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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Leipziger Tageblatt und Anzeiger — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17427#0004

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4420

10 Uhr vcrlasse», Abends 7 Uhr erreiLten wir erst Helltgen-
Llul »»r> WMLei schöncm, klarem Wetter, so daß die mächtige
SchneeljsE des Großglockners in ihrer ganzen majestätischen
GeW^Wßend zu uns herabschaute. L- I-.

Das Iubilaum in Heidelberg.

ii.

» Von den Heidelberger Festen wird des Weiteren
gemeldet: , ^ ^

* Heidelberg, 3. August. (Aussührliche Meldung.) Se. k. und
k. Hoheit der Kronprinz ist um 8 Uhr mittelst Exirazuges von
Bayreuth eingetroffcii, am Bahnhose vom Großherzog, den Prinzen
Ludwig Wilhelm, dein commandirenden General v. Obcrnitz, dem
Gcsandten v. Eisendecher, dem gcsammtcn großherzoglichen Hosstaat,
dem Prorector an der Spche des engeren Senats, dem gesammten
Stadtrath, den Spitzen Ler Civil- und Militairbehördeii empfangen
worden. Nach herzlichster Begrüßung des Großherzogs schritt der
Kronprinz, welcher die Unisorm seineS schlesischen Dragonerregiments
mit dem badischen Hausorden angelegt hatte, die alK Ehrenwache auf-
gestellke 8. Compagnie des 2. badischen Greiiadierregiments Kaiser Wil-
helm Nr. 110, geführt vom HauptmannKeller, ab unv gabbei der darauf
solgcnden Borstellung der Anwesenden dem Prorector Bckker gcgenüber
seincr Freude Ausdruck, von Sr. Maj. dem Kaiscr hierher gesandt zu
sein. Jedes einzelne Scnatsmitglied ward mit hnldreichster Ansprache
seitens des Kronprinzen und seitenS des Großherzogs mit Hände-
druck begrüßt, welcher letztere den.Dank der mit Rangerhöhung oder
Ordensdecorationen Ausgezeichneten in huldreichster Weise erwiderte.
Auch die beiden Bürgermeister Doctoren Wilckens und Wclz wurden
»om Kronprinzen in die Unterhaltung gezogen. Nach viertelstün-
digem Ausenthalt bestiegen der Kronprinz, der Großherzog und
Prinz Ludwig die bercitstehenden offenen großherzoglichen Equipagen,
Lenen Spitzenreiter voraufritten, und begaben sich durch die dichien
Zuschaiiermasscn, von den begeisterten Zurufeu derselben begleitet,
nach denr großherzoglichen Palais, woselbst anch der Kronprinz
Absteigequartier genommen hat.

* Heidclbcrg, 3. August. Die Rede Sr. königl. Hoheit deS
Großherzogs in der Aula lautet wörtlich:

„Durchlauchtigster Kronprinz, höchste, hohe, vcrehrtc Gäste!

Als Mein erhabener Bhn, der unvergeßliche Karl Friedrich, In
den Tagen, da das Schwcrt alleln zu gelten schien, in hoher Ge-
sinnung und klarer Erkenntniß Dessen, was dem Staatswesen dauernd
isrommt, der Universität neues Lebcn einhairchte, ein wahrer zweiter
'Gründer derselben, erklärte er: Rector der Universität wollen wir
selbft sein und unseren Nachfolgern in der Kur diese Würde hinter-
laffen. Jn Meiner Eigenschaft als Rector der Hochschule begrüßs
Jch heute, an dem stolzcn Tage, welcher die fünshundertjährige
Jubelseier der ältesten Univcrsität des deutschen RcicheS einleitet,
die glänzende Bersamnilung, die uns die Ehre und die Freude erweist,
an dem bedeutuugsvollen Feste theilzunehmcn.

