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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Leipziger Tageblatt und Anzeiger — 1886

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4415

Tags» allen Anforderungen großstädtischen Comforts. Die
Hsidelbergsr haben es sich zur Ehrenpflicht gemacht, nirgends
durch Uebertheuerung den iniponircudcn Eindruck des erheben-
den nationalen Festes zu trüben. Der Schwerpunct desselben
licgt in dem nationalen Charakier, der dnrch die begeisterungsvolle
Thcilnahme des gesaimnten Deutschland gewonncn ist. Das Fest-
gewand der Stadt ist so reich und allgemeiu, wie man es seit den
Tagen des grogen Kricges nirgends gesehen hat. Ueberall doniiniren
die deutschen Farben, und die Freude des EinheitSgefühls büdet den
Grundton des Festes, dem durch die erwartete Ankunft des Kron-
prinzen als Vcrtreters des Kaifers die rechte Weihe gegeben wird.
Den Mütelpunct des sestlichen Treibens bildet die vom Ober-
Baurath Durm in monnmentalem Stile, aber mit classischer
edler Einfachheit errichtete Halle am Neckar, in wclcher sünf-
tanseiid Pcrsoncn Platz finden küniien. Hier wird am Freitag
der grofie Commers im Beisein des Kronprinzcn und des
Großherzogs stattfinden. Die elektrisch bcleuchtete Halle zeichnet sich
durch vortrefsliche Organisation und Veutilation aus, ebenio wie der
gewnltigc Apparat der Bedienung uud Verpflegung von Tausenden
vo» Gästen mnsterhaft sunctionirt. Die Einwohnerschaft sieht de»
bistorischen Festzug am Frcitag Borniittag, zn wclchem zahlreiche
Tribüuen errichtct sind, als den Glanzvunct des Festes an. Die
Tribüne fiir die höchstcn Herrschaften ist in geichmackvollstem
Siil und mit reicher Decoration auf dem Bismarckplatze crbaut.
Ter Grohherzog trifft bereits hcnte Mittag ein. Seit heute früh
ist das Wetter regnerisch niid trübe.

* Heidelberg, 2. August. Jhre königl. Hoheiten der Groß-
herzog und die Frau Großhcrzogin sind heute Nachmittag 4 Ubr
inittelst Sonderzuges hier cingetroffen und voni Prorector der Uni-
vcrsität, Professor Bekker, und den Spitzcn der Civil- und Militair-
üehörden empsangen worden. Beim Verlassen des Bahnhoses
wurden die großherzoglichen Herrschaftcn von der zahlreich ver-
sammelten Volksnienge enthusiastisch begrüßt. — Dcr Chemiker
Prosessor Bunsen erhielt mittelst außerst hnldvollen Hand-
jchreibens die goldene Kette zum Großkreuz des Zähringcr Löwen-
ordens. — Jn der Fcsthalle fand Abenvs 9 Uhr vor etwa 6000 An-
wcssnden Lie Begrüßung der anläßlich des Jubiläums der
Nuiversität cingetroffenen Gäste im Namen der Stadt durch den
Oberbürgermeister vr. Wilkens statt. Der Redner betonte in
seiner Begrüßungsrede den nationalen Gevanken ond schloß mit
einem enthnsiastisch aufgenommenen dreifachen Hoch aus den Kaiser
und den Großherzog, worauf die Anwesenden das „Heil Dir im
Siegerkranz" anstinimteu. Hieraus wurdc der von Vinceuz Lachner
componirte Festmarsch gespielt; alsdann solgtc das von Schesfel
gcdichtete Festlied und ein Hymnus von Julius Wolff. Damit
fchloß dcr ofsicielle Act.

*Heidelberg, 2. August. NnlSßlich der JubiläumSfcier der
hicsigen Univerfität sind von dem Großherzog folgende Auszeich-
nungen verliehen worden: der Prorcctor, Geh. Rath Ernst
Jinmanuel Bekker, ist mit Ueberspringung eines Grades zum Com-
thur erster Classe des Zähringer Löwen crnannt, der Profesjor Kuno
Fischer zuin Geh. Nalh erster Classe mit dem Prädicat Excellcnz,
Lie Prosessoren Karl Bartsch (Gernianist), Leo Königsberger (Mathe-
matiker) und Becker (Ophthalmologc) zu Gcheimen Räthen zweiter
Classe, Lic Professoren Karlowa (Romanist), Winkelmann (Historikei)
nnd Qnincke (Phpsiker) zu Geheimen Hofräthen, die Professoreu
Erdmaunsdörffer (Historiker), Erb (Kliniker) und Zangemeister(Ober-
bibliothekar) zu Hosräthen und der Profcssor Hausrath (Theologe)
zum Kircheurath.

* Heidelberg, 3. August. Der Prorector Bekker empfing
gcsteru die von dem Papste und den auswärtigen Universitüteii
iind Akademien hierher entsendeten Delegirten. Hierbei ist
znui Generalredner sür sämmtliche dcutsche Universitäten und
Akademicn bei Gelegenheit des heutigen Festactcs in der Aula
Prosessor Eduard Zeller (Berlin), zum Generalredner der auslän-
dischcn Universiiäten und Akademien Jnles Zeller (Paris), Präsident
Les Jiistituts von Frankrcich, gewkhlt worden.

