdigen Denkmals für den verstorbenen Dirigenten der „Con-
cordia" Herrn Felix Ackens haben bereits 2100 M. ergeben,
ein erfreuliches Resultat, das sich durch wcitere Gaben voraus-
sichtlich noch erhöhen wird.

* Wie die ,Aachcncr Ztg.' vernimmt, ist dem Wehrverein
„Germania" aus Anlaß dcr am nächsten Sonntag stattfindenden
Enthüllung des neuen Vereinsbanners von der Kaiserin eine
prachtvolle Schleife verliehen worden.

* Aus dem Polizeiberichte. Ein Wirth in der Pet er-
straße schoß in der Nacht vom Freitag auf Samstag seinem
Schwagcr mit dem Revolver einen Finger ab. Wie man an-
nimmt, soll der Schuß gar nicht diesem, sondern dcr Frau des
Wirthes gegolten haben.

Am Sonntag Morgen wurde an der Adalbertskirche nach
der flgll Uhr Mcsse ein vielfach vorbestrafter 68jähriger, be-
rüchtigter Spitzbnbe, von dem Schutzmanu B. festgenommen,
weil derselbe einer älteren Frau das Portemonnaie mit Jnhalt
aus der Taschc stibitzt hatte. — Desgleichen am Sonntag Abend
eine auswärtige Frauensperson wegen Verübung unzüchtiger
Handlungen, durch welche ein öffentlichcs Acrgcrniß erregt wurde.

* Gefttttdenr ein Zimmerschlüffel. Abzuholen Pontstr. 13,
Burean Nr. 12.

Pwvinzielle Nachrichten.

X Bonn, 8. Aug. Dcr hochw. Hcrr Erzbischof hat gestern
Abend nnsere Stadt verlassen. Wir tragen zu unseren bcreits
gemachten Mittheilungen noch Folgcndes nach. Dic am Freitag,
den 6. d. Mts., vcranstaltete Jllumination bildetc einen
würdigen Abschluß der großartigen Festlichkeiten zu Ehren des
hochw. Herrn Erzbijchofs. Dieselbe war eine allgemeiiie; ja sogar
abgeleaene Seitengäßchcn strahlten im hellstcn Lichtschmuck. Von
dcn öffentlichen Gebäuden ragten hervor: der Borromänsverein,
die Post, das Landgcrichtsgebäude und das Rathhaus. Sehr
schön zeigte sich das Gesellenhaus, wo die sämmtlichen Trans-
parente des Fackelzuges angebracht waren. Um 9 Uhr begann
die Rundfahrt des hochw. Herrn in Begleitung der Herren
Dechant Neu, Pfarrer Reinkens und Pfarrverwalter Dr. Hasenäcker,
Eine sehr große Zahl von Wagen, in deren einem wir u. A.
Herrn Oberbürgermeister Doetsch bemerkien, folgte. Bei der An-
kunft des Wagenznges erglänzten die Kirchen im abwechselnden
bengabschen Feucr. Die hochragenden Thürmc der Stiftskirche
und des Münsters zeichncten sich besondcrs schön ani Nacht-
himmel ab. Einen magischen Anblick gewährte die Rheinfronte

der Stadt, welche der hochw. Herr bis zur zweiten Fährgasse
und von dort wieder zurück befuhr. Raketen zischten bei seiner
Ankunft durch die Luft, und bald erstrahlte Beuel in prachtvoller
bengalischer Beleuchtung, deren Widerschein sich im Rheine ab-
spiegclte. Jn der Stadt, welche fortwährend eine große Menschen-
menge durchfluthete, gewährte u. A. der Römerplatz sowie der
aus Lampions bestehende Triumphbogen auf der Sterngasse
einen selten schönen Anblick.

Die Rundsahrt war gegen 10 Uhr beendigt. Bei dem
Eintreffen auf dem Martinsplatz, wo sich das Absteigequartier
des hochwürdigsten Hcrrn befindet, intonirte die Musik daS
„Großer Gott, wir loben Dich", in welches die Menge ein-
stimmte. Der Herr Erzbischof erschien darauf am Fenster und
dankte herzlichst für die Ovation.