Jch sreue M-ch vor Allem der uns beglückenden Anwesenheit Sr.
k. und k. Hoheit des Kronprinzen des deutschen Reichcs und von Preußen,
dcs erhabenen Vertreters unseres Kaisers Wilhelm, unter dessen
glorreicher Regierung, unter deffen gnädiger ünd warmer Theilnahme
wir dieses herrliche Friedensfest feiern dürfen. Auch gereicht uns zu
hohcr Genugthuung, daß Seine Heiligkeit Papst Leo XIII., hierin
nicht wenigen seiner erhabenen Borgänger folgend, der alten Bildungs-
stätte durch die Widmung einer kostbaren wiffenschaftlichen Gabe scin
sreundliches Juteresse bekundct.

Jch danke iiisbesondere allen den Abgesandten der deutschen
Schwesteranstalten, soivie der vielen Hochschulen und Akademien
besreundeter Nationen. welche durch die Beglückwünschung der Jubel-
Universität ein so schöncs Zeugniß abgeben von der Einheit der
Wissenschaft.

Freundlich begrüße Jch die Männer aus allen Lebenskreiseu,
denen die Förderung der Wiffenschaft und Kunst anvertraut ist,
welche unserem Rus sympathisch gcfolgt sind.

Ein halbes Jahrtausend deutscher Geschichte hindurch hat sich diese
große Anstalt allen politischen Wechseln, allen äußeren Einflüssen
gegenüber ost in schwereu Kämpfen behauptet und immer wieder
erhoben in lebendiger Kraft, aus den verschiedensten Wegen nach
Wahrheit strebend, die Jugend bildcnd. Sie hat das Capital mensch-
lichen Wiffens gemehrt, sie hat den Samen edler Silte und humaner
Gesinnung in die Herzen der Jugend gelegt. Ehre sei darum dem
Gründer der Uiiiversität, Ruprecht I., und allen den erhabenen
Fürsten geistlichen und weltlichen Standes, welche dieser Bildungs-
stätie im Lanfe der Jahrhunderte werkthätige Theilnahme
und lyin^iigen Schutz a-währt haben. Jch nenne dankbar
unter Vielen Philipp den Aufrichtigen, Otto Heinrich, den großen
Kenner und Freund von Kunst und Wissenschaft, den unverzagten
Regenerator Karl Lndwig. Auch Johann Wilhelm möchte ich nicht
vergessen, welcher dieses Haus und diesen Saal, den ausgezeichncte
Künstler uiiserer Tage neu geschmückt, der Hochschule hat crbauen
lassen. Stolz erfüllt Mich, wenn Jch dcr Berdienste Meines weisen
Ahnherrn gedenke, unter deffen freisinniger und freier Regicrung die
Universität, niit Recht nun Ruperto-Carola genannt, wieder erstanden
ist nud eine ncue Blülh« gesunden hat; wiederholt hat die Hochschule
schöpferisch eingegriffen in das wiffenschaftliche Denken, neue An-
regungen, neue Richtungen sind von diesem herrlichen Musensitze
ousgegangen. Auch der Kunst hat dieselbe Stätte nicht nur Motive
Heliefert, von der deutschen christlichen Kunst dürfen wir wohl sagen,
Haß sie hier ihre Wiedergeburt gefeiert.

Und die heutiae Universität ist ihrer großen Geschichte würdkg
geblieben, in Fonchung und Lehre. Jugendfrisch steht sie iu leben-
digem Wechselverkehr mit dcn Schwesteranstalten, in der ernsten
Geistesarbeit unserer Tage. Bleibende Werke in den Geisteswiffen-
schaslen, große Entdcckungen auf dem Gebiete der sich mächtig ent-
wickelnden Naturwissenschaften, glänzende Beredsamkeit ausgezeichneter
Lehrer haben in den letzten Decennien Heidelbergs Ruhm ausrecht
erhalten, treu gemehrt.

Bei dem Emtritt in das 6. Jahrhundert ihrer gesegneten Arbeit
bringe Jch der großen Corporation Meinen Glückwunsch dar bewegten
freudigen Herzens, in dankbarem Ausblick zu der göttlichen Borsehung,
Lie so Edlcs hat gelingen laffen.