* Heidelberg, 3. August. Heute Vormittag fand in der
Heiligegeistkirche zur Einleitung der Jub iläumsseier ein
seierlicher Festgottesdienst statt. Daran schloß sich um 11 Uhr
der Festact in der Aula der Universität, bei welchem Se. k. Hoheit
der Großherzog uud Se. k. und k. Hoheit der Kronprinz An-
sprachen hielten. Die Rede Sr. k. und k. Hoheit des Kron«
prinzen lautet:

„Se. Majestät der dentsche Kaiser hat mir den Auftrag zn er-
theilen geruht, Ew. königl. Hoheit und den hier versammelten
Vertretsrn und Gästen der Universität Heidelberg Heilgruß und
Glückwunsch zur Jnbiläumsfeier zu eutbisten. Es 'erjüllt nüch mit
Slolz und Freude, Zeuge zu sein von der Begeistcrung, mit welcher
in diesen festlichen Tagen alte und junge Söhne der Ruperto-Carola
sich um ihrcn fürstlichen Rector schaaren, um mit ihni zurückzuschauen
aus die ruhmreiche Geschichte dieser Hochschule und mit Dank zu Gott
inne zu werden, daß sie in dem halben Jahrtauseiid ihres Bestandes nie
glückiichere Zeiten geschaut hat als die, iu dencn wir leben. Be-
gründet in der ersten Frühe unseres Culturlebens, hat die Heidel-
berger Universität alle die Schickungen an sich erfahren, welchs
deni deutschen Wesen im Ringen nach selbflständiger Ausprägnng
verhängt gewesen sind. Sie hat wechselnd geblüht und gewelkt, ge-
duldet und gestritten um Glanbens- und Forschungsrecht, hat Trübsal
und Exil ertrage», um endlich gehoben von der starken und milden
Hand ihrer erlauchten Beschützer die ehcenvollen Wundei, mit dem
Festkleide des Sieges zu decken.

Wie dem deutschen Volke, um dessen höchsts Äüter sie sich redlich
vcrdient gemacht, so ist anch ihr erfnllt, Was Jahrhunderte ersehuten:
ihr Ehrenschild strahlt gläuzender in der Soiiuc deS einigen Bater-
lanbcs! Mit tiefer Bewegung gedenke ich heute dcr großen Stunde,
da Ew. k. Hoheit als der Erste dem Fiihrer imscres sieghaften
Volkes mit dcm ehrwürdigen Nanien des Kaisers gehuldigt. Diese
Erinnerung ist mir bedeutsom sür die Feier, die wir jetzt begche».
Denn voranzuschreite» mit großem und gntem Entschluß ist ei» An-
recht des crlauchten Zähringer Hanscs und dieser ruhmvollen
Universität.

Es ist die schönste Pflicht meiner Sendnng, rühmend zu bekennen,
wie treu dics Heidelbcrg beflisscn war, die geistigen nnd sittlichen
Vedingnugen der Wiedergeburt unjeres Volksthums zn
pflcgen. Lshrenden und Lerncnden war von jeher hier die gastliche
Stütte bereitet. Aus allen Gausn strömten sie herzü, und in den
iicbcnden Armen dsr Llwa watcr crkaunle» sie sich als Sühue der
zrößeren Muttcr wiedcr.

So hat sich hier in der Stille des Studienlebens vorbereitet,
waS uns Deutsche» nach langen Jrrungen die Geschichlc offenbart.
Im Südwesten des Reiches, nahe der ehemaligen Grenze nnd nahe
dcr Gefahr lernte der Sohn des Nordens den Svhn. beS Südens
als Bruder licben, um heimgekehrt den schönen Glauben der Volks-
gcmeirischaft auszubreiten, der unser Hort und nusere Slärke ist.

Nun wir es wieder besitzen daS Glück der Vereinigung, strömt
aus dem Ganzen ein krüftigender Odem znrück in die a'lte traute
Heimath unserer Bildung. Größer geworden siud die Zwecke des
Forschcns und Strebens, dankbarer und folgeureicher der Beruf, sie
lehrend zu verkündigen und lernend zu verstehen. Vaterland und
akadcnüsches Bürgerthum werden aber nur dann wahchaft segenS-
reich anf einander wirken, wenii sie in ihrer Lebensthätigkeit die
glcichen Tugendeu bewahren.

Je HSHere Gipfel in Wissenschaft und im gcschichtlichen Lebsn
srstiegen siud, je stvlzere Ziele winkeu, desto größerer Besonnenheit
und Selbstverleugnung bedars es.

Die Wünsche rmd die Zuversicht, die ich hcute der Rupsrto-
Carola entgegcnbrings, rmischließt der Zurus a» L-Hrer und
Schüler, cingedenk zn bleiben der Nufgaden, dis uns gerade im
Hochgefühle des Ersolges am Eindringlichsten die Seele erfüllen
sollen; in Wissenschaft nnd Leben fest zu halte» an der Wahrhasüg-
keit und Streuge geistiger Zncht, an der Fördernng des Bruder-
sinnes unter dcn Genossen, auf daß ans deni Geiste des Freimuthes
imd der Friedfertigkeit die Krast zu der hcilsamen Arbeit wachsen
möge, die Lebensformen unsercs Volksthums gedeihlich aiiszu-
bilden. So möge dieser Univcrsität, eincr der ältesten Pflanzstätten
dcutscher Wiss-nschast, beschicden sein, an Thatkraft die jüngste zu
bleibenl"