Am Samstag Morgen las der Herr Erzbischos um 7 Uhr
im Münster die Messe und hielt eine Ansprache an die ver-
sammelten Kinder. Vocmittags gegen flz 12 Uhr begaben sich
Se. erzbischöflichen Gn den zu Wagen an den Rhein, wo ein
zahlreiches Publikum vwsammelt war, um von dort nach Beuel
überzusetzen. Auf dei neuen Ponte, die an diesem Samstag
Morgen zum ersten M.ile suhr und zu Ehren des hohen Gastes
festlich geschmückt war, wurde der hochw. Herr Erzbischof vom
Vorstande der Fährgesellschaft cmpfangen. Herr Abgeordneter
Hauptmann bcgrüßte den hochw. Herrn mit einer Ansprache,
worin er u. A. darauf hinwies, wie ein Vorgänger des Kirchen-
fürsten, der Erzbischof Heinrich von Köln, im 13. Jahrhundert
der Fährgcsellschaft die ewige Gerechtsame verliehen habe. Am
beueler Ufer erwarteten den hohen Gast zwci Vorreiter, die den
Wagen durch die sestlich mit Ehrenbogen, Fahnen und grünen
Maicn gezierten Straßen zur Kirche geleiteten. Am Eingange
der Kirche begrüßte Herr Rektor Claren den Erschienenen und
bewillkommnete Hochdenselben als würdigen Nachfolger auf dem
Stuhle dcs hl. Maternus und erhoffte Glück und Segen von
seinem Besuche. Der hochw. Herr Erzbischof entgegnete, daß er
mit Freuden in das neue Gotteshaus getreten sei. Es freue
ihn umsomehr, als dasselbe durch sreiwillige Beiträge erbaut
worden sei. Bei dieser Opferwilligkeit würde die schöne Kirche
auch bald in ihrer inneren Ausstattung vollcndet dastehen. Er
wies dann weiter aus den srommen Lebenswandel dcr Schutz-
patronin dcr Kirche hin, welche mit dem hl. Joseph ein würdi-
ges Vorbild für das Familienleben sei. Nachdem der hl. Segen
crtheilt worden, wurde der hohe Gast in die Wohnung des
Herrn Rektors Claren geleitet, von wo Hochderselbe sich um 1
Uhr mit dem Zuge nach Honnef begab. Heute Abend kehrte
Hochderselbe um 6 Uhr 20 Minuten mit dem Trajektzuge hierhin
zurück. Zur Verabschiedung hatte sich das Festkomite und die
Geistlichkeit auf dem Perron eingefunden. Herr Bankdirektor
P eretti dankte für die erw esene Ehre des Besuches und ge-
lobte Namens der katholischen Bürgerschaft, daß sie die verkün-
deten Lehren treu befolgen werde. Der Herr Erzbischof erinnerte
in seiner Entgegnung an das Wort Pauli, daß er gekommen sei,
um sich an den Gläubigen zu erbauen. Unter dem Hochrufen
dcr Anwesenden fuhr alsdann der hochw. Herr mit dem
Schnellzug, der 20 Minuten Berspätung aufwies, nach Köln zurück.

* Trier, 8. August. Zu der Nachricht der ,Köln. Volks-
zeitung', daß der Herr Pfarrer Tellers in Wattenscheid von
der königl. Staatsregierung zum Domtapitular in Trier ernannt
worden sei, bemsrkt dic ,Trier. Landesztg.': Dies kann nicht
richtig sein, da in nnsercm Domkapitcl alle Stellen jetzt besetzt
find, und von dor Schaffung einer neuen Domkapitularstelle bis-
her Nichts bekannt gcworden ist.

Vermischte Nachrichten.

Usi Jn Altettbttrg ist gegenwärtig der „Skatkongreß"
versammelt. Zu dcmselbcn sollen gegen 1500 Theilnehmer von
auswärts bereits eingetroffen sein. Das große „Skattournire",
welches den Hauptpunkt des altenburger „Skatkongresses" bildet,
hat gestern Nachmittag begonnen. Daß ein Regicrungsrath
diesem überflüssigsten aller Kongresse präsidirt, kann in dieser
kuriosen Zeit kaum mehr Wunder nehmen.

* Lttremburg, 6. Aug. Die,Tr. Landesztg.' schreibt: Die
Gesellschaft Laminoire, Joseph Simons u. Conip. in Hollerrich,
sowie „Bruder" Joseph Simons, Venerable der Loge, sind vom
Handelsgcricht in Fallimentszustand erklärt worden. Das Urtheil
verordnete die Verhaftung des Simons, welcher flüchtig ist.
Zum Kommissar des Falliments wurde Herr Richter Arendt, zu
Kuratoren die Herren Advokaten Risch und Wilhelmy ernannnt.

G erichtszeitttng.