Jn Erinn-rung an das heutige Jubelfest und als Zeichen Meines
sürstlicheu Dankes übergebe Jch der Universität dicse Medaikle u»d
Kette, welche der jeweilige Prorector als Auszeichnung tragen soll.

> Jndem Zch in dieser feicrlichen Stunde Jhnen, Hcrr Prorector,
meiue Jubelgabe anvertraue, gebe Jch gern die Versicherung, daß
Jch, hierin unterstützt von der Weisheit und Liberalität Meiner ge-
treuen Stände, auch in Zukunst diese große Bildungsanstalt hegen
«nd Pflegen, ihr Schaffen mit allen Mitteln fördern, ihr ein treu
gesinnter Rector sein werde.

Möge der Ruperto-Carola unter dem Schutze Mcines Hauses, der
großen Bergangenheit würdig, eine herrliche Zukunft beschieden sein!

Das walte Gott!" _

* Ueber daS auf Sonntag, den 8. in Aussicht genommene
Costümsest aus dem Schlosse ist ein Correspondent der
„Allgsmeinen Zeitung" in der Lage, auS authcntischer Ouelle
folgende Mittheilungen machen zu können:

Schon vielsach war während der Vorbereitungen zum Jnbiläum
der Wunsch aufgetaucht, dcn mit so vieler Mühe und mit so großem
Auswand ins Äerk gesctzten historischen Festzug in längcrer
Betrachtung, als das flüchtige Borüberzichen sie gewährt, nochmal»
in Ruhe und mit Muße genießen zu können, um namentlich so auch
den einzelnen Zugtheilnehmern selbst, welche ja kaum ihre eigene
Gruppe zu übcrsehen im Stande siud, Gelegenheit zu bieten, die
übrigen Theile deS Zuges kennen zu lernen. Um diesen vollauf
berechtigten Wünschcn Rechnung zu tragen, trat noch unmittelbar vor
dcm Beginue der eigentlichcn Festwoch« cin Comitö, gebildet aus
angesehenen Einwohnern unserer Stadt, zusammen. Ünd waS sie
beschlossen, ist so schön und richtig, daß cs allseits freudigstc Zu-
stimmung und Beisall fand. ES soll danach, wie bereits bemerkt,
am 6. August auf dem Schlosse ein Fest veranstaltet
werden, bei welchem dic Theilnehmer am historischen Festzug in
ihren Costümen erscheincn. Dabei ist beabsichtigt, die einzelnen Ab-
theilungen des Zuges an hierfür geeigneten Stellen des SchloffeS ini
Freien und in den gedeckten RSumen zn vertheileu, um so aus dem
uatürlichen Hintcrgrunde deS einzigen Baues und unter Ausnützung
der unvergleichlichcn landschaftlichen Scenerie die farbenprächtigeu
Gruppen noch einmal zur Erscheinung zu bringen. Bei der Kürze
der Zeit ist auf Slellung von sogenanNten lebenden Bildcrn
im gewöhnlichen Iinne deS Wortes mit dem dazu gehörigen
großen Apparat verzichtet worden. Dagegen werden dic am
Arrangement des Festzugs betheiligten Künstler, deren Mitwirkung
gewonnen worden ist, die versthicdenen Gruppen unter Zugrunde-
legung einer bestimmten Jdee künstlerisch zusammenstellen und aus
diesc Deise ein wirklich lcbendiges Bild in die Erscheiaung treten
laffen. So werden wir Otto Heinrich in den Bogenhallen des neuen
Hofes lustwandeln und dann sich herabbcgeben sehen zu den aus der
Freitrcppe seines herrlichen BaueS gruppirten Werkleuten und zu
dcm Kreise der zechenden Bürger. Aus dem lauschigen Grün des
Stückgartens wird daS Hallali dcs Jagdzuges ertönen, während in der
offenen Halle des Ruprechtsbaues die Trommel die fremden Lands-
'nechte zusammenruft. Am Brunnen des Schloßhofes, neben den SLulen
Karl's deS Sroßen, lagert der relsige Zug Friedrich's des Siegreichen