Der Großherzog begrüßte in seiner Rede in der Aula als
Rector die Versammlung und sprach seiiie Freude über die Au-
wesenheit des Kronprinzen als Vertreters desZKaisers aus,
rmter dessen glorreicher Regierung und gnädiger Theilnahme dicses
Friedeiisfest begangen werde. Der Großherzog sprach ferncr seine
G-nugthuung aus, daß der Papst durch Widmung eiuer kostbaren
wissenschafilichen Gabe sein Interesse bekundet habe, dankte den
Abgesandten der deutschen Schwesteranstalten, Hocbschulen und
Akadsniien der befreundeten Nationen, welche durch ihre Glück-
wünsche ein so schönes Zengniß von der Einheit der Wissenschaft
gegeben. Der Großhrrzog legte die glocreichs Bergangenheit der
Hochschule dar, gedachte der ruhmvollen Berdienste seiner Vorfahren
um die Univer-sität, hob die Bcrdienste der Universität um die For-
schung in der Wisscnschaft auf allen Gcbieten hervor, brachte de» großen
Corporationen seinen bewegten Glückwnnsch, überreichtc der Üniver-
sität als Zeichen semes Dankes eine Medwitte mit Kctte, welche
der jeweilige Prorector tragen soll, und verstcherte der Umversität,
anch ia Zukunft jhr Schgffen nitterstützen zu wollen.z

Musik.

* Mit dcr dorletzten, Donnerstags-Vorstellung der
Englischen Opern-Gesellschast im AltenTheaterwird
ein ganz besondereS Jnteresse verknüpst sein, da derselben eine
Feier des GebnrlstageS Jhrer Majestät der Köuigin
Carola vorausgeht, welchs darin bestehcn wird, daß die
Sachsenhymne mit einem von vr. Carlotta bearbeiteten
englischen Tcxt durch die Mitgliedcr der Gcsellschast zum
Vortrage gclangt. Der Capellmeister Mr. Halton hat die
Melobie von „doci savs tbo tznosnst sür Svlo-, Ductt-,
Chorgesaug uud Orchester arrangirt.

^ Bayreuth, 3. August. (Privat-Telegramm.) Die
letzte „Tristan"-Aufführung war wundervoll. Die
gestrige „Parsisal"-Fest-Vorstellung, welcher der
Kronprinz von Deutschland beiwohnte, verliej glänzend. —
Die Bestattung von Franz Liszt war einfach, aber
würdig. Unzähiige Frcnnde bes Meistcrs sind hier versammclt.
Als Vertrcter des „Allgemeinen Deutschen Musikvcreins"
sprach Hofrath Gille-Jena, vvn persönlichen Gesühlen häufig
übermannt.

* Chemnitz, 2. August. Gestern verschied der Nestor der
hiesigcn Musiker, der peiisionirte Stadtmusikdirector August
Wilhelm Mejo. Derselbe war am 19. Januar 1791 zu Nossen,
wo sein Vatcr als Arzt wirkte, geboren, machte scinen Lehrcursns
in Oederan beim Stadtmusikus Bergt und ging dann nach Dresden
und Leipzig. Von letztgenannter Stadt, wo er 6'/, Jahre lang
thätig war und davon ö Jahre hindurch dem „Großen Concerl"
als Mitglicd augehörte, erhiclt er cinen Ruf als Musikdireclor cincr
Privalcapelle in Domanze bei Schweidnitz in Schlcsien. Dicse Stel-
lung hatte er 11 Jahre inne; als jedoch Major v. Tschirschky, dem
die Herrschaft Domanze gchörte, letzlcre vcrkauste, wurde die Capelle
ausgelöst. Obwohl nun dem Leiter dersclben das Ancrbieten gcmacht
wurde, ihm die Dircction über cin preußisches Gardemusikcorps zu
übertragen, so cnlschicd er sich doch für eine Stellung in seincm
Baterlande Sachscn. Er bewarb sich mn die Stadtmusikdircctor-
stelle tn Chemnitz, und wnrde ihm dieselbe denn auch von dem
musikalischen Comits dcs StadtmagistrateS übertragcn. Dies
geschah am 2ö. Novembcr 1832, imd zwar zugleich mit
ciner vollständigen U m ä n d e r u n g der Chemnitzer Stadt-
musik insofern, als die bis dahni bestaiidene „collegialiiche
Bcrfnssung der sogenannten Stadtpseifer" aufgehoben und allc
Bcsugnisse und Privilegien, wie sie bisher von den Stadtpfeifern
ausgcübt worden warcn, in die Hand des neugcwählten Musikdirec-
tors gelegt wurdcn. Dagegen hatte dieser alle Verpflichtungen zu
überuehmcn, welche die bisherigcn Stadtpseiser gegen Kiccke und
Stadt zu ersüllen gehabt hatten. Am 30. September 1861 trat
Mejo, der sicb um die Hebung der Musikverhältnisse in Cheinnitz
und namcnilich um die wellere Organisaiion des Stadtmusikcorps
große Verdienste erworben, in den Ruhestand. Wie er sich in
seiner Bernsstliätigkeit den Namen eincs Birluosen auf der Clari-
nette und den Ruf cines vorzügliche» Geigenspiclers und iimsich-
tigen Dirigenten crwarb, so bckundctc er auch durch verschiedene,
mit großem Beifall aufgenommcne Compositionen sein Talent und
jeine Leistungsfähigkcit aus dem Gebieie der Musik. Als das Stadt-
inusikcorps im December 1882 das sünfzigjahrige Jubiläum seines
Bcsteheus seierte, üa machte es aus allc Besucher des Festcoucertcs
im Stadliheater eincn tiescrgreifendcn Eiudruck, als die Ouverture
über den Choral „An einen Gott nur glauben wir" gespiclt wurde
und der greise Coniponist derselben, Herr Mejo, selbst die Aus-
sührung leitete. Daß er, dcc gewissermaßen als der cigenlliche
Schöpfer des Stadtmusikcorps zu bstrachten ist, an demselben Tage
aus dem Lebcn schied, an welchem die Nenorganisation dcs Stadt-
musikcorps in Kraft trat, kann gewiß als ein merkwürdiges Zu-
sainmeiitreffen bezeichnet werden. Herr Mejo war der erste, welcher
in Chcmnitz den ofsiciellen Titcl Stadtnrusikdirector sührte, mit dem

1. August 1886 hürle diese Bezeichnuug sür den jeweiligen Leiter
des Stadtmusikcorps auf — denii nach den ueueren Bestimmungen
hat dieser den Titel „städtischer Capellmeister" — und am nämlichen
Tage wurde auch der greise StaLllnusildirector omorltus von dieser
Welt abgerufen. _ (Ch. T.)