* Köl«, 5. August. Jn der großen Seidenband-Diebstahls-
affäre sind bis jetzt fünf Personen wegen Diebstahls-und zwei
wcgen Hehlerei festgenommen worden. Die Firma taxirt die
Höhe des gestohlenen Guies auf gut 40,000 Mark. Jn Folge
dcr cifrigen und fortgesetzten Nachforschungen hat, laut der,RH.-
Westf. Ztg.' die Polizei über 30 Personen ausfindig gemacht,
welche fich in dieser Diebstahlsaffäre wegen Hehlerei zu verant«
worten haben.

Handelsnachrichten.

* Brrtt«, 9 Aügust. Berg.-Märk. 4°/g 4. Seric 103,25.2.
Berg.-Märk. 4°/» 5. Serie 000,00.0. Berg.-Märk 4°/«

3. Serie 000.00.0. Berg.-Märk. 4°/g 7. Serie 103,20.2.
Berg.-Märk. 4°/„ 8. Scris 103,20.2. Berg.-Märk. 4°/, 9. Serie
103,50.4. Berq.-Märk. Nvrdbahn 103,25,1. Rhem. 4fl,

3. Tm. 103,10 2. RS. 4°/o 1862/64/65 103,10.2. Rh. 4°/.
1., 2., 3. Em. 103,10.2.

Ksttk-Diskottrv»

Amsterdam 2fl,

Lissabon
London
Jtal. Bankpl.
Madrid

5^/,

2V-

4

Paris 3

PeterSbnrg 5
Schweiz.Pl. 3
Wien 4

Belg. Plätze 2'/,

DsutschePlätzs3
Kopcnhagen 3—3^/,

* Költt, 7. Ang. Kolonialwaaren-Notirungen. (Mg.Anz.)
Kaffee, brauner Java 128—130, hellbr. 110—120, hochgelb 95—
105, gelb 90—94, gut ordin. blank 76—80, ord. 74, Santos
66—70, Plantations 105—120 Pfg. pro Pfd. Reis, Java
Tafel- M. 24,—, ord. Java 20, Patna 19, Ima Arracan 12,25, 2da
11,75, Korinthen, Ima 27,50, 2da 26,— Smyrna-Rosinen 28,—,
Mandeln, geschälte 74, Prinzeß- 90, Pflaumen, deutsche —,
türk. 16,50—23,00, Pfeffer, schw. 103, weißer Penang 146—60,
Piment 56 per 100 Pfd. Muskatnüsse 280, Muskatblüthe 220,
Amboina-Nelken 132, Kaneel, Ceylon 130—80, chin. 62, Java —
Psg. pro Pfd. Häringe, holländ. —,—, Stockfische 26,—, Titt-
linge 27, Liller Oeillette 52,—, Provencer-Oel 95, Robbenthran
25,50, Bergerthran, brauner 50, do. blanker M. 62.

* Költt, 7. August. Zucker. Auf den sächsischen Märkten
erhielten sich in dieser sWoche ziemlich gute Frage nach roher
Waare sür den Bedarf der inländischen Raffinerien, während
Exporteure im Allgemeinen znrückhaltend blieben. Kornzucker von
96 Prozent erzielten M. 20,60—21. — Raffinirte Zucker wurden
hauptsächlich sür den laufenden Bedarf gekauft. Die Preise er-
fuhren keine Aenderung. Raffinaden werden M. 27 bis 27,50,
gewöhnliche Melissorten M. 26—26,50, gemahlene Zucker
M. 25—26,50 notirt. — Das Geschäft am hiesigen Platze be-
schränkte sich auf den nächsten Bedars. Bon answärts, besonders
aus Hessen-Nassau, Baden, wie aus dem Auslande, liefen wiedcr
gute Ordres auf Melis und Würselzucker hier ein. — Weißer
Kandis bleibt gesncht. Die Notirungen find:j

Feinste Raffinade mit Etiquette M. 30,—, Raffinade 29,—,
Würfelrasfinade M. 30,50, Würfelmelis Nr. 1 30,—, gemahlene
Raffinade 28,50, gemahlenen Melis Nr. 1 28,—, Nr. 2 27,50,
Candis, weiß 39—45, halbweiß 36—38, gelb 35, schön hell-
braun 34,—, hellbrann 33,— braun 33—36, R. Farin Nr. 20
M. 24,—, Nr. 18 23, Nr. 15 22,—, Nr. 12 M. 21,—.

* Lüttich, 9. Aug. (Telegramm.) Fruchtmarkt. Stimmung
unverändert, Geschäft zurückhaltend. Weizcn Frcs. 20 bis 21,
Roggen Frcs. 14,75 bis 15,25, Gerste Frcs. 12,— bis 14,—,
Hafer Frcs. 16,— bis 17,—. Alles per 100 Kil.

* Antwerpen, 9. August. Heute und morgen keine Börse.
 
Annotationen