und weiter oben auf der Terraffe, vor den Oekonomiegebäuden, wird
die „sröhlich Psalz" ihr munteres Wesen treiben. Jn das Bandhaus ist
die Ruprechtsgruppe und der Elisabeth-Zug eingekehrt, beide gc-
trennt durch daS vom Schloßhof über die Brücke in den Stückgarten
Hindurchziehende Publicum. Auch werden die einzelnen Gruppen
unter Borantritt der Musik Rundgänge in der Mitte des Schloß-
hoseS machen. Zuletzt werden die Schranken, welche das Publicuni
verhindern, in die Gruppen einzudringen, fallen, und es wird dann
das eigentliche gesellige Leben sich cntwickeln. Tische und Bänke
werden errichtet und auf dem Bretterboden im Schloßhofe und
im Stückgarten ruft die Musik zum Tanze. Die Beleuchtung und
alle übrigen Veranstaltungen werden genau in der Weise wie beim
osficiellen Schloßfest äm 3. August gehalten werden. Außer elektri-
scher und Gasbeleuchtung wird Schloß und Garten im Glanze vieler
hunter Lämpchen und bengalischer Flammen strahlen. Des be-
schränkten RaumeS wegen kan» nur einer beschränkten Anzahl von
Personen der Eintritt gestattet werden. Und bei der Fülle des
Schönen, welche gerade dieses Fest uns verspricht, wicd eS nicht
Wunder nehmen, daß die sämmtlichen Plätze bereits vergeben sind,
Um das Angedenken dieser Stunden auch im Bilde sestzuhalten, hat
Herr Kunsthändler Edmund v. König hier vom Comits das aus-
chließliche Recht erhalten, von den einzelnen Gruppen photographische
Aufnahmen machen zu laffen. W!r wünscken dem Feste von Herzen
einen schönen Berlauf. Möge es — und das ist der Wunsch, dcn
wir ja für alle unsere großen Veranstaltungen so dringend hegen
müffen — uicht zu Wasser werden!

Das 172. Leipziger Fischerstechen.