Satllerinnung.

ari. Leipzig, 3, Juli. Dis Fahnenweihe der hiesigen
Sattlerinnung, welche am geflrigen Tage in den RSumen dcs
Bonorand'schen Etabliffcmcnts abgehalten wurde, vcrlies in der
würdigsten Äeise und gestaltete sich zu cinem echtcn Familienseste.
Eiugeleitct wurde die Feier durch ein von der Capclle des Herrn
Büchner ausgesührtes Concert, dem sich gegen süns Uhr Nach-
mittag der Weiheact anschloß. Zur Ecösfnnng desselbcn ergrisf Herr
Obermeister Reppcnhagen daS Wort. Derselbe bclonte in seiner
Ansprache, daß die vor eiwa 30 Jahren eingcführte Gewerbcsreiheit
von allcn Handwerkern mit großer FreuLe begrüßt worden sei, da durch
dicselbe dsm Handwerker Gelegenheit gegeben worden sci, sein ganzes
Wissen und Künnen vollständig auszunutzen. Der Herr Redner licß
dann durchblicken, daß er aus dcm Standpunct der sreiei, Jnnnngen
stehe und sich von der Zwangsinnung keine großen Vortheile sür
das Handwerk verspricht. Dagegen hält er das geiiieinsame Arbeilen
in der freien Vereinigung für das zweckmäßigste Millel zur Ver-
vollkommnung in dem Beruf. Nebeu deni innercn Slreben unü
Schaffeii in der Jnuimg sei aber auch der Wnnsch an den Tag ge-
tretcn, durch ein äußeres Zeichen die Zusamniengehörigkeit der Mit-
glieder ösfcnllich zu zeigen. Namentlich sei diescr Wunsch bsi
Gelegeuheit der Enthnllung deS ResormatioiiSdenkmals und bei
Len Sedanfesten laut gcworden. Mit großer Begcisterung haben
daim die Milglicdcr in einer Versamnllnng, in welcher der
Herr Oberweister dem allgemein gehegten Wnnsche Ausdrnck
gegebe», die zur Auschaffung der Fahne ersorderliche Snmme
— 500 ./S — an cineni Abend aufgebracht. Es sei daiui
serner beschlossen worden, die Fahne nicht eher zu enirollcn, ehe
diejelbe nicht durch einen Gcistlichen in wnrdiger Weise geweiht
worden.

Herr Neppenhagen wandte sich hierauf an Herrn Diakonus
Or. von Criegern mit der Bitte, diese Weihe zu vollziehen,
worauf der Lctztgenanille in ciner tief zu Herzen gehenüen Rede
eincn Rnckblick auf die Geschichle und das 400jährige Bestehen der
Jnnung warf und die Mahnung daran knüpste, das Ge-
deihen des Handwerks nicht allei» in dcr Gewerbefreiheit
zu snchen, sondern durch genieinsames Stveben und durch
einmüthiges Wirken, die von der Gewerbesreiheit gebotenen Vortheile
zum Nutzen der Jnnung uud dcs Einzelnen zu verwerthen. Jn diejem
Sinne, als ein Zeichen der Eiuigkeit und des gemeinsamen Zusammen-
wirkens zum Wohle und Gedeihen der Jnnung weihte Herr Diakonus
vr. v. Criegern hierauf die Fahne.

Welches Jntercsse die Fahnenweihe der Sattlerimmng auch in
weiteren Kreisen hcrvorgernfeii, gcht daraus hervor, daß nicht weniger
als 17 Jnimngen, darunler aus Magdeburg, Halle und Zwickan,
durch Dcputationen dem neuen Jnuungszeichcn Fahnennägel als
Geschenk übcrreichten. Außerdem war aus Berlin noch ein Glück-
wuuschschreiben eingsgangen. Ferncr wurden durch drei junge Damen
mit einer herzlichen Ansprache die von de» Franen der Jnnungs»
mitglicder gesllfteten Schärpen, Bandeliere und Festzeichen überreicht,
woraus Herr Oüermeister Reppenhagen für die vielen Zeichen
herzlicher Theilnahme mit tiefgerührlen Worten seinc» Dank aus-
sprach nnd dcm Schntzer und Förderer des Gewerbes König
Albert cin dreifaches Hoch ausbrachte, in welches die Festgenosscn
jubelnd einstimmten.

Dcm Fcsiactus folgte die Fortsetzung des Concertes, dem stch ein
gemüthlichcs Beisamniensein anschloß, bei welchem noch viele ernste
und bcitere Ansprachen die Festsiimmuug erhöhteu. Daß den laudes-
übüchen Schluß des Festes cin Ball bildete, bedarf wohl, als selbst-
verständlich kanm der Erwähnung.

Königliches Lan-gericht.

Ferieil-Strafkammer L.

I. Den Lesern dieses Blattes wird noch crinnerlich sein, baß in
der crsten Hüfte des Juni ds. Js. ein dreister Mensch sein Unwesen
in hiesiger Stadt trieb, indem cr aus verschiedsnen Localitäten
Musikinstrumente thells entwendet, theils aus betrügcrische Weise
sich verschaffte, bis es endlich gelang, den „Musikfreund" in der
Person des wegcn Dicbstahls wiederholt rückfälligen Schreibers
Karl Franz Meyer aus Zeitz zu ermitteln und densclben festzu-
nehmen. Jm ersten Falle hatte er von cinem Batciillonstamboiir cine
Trommelunter der schwindelhastenAngabesich vsrschafft, cr sei als Solo-
tronimler im Circus Hcrzog (der damals hier anwescnd war) angesrellt
uud müsse Abends cin Solo trommeln; die Trommel war jedoch von
Meyer schleunigst vcrsctzt worden. Tags darauf hatte er aus einem
Tanzlocal in Rcndnitz eine Geige und cinige Tage später aus der
hiesigen Lutherkirche ein Cello (500 ,/S an Wsrth), weiter aus einem
hicsigen Conccrtetablissemcnt eine Geige nnd zuletzt eine Trommel
entwendet und alle dicse Jiistrumeiite zu Gelde gemacht. Meyer
wurtze wegen Rücksallsdnchstahls unter Ausschluß mildernder Um-
Mnde zu 2 Jahren Zuchjhaüs und S Jahren Berlust der

Ehrenrechte vernrtheilt, auch seine Stellimg unter Polizeiaufsichi für
zulässig erachtct.

II. Die Cigarrenarbei'terin Nuguste Louise verchel. Krabbes
ans Eilenburg, wegen Eigeiithnmsvcr'gebeii bereits wicderholt bestraft,
war bcschuldigt, gegen Ende Apcil ds. Js. sich in Neustadt der Ent-
wcndniig eines Porteinoiinaies mit 14 Baarschait schuldig gemacht
zu habe». Es crsolgle die Vcrurthcilnng der Angeklagten unter
Annahme mildernder Umstünde zu 4 Monaten Gefängniß.

III. Während der Aussüdrung der Asphaltarbciten in der
hiesigen Petersstraße waren einem der Arbellcr dessen Schuhe ent-
wendet worden. Der Handarbeiter Otlo Eniil Anders aus Volk-
marsdorf, wegen Diedstahls rücksällig, wclcher des Diebstahls
beschuldigt wurde, bchauptete zwar, die Schuhe als hcrren-
loses Gut betrachtct zu haben; allein nach dem Ergebniß
der Hauptverhandlung wurde cr des Diebstahls sür über-
führt erachtet und, da mildernde Umstände angenommcn wurden,
zu 6 Monaten Gefängniß und 2 Jahren Verlust der Ehren-
rechte verurtheilt.

Der Gerichlshos bestand aus den Herren Landgerichtsdirector
Justizrath von Bose (Präsid.), Prof. vr. Binding, Landgerichtsrath
I)r. Bellmann, Assessoren vr. Paul und Or. Noßbach; die Anklage
sührte Herr Staalsanwalk Brückner.

Nachkag.

* Leipzig, 3. August. Wie wir Vvn cvmpetenter Seite
crfahren, hat Se. Majestät der König die Eiuladung, den
Feierlichkeitcii der W ied ere r ösfn u n g dcs Städtischen
MuseumS und der EnthMiing des monumentaten
Brunnens auf dem AugustuSplatze beizuwohnen, aller-
gnädigst angeiwmmeii. Die Fcierlichkciten wervcn am
l. Scplcmber BormittagS 11 Uhr statlfinden.

* Leipzig, 3. August. Die Prinzcssin Victoria
von Preußcn, Tvchter Sr. kaiserl. königl. Hoheit des
Kroupriuzen dcs dentschen Neiches, kam hente Vormittag mit
dem Courierzuge 8 Uhr IV Min., welcher 20 Miniiten Ver-
spätrgung hatte, auf der Bayerischen Bahn von Bayreuth
hier an und fuhr unter Benutzung der Vcrbindungsbahn
8 Uhr 40 Min. mit der Berliner Bahn weiter nach Berlin.