Am Nachmittage dcS 3. August hielt die Fischerinnung ihren
Umzug und das darauf folgende Wasserturnler, „Fischerstechen"
genannt, nachdem den Abend vorher, altem Brauche gemäß, den
Ehrenmeistern, Hoflieferanten Gustav Händel und Oskar Linke, den
Ohermeister» und anderen der Jnnung näher stehenden Würden-
trägern durch die für das Fest engagirte Musikcapelle ein Abcnd-
ständchen gebracht worden war. Jn srüheren Zeiten, wo sämmtliche
Fischer an dem jetzt überwölbten Ranstädter Mühlgraben wohnten,
wurde am Tage des Fischerstechens, dem 12, Mai, als dem Geburts-
tage König August's des Starken, der bekanntlich dieses Jnnungsfest
begründete, von vier Tambouren, die vor der kleiuen Funkenburg,
wo sich die Herberge der Fischer hefand, antraten, längs des Stein-
wegs bis zur Lautenbrücke und von diescr auf der anderen Seite
der Straße bis zur „Blauen Hand" Appell geschlagen, worauf
die Theilnehmer des Zuges sich nach dem Sammelplatze begaben.
Das Äasserturnier wurde damals auf dem Teiche der großen
Funkenburg abgehalten, Die alten Meister hielten streng darauf,
daß nirgendS von den Förmlichkeiten und Bräuchen ahgewichen
wurde, wie sie zur Zeit ihrer Väter eingesührt worden waren.
Namentlich dnrfte ein tüchtiger Hanswurst nicht fchlen, und je
naturwüchsiger derselbe auftrat, um so mehr entzückte er sein
Publicum. Und wer die alten würdigen Obermeister sah. mit welchcr
unnachahmlicher Würde schritten sie im weißen Piqusfrack mit den
Jnnungsinsignien geschmücki einher, die Waden in seidene Strümpfe
gezwängt und Escarpins mit faustgroßen Schnallen an den Füßen,
den Degen an der Seite, den Dreimaster aus dem Haupte und den
Marschallstab in der Hand! Hatte sich doch sogar ein Poet ge-
funden, der diesem Ehrentage ein Lied gespendct hatte, welches die
ganze Bevölkerung am Ranstädter Mühlgraben mit der Muttermilch
einsog und das daher schon die Säuglinge zu singen versuchten, Es
begann: „Heute ist das Fischerstechen, heute ist der Fischerschmaus.
Wir ziehen hinaus, zur Funkenburg hinaus; Heute ist der Fischer-
schmaus!" So ist freilich nicht Alles geblieben, denn der Zeitgeist
hat auch hier seinen Einfluß geltend gemacht; aber die traditionellcn
Gestalten konnte er nicht beseitigen, die Jungmeister mit den bunteu
Rudern, die Mohren und — die Hanswürste, jetzt heißcn sie Clowus, die
Obermeistcr mit Degen und Dreimaster und die bändergeschmückten
Gesellen und Lehrlinge — noch bilden sie Allc cin Gesammtbild,
welches von der Zähigkeit Zeugniß giebt, mit welcher der Fischer
an dcr mit seinem Herzen verwachsenen Form des alten Ehrenfestes
hängt. Seit die Gewäffer mit Gondeln bedeckt sind, öffentlichc Bade-
anstalten errichtet wurdcn und Fabriken die Flüsse vergisten und der
Fische entledigen, ist dcr Stern der Fischeriuuung untergegangen.
Mag aber Alles zu Grunde gehen — sein Fischerstechen läßt stch der
Fischer nicht nehmen! Das ist ihm mit Leib und Seele verwachsen,
ist sein Trost im Leid, sein Stolz ini Glück. Seine Jnnung ist ja
die einzige, der ein ehrendes hundertjähriges Fürstenrecht geblieben
ist. Und sie thun recht daran, umsomehr, als nur wenige Zünfte,
gleich den Fischern, festen Halt behielten, im Zeitensturme mit Pietät
mancher altehrwürdigen Ueberlieferung gedachten. Wie im vorigen
Jahre, sand auch heuer wieder das Fischerstechen auf dem Teiche
des Vereins der Leipziger Gastwirthe in Lindenau statt,
und zeitig schon waren die Ufer, Dämme und nahen Gärten von
einem nach vielen Tausenden zählcnden Publicum besetzt. Gegen
6 Uhr nahm der Wasserkampf seinen Anfang, bei dem die Krast
und Geschicklichkeit der einzelnen Käinpfer im Publicum stürmischen
Beifall fand. Bald wurden auch die Aale, welche nur mit den
Händen und vielleicht noch mit Anwendung der Zähne und körper-
licher Wucht von der Leine, an welcher sie an einsm über den Teich
gespannten Seile befestigt sind, losgelöst werden dürfen, von den
Wasserkämpfern in Angriff genommen, biS cs schließlich den Ge-
sellen Max Franzky und Julius Böse gelang, sie als Siegesbeute
davon zu bringen. Jnzwischen erheiterten die Hanswürste Alt und
Jung durch allerhand Späße und Positionen und trugen nicht wenig
zur Abrundung des Humors bei. Die auf einem besonders vor-
gerichteten Podium aus dem Teiche zur Aufführung gebrachte bur-
leSke Pantomime „Ein Jahr in den deutschen Colonien in Afrika
vder Erlebniffe des Untcrofficiers Pieske" spielte in Kamerun und
setzte die LachmuSkeln dcr Zuschauermenge in ununterbrochene Thätig-
keit. Das Stück behandelte die militairische und sociale Entwicklung
unserer schwarzen deutschen Brüdcr und ließ an Naturwahrheit und
energischer Behandlung deS Stoffes nichts zu wünschen übrig, Der
Unterofstcier Piefke, ein Wirth, ein Schulmeister, ein Engländer,
Kameruner Mitbürger, deutsche Matrosen, schwarze Schuljugend
und ein Brautpaar standen in Action, und Alles klappte
vortrefflich. Leider war der bedeutendste Mime des PersonalS,
welcher die Braut darstellen sollte, während bes FsstzugeS erkrankt
und wurde dem küiistlerischen Genusse deS dankbaren PnblicumS
großer Abbruch gethan. Ueber den Gang der Handluug, den Werth
der Pantomime und die Leistungen der einzelnen Acteurs mag der
sachverständige Kritiker berichten. — Den Schluß der Borstellungen
aus dem Teiche bildete ein Wettschwimmen, bei welchem sich acht
Coucurrenten betheiligten. Den Siegespreis, ein Lorbeerkranz,
wurde dem Gesellen Robert Töpfer zu Theil; den zweiten PreiS er-
rang der Meister Bernhard Krah und den dritten der Geselle Carl
Serbe. — ES crfolgte nun die Nückkehr der Festgenoffenschaft nach
der Stadt, wo bald nachher die RSume deS Tivoli sich den in
schmucker Fischertracht zeigenden Mitgliedern der Jnnung und ihren
Gästen zur Festtafel, dem Willkommentrunk auS den großen Jnnungs-
pocalen und nachsolgendem Ball öffneten. Otto Mfr.