I-. Leipzig, 3. August. Die lctzte Excursion in diescm
Scmester ruitcrnahm derAkademisck-voikswirthschast-
liche Verein in die Fabrik ätherischer Oele nnd Effenzen
von Schimmcl <L C v. Verräth schon ber Anblick der durch
die Fenster dcs Laboratoriums sichtbaren unzähligen Glas-
trichter, Bcchcrgläser und Fläschcheu die Arbeit des ChemikerS,
so wird man beim Betreten des Hauptgebäudes durch das
Chaos der Gerüche, wclche die Räume durchdringeu» uoch
mehr daran gemahnt. Wie in Neih und Glied stehen rings
an dcn Wändcn die zur DestiNation ersorderlichen Apparate,
von den größten eisernen Destillirblasen biS herab zu den
Messing- uno Kupfcrrelortcn, welche zur Aufnahme der
zarten Rosenblätter bcstimmt sind, je zwei meist von einem
Arbeiter bedient. Während Ser Eine die zermalmtcn
Senfkörner unter mühsam verhaltenen Thränen durch An-
rühren mit Waffer zur Destillation vorbereitet und ein
Anderer große Glasballons mit Patchouliöl zu füllen im Be-
griff steht, ist ein Drittcr, wegen der Empfindlichkcit deS vou
>hm bereiteten Fabrikates durch eine Schranke von den
Uebrigen getreunt, mit der mit der Destillation des edclsteu
aller Oele, des Rosenöles, beschästigt. Das bittere Mandelöl
wird, weil gesundheitsschädlich, in' einem besonderen Glas-
verschlag destillirt und die aufsteigenden Dünsts durch Ben-
tilatoren aufgesaugt. Weiter gehcnv bemerken wir Frauen
und Kindcr, 'welche an eincr Äaage der Abuahme der vou
ihuen gesammelten Kräuter, wie Schafgarbe, Calmus,
Rosenblättcr u. s. w.» harrcn, deren Berkauf ihnen cinen
lohuenben Nebenverdienst verschasit. Jn dcn Neben-
räumen stehen Prcsien sür Mandelkucheu und die Filter sür
daS daraus gcwonnene Oel, sowie die Mühlen für Calmus,
Wachhvlderbeeren und ostindisches Sandelholz, die das zu zer-
kleinerude Material zum Theil direct vom Lager durch Fall-
rohre zugeführt erhalten. Ueberall, von ben hcllcn, freuud-
lichen Destilllrsälen bis zu ben obersten zinnbelegten Böden,
wo der feines mcrthvollcu OeleS beraubte Kümmel (Karve),
wclcher alS Futtermittel in der Landwirthschaft verwendet
wird, lagert, herrscht die Peinlichste Saubcrkeit. Durck die
Führnug des Herru Directors, welchcr in liebenswürdigster
Weise die Fabrikativusweise der einzeliieu Producte erläuterte,
war der Besuch dcs auf dem Contineut größten Etablissements
sür allc Theilnehmer an der Excursion 'eiu ebenso interesiantcr
als lehrrcichcr.

— Am verfloffenenSonnabend fandinderBnchbinderei
von H. Sperling eine schönc Feierlichkeil statt; cs galt
den Tag festiick zu begehen, an welckem vor 25 Jahren
Herr Eduard Möbius alsArbeiter in das Gcsckäft eingetreten
war. Unter bcm Gesange seiuer Mitarbciter wurde der
Jubilar au seiiien mit Guirlanden geschmiicklen Platz geführt,
wo ihm die Herren Principale zu sciucm Ehrentage Glück-
wunsch und werthvollc Gsscheuke übergabeu, währcud er von
seinen Mitarbeitern und Mitarbeiteriniieu glcichsalls reichlich
bcdackk wurde. Ter Nachmiltag vcrciuigte die Geschäfts-
inhaber und das Personal mit ihren Famiiicn im Schützen-
hause zu Sellerhausen zu einem Festc, das mit Tascl uiid
Ball verbunden die Theilnehmer bis in dic frühen Morgeu-
stnudeii zusammcuhielt. Hoffen wir, daß der Jubilar, der sich
allgcmeiner Beliebtheit ersreut, auch das 50 jährige Jubiläum
iir gleicher Frische erleben möge wie das 25jährige. Das
äußerst gelungene Fest hat aber wicder cinmal gezeigl, in
welchem guteu Eiiivernehmen Priiicipalitäl und Persvnal der
H. Sperling'schen Buchbinderei stehen. Möge cS immer
so bleiben!

—o. Von günstigem Wetter begleitet hat gestern Nach-
mittag daS 172. Fischerstcchen der Leipziger Fischer-Innuug
stattgefuuden. Der Zug durch die Stadk, gesührt von cinem
voranschrcitenden Musikcorps, nahm übcr vier Stundeu in
Auspruch uud wurde ganz nach der alten historischen Form
gehaltcn, wvbci auch die Aufstellungen und Homieurs durch
Seirkung der Fahneii und Dtarschallstäbe vor dcm Rathhause und
Polizeigebäude, derKreiShauptmannschasl uudAmtShauptmami-
schaft unddem Reichsgericht, und vor den Wohumigeu der Spitzen
der königlicheii und städtischenBchörben und audcren dist'mguirten
Personen sowie der Dnrchzug dnrch die Pleißeuburg statt-
sanden. Gegen 6 Uhr begami nuf dcm Teiche bei Liudenau
der Wasserkamps mit seinen Beigaben, eiuer pantomimischcn
Vorstellung und einem Wettschwimmen. AllcS verlies in bester
Weise, bcgleitet vom Veifall des Publikums, das dcm Feste
zu Tausenden beiwohnte. Nähercs berichten wir Morgen.

— Wie aus dem Anzeigeulheil unseres Blattes ersichtlich
ist, crosinct Herr Apothcker P. E. Brähmer heute seine neu-
errichtele Apothcke, uiller dcm Namen Neue Börsen-
Apotheke, m der Halle'schen Slraße Nr. 12. Die Holz-
eiurichtung darin ist in höchst geschmackvoller und clegantcr
Weije von Hcrrn Knnsttischler Heinrich Bauer hier ans-
geführt, wie denn oie ganze Ausstattung dcm Gcschick und der
Umsicht des Besitzers alle Ehre macht.

---- Das Etablisiement „Bonorand" wird den morgen-
den Geburtstag Ihrer Majestät d er Königin sestlich
begehem Die Capelle des 107. Infanterie-Regi-
ments, unter Lcitung des königlichen Musikdirectors Herrn
Walther, wird ein großes patriotisches Festconcert ver-
anstalten. bei welchem der etwa 200 Sängcr starke „Zöll-
nerbund" seine Mitwirkung zugesagt hat. Die im präch-
ligsten Naturschmncke prangeiiden Anlagen des Etablisiements
so'llen aus Anlaß der Festlichkeit glänzend illuminirt werden.
Bci ungünstiger Witterung sindet das Conccrt im Saale
statt. Das Ääherc ist aus dcm Anzcigentheil ersichllich.

I Leipzig, 3. Angnst. Heute Vormittag wurde durch
Gendarmerie cine aus 3 Familien mit zusammen 19 Köpfen
bestehende Zigennerbande, welche sich zeither bettelnd in
der Connewitzer Gegend hernmgetrieben hatte, nach der Stadt
gebracht und an die königl. Staatsanwaltschaft abge-
liefert. — Einen Arbeiter aus Meycheu, wclchcr von der
königlichen Staatsanwaltschast zu Raumburg wegen Betrngs
steckbrieskich versolgt, wurde hier ermittelt und -arretirt.

Vcrgangeue Nacht in dcr zwölsten Stundc siihr ein
bctrunkener Droschkeukutschcr mit seinem ' Gescbirr in
der miregelrechtesten Weise im Brühl hcrum, so^daß sick em
Schutzwann zum Einschreiten veranlaßt faud. Dabei wurde
der Kutscher höchst aussällig und schlug mit dcr Pcitsche
auf den Schutzmarm los, zn welchcm Gebahren er
durch einen ebcnsalls bctrmikenen Kellner, bcr mit aus
dem Bocke saß, noch ganz besonders angeregt wurde. Beide
wurdcn schließlich am Naschmarkt eingesteckt. — In eiucr
Restauration im Gewandgäßchcn sah man sich Veranlaßt.
gestern Abend einen aiiqetrmikerien Schieferdecker wcgen
seines ungebührlichen Betragcns hinauszustecken. Aus der
Straße machte derselbe Scandal und ging mit seinem Sckicfei-
deckerhammer auf das sich ansammelnde Publicum los; cS
crfolgte deshalb seine Arretur unv Inbaftirung am Nasch-
markt. — Gestern Abend 9 Uhr 55 Min. wurde aus Ler
Thüringer Bahn cin mit 80 Personen besctzter Extrazug
nach Müncheii, Salzburg, bez. Lindau abgclasicn. —-
In der Nacht zmn Zweitcn dieses Monats geriethen m der
Eutritzschcr Straße mchrere junge Hcrren iir cine Sck lägerei,
wobei eiiicr der Theilnehmer durch Stockhiebe so schwcr am
Kopfe verletzt wurde, daß er im Kraukenhanse untergebrackt
werden mußte. — Ebendaselbst fand eine 21 Iahr alte, in
der hiesigen Wollkämmerci beschäftigte Arbeiterin auS
Sellerhausen Aufnahme, welche beim Neinigen d-r Kamm-
maschine von dieser an der cincn Hand ersaßt wurde und
dabci 3 Finger einbüßte.

* Leipzig, 3. August. Von der Ferien-Strafkammer
d-s hiesigen königl. Landgerichts wurden hcute verurthcilt:
1) die Handarbeitersehefrau Ernestiiie PaulineSchmid t auS
Roseiiselb wegcn Rückfallsbetrugs unv Rücksallsdiebstahls zu
2 Iahren 3 Monaten Zuchthaus, 450 ^ Geld-, event. weiteren
30 Tagen Zuckthausstrase, 3 Iahren EhrenrecktSvertust und
Polizeiaufsicht; 2) die Häudlerin Christiane Friederike verehel.
Sckmidt aus Carlsfeld wcgen Belrugs zn 5 Monaten;
3) der Handarbeitcr Carl Heinrich Otto aus Dahlen wcgen
Hehlerei zu 1 Woche Gefängniß.

* Lindenau, 3. August. Wie die beiden ersten Festtage,
so verlies auch der gestrige, den Schluß ber Iubiläums-
seierlichkeiten des Kriegervereins Llndenau und
Umgegend bildende in der besriedilzeudsten Weise und gab
dem'ganzen bedeutmigsvollen Feste eiuen harmonischen Ab-
schluß. 3m Laufe des NachmiltagS fanden sich in den Fesi-
räumeu, den „Drei LinLen". die Mitglieder des Jubel-
vereinS uud deren Familien nebst zahlreicken Gästcn ein, und
auck bei dicser Feier zeigte sich ein schöner Zug echter Kamcrad-
schast. Der KreiS der Äuwesenden erweiterte sich stündlich, fo
daß bci Lem am Abend stattfiiidenden Ballfcst die umfang-
reichen Localitäten bis auf das letzte Plätzchcn in Anspruch
genommen wareu. Daß an dem tresstichen Verlauf des
FesteS, was die Arrangements in den Festräumen und die
Bewirthuug dcr nach Tausenden zählendcn Theilnehmer an-
laugt, bem Jnhaber der „Drei Linden", Herrn Brandt,
volle Anerkemmng gebührt, wird Iedermann, der Zeuge war,
gern und willig bestätigen.

—r. Oschatz, 3. August. Eines Actes d-r größten Noh-
heit und Verkommenheit machte sich am 31. Juli ein
Handelsmaun T. auZ einem beriachbartcn Orte schuldig. Der-
selbc, von Leipzig kommend, traf in Kührcn mit den Handels-
mäuuern B. uud M. zusammeii. Hier benutzte T. cinen
Eimer B.'s, welcken er jedoch vergaß, zurückzugeben. B., den
Diedstahl rechtzeitig bemcrkeud, forderte in Gegenwart T.'s
M. als Zeugen auf. M. gab auch vor, den Thatbcstand
bestätigen zu 'wollen. Nach dicsem Zwischcnfalle suhr T. nach
Dahlen zu; Dk. folgte kurz danach. Im Kührener Walde hi-lt
T. sein Gefährt an, ging ein Stück zurück und legte sich in
den Straßengraben, den M. erwartcnd. Beim Hcrannahcn
dcsselben spräng T. auf und schlug M. niit den Worten:
„Warte Du L., ich will Dir das Zeugcn cinstreichen, eS ist
Dein Lctztes, ich scklage Dich lodt —" mit dem Bindestücke
seines Wageus solange, bis dicser anscheinend seinen Geist
aufgab. T. spamite 'hieraiif das Pferd ab, warf dcn Wagen
in den Chauffeegraben und fuhr nun mit sciiiem Geschirr
weiter. Jn Luppa kehrte cr im Gasthofe cin und gab hicr
vcr, daß ihn eiue Räubcrbande hätte überfallen wollen. Er
sei zwar entkommen, dock M. würden sie wohl erwisckt
habcn. Ein Sohn des M. fand seinen Vater in schreck»
lichcm Zustande; doch war es ihm noch möglich, über
den Borgang kurze Mittheilungen zu machen. Die zugezogencn
Aerzte cvnstatirten zwar bedeutende Kopsverletzungen, doch
glaubten sie nicht, daß diese dcn Tod deS über 60 Zahre alteu
Mcmnes herbeisührcn werden. T. wurde noch an demselben
Tage verhaftet und dem hiesigcn Amtsgefängniffe zugcführt.
— Am 2. d. M. wurdeHerr Bezirkssteueriiispcctor Gaudlitz,
bisher als Secretair in Zwickau thälig, durch Herrn Kreis-
steuerralh Goldfriedrich in sein mmmehriges Amt ein-
gewiesen.

-s- Dresden, 2. Angust. Am Sonnabend und Sonntag
sand hiereineVersammluug von Bertretern Roller-
scher Steuographen-Vereine statt. Von den 80
Vcrciiien, welche bieses ucue System zählt, waren 32 burch
Delegirte vertreteu, indcffen nahmen außerdem noch zahl-
reiche Anhcinger deS Systems an der Versammluug ohne
Mandat Tbeil. Anwcseud waren Vertreter anS Berlin,
L-ipzig, Chemuitz, Nordhausen. Znaim, Greiz u. a. m.
Zweck ver Versammlung war dic Begriindung eines Roller-
schcn Stenographen-Verbandes und wurde anch daS
von dem Vorsitzenden des Dresdner Bereiris, Herrn Hellmich
nnsgearbeitete Statut nach dreistündigen Verhandlungen ge-
iiehiiiigt, uud sämmtliche aumcsende Vereins crklärten ihrcn
Eintritt in den Berband.

s-Dresdcn, 3. August. Vorgestern Abend ist cin
unbekaiinter Mann'in der Wohming eines hiesigen
Schueidermeisters erschienen, hat sich „IuliuS Hanke" gcnannt
mib einer allein anwescnden Tochter erzählt, ihr Vater sei
auf dcr Bogelwiese von cinem Stnhle gefallen, habe sich dabei
seincn Rock vollständig zerrissen mid sei er dcshalb beaustragt,
cineii audereii im Kleiderschrank hängenden guten Rock herbei-
zuholen. Das Mädchen glaubte deu Worten des Manncs
und händigte ihm das verlangte Kleiduugsstück auS. Als
der Vater Schneidermcister von der 'Vogelwiese nach
Hause kam, stellte cs stch heraus. daß der Unbekanute cin
Betrüger gcwesen war. — Auf der Vogelwiese hielten
gestern Nach'mittag die Taschendiebe eine reiche Ernte.
Zahlreichen Personen wurden die Portemonnaies aus den
Taichen gcstohleu, uud mehrere junge Lcute büßten ihre
Taschenuhren ein. Leider hat es in keinem Falle gelingen
wollen. eiuen der Tasckeudiebe zu erwischen. — Iu einer
Schlosserwerkstelle dcr Pirnaischen Vorstadt ward gestern ein
Geselle in Folge Explosion einer mit Patentschranbeiiver-
schluß verseheuen gesüllten Conservenflasche. welchs cr Lffnen
sollte, an dcr Hand schwer verletzt. Die Glassplittcr hatteu
ihm die Hand total zersleischt.

VermischtLS.

T Gera, 2. August. Heute morgen 11 Uhr wurde der
Landtag sür das Fürstenthum Reuß j. L. im Saale
deS rieuen Landtagsgebäudes eröffuet. Herr Staatsmimster
von Bculwitz wicS auf Len unerwartetcn Tod Zhrer köuig-
lichen Hohsit dcr reqiercnden Fürstin hin und in dankbarcr
Berehrung für die theure Landesmutter erhoben sich die an-
wescnden Abgeordneten von ihren Plätzen. Die Registrande
umsaßt zehn Negierungsvorlagen, mehrere Jnterpellationen
von Bertretern einzelner Landesbezirke nnd eine Ans'-age. ob
der von dem Landtage des Königreichs Sachsen im März d. ttO
genchmigte Vcrtrag übsr den Bau der Secundärbahnen
Schönberg-Hirschberg und Göttengrün-Lobenstein noch in der
gegenwärtigcn Sessiön des Landtages zur Genehmigung vor-
gelegt wird. — Die seit gestern eröffnete Ausstellung
won Schülerarbeiten der Lehranstalt für Haudvergvldung
twd Lederfchnitzerei der Firma Horn <L Patzrlt, wird von
 
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