^ Sachsen.

ch DreSden, 3. Auqust. Zur Borbereitung derBe-
theiligung der Dresdner Bürgerschaft an den Festlichkeiten auS
Anlaß derVermählung Ihrcr königl. Hoheit derPrinzessin
Maria Ioscpha, Hcrrogin zu Sachsen, mit dcm Erz-
herrog Otto Franz Iofef von Oesterreich hat sich
ein Bürgerausschuß gebildct, welchem die angeschensten
Bürger unsercr Stadt angehören. Nach dem vorläusig ent-
worsenen Programm werden verschiedene festliche Aufzüge statt-
sinden, außerdem ist ein großartiger Fackelzug geplant, an
welchem die städtischcn Colleqien, die Künstlerschaft, die
Innungen, die sämmtlichen Gesangvercine und anderc Corpo-
rationen Dresdens, fowie Sachsens Militairvercinsbund durch
Deputationen aus allcn Gauen SachsenS sich betheiligen werden.
Am Abcnd des Hochzcitstages foll eine glänzende Illumination
der Stadt erfolgen, während den Neuvcrmähltcn eine groß-
artige Screnade von sämmtlichen MusikcorpS der Dresdner
Garnison im Schloßhofe zugedacht ist. Sämmtljche Dresoner
Gefangvercine bereiten em Ständchcn vor, das durch seinc
Maffenwirkung imponiren wird.

—o. Die Kunde von der Verlobung Jhrer kömglichen
Hdhrjt der Prinzessin Maria Iofepha mit dem Erzherzog
Htto. k. k. Hoheit, hat im sächsifchen Lande freudige
Ausreguna hervorgerufen, wie denn überhaupt im sächsischen
Volke alle Familiencreigniffe in seinem Herrscherhause von
jeher die wärmste Theilnahme fanden. Früher kam es sogar
häufig vor, daß bei Vermählungen oder Geburten in oer
landcsherrlichen Familie fchlichtc Leute sich mit Hochzeits-
geschenken oder Kindtaussgefchenken bei Hofe einstellten, um
diesclbcn persönlich zu überreichen. Als im Äuni des Iahrcs
1747 der Kurprinz Friedrich Christian sich mit einer öster«
reichischen Prinzessin vermählte und dabei in Dresden cine

Reihe von Festlichkeiten stattfand, fehlte es auch nicht an
heitercn Einfällen aus Volkskreisen. So hatte vei der am
2l. Zuni veranstaltctcn Illumination der Stadt der auf der
Nämpeschen Gaffe wohnende Sergeant Schönberg vor dem
Fenster feiner im Parterre gelegenen Wohnung zwischen Guir-
landen und Lichtern ein altes Ehepaar in meißnischer Bauern-
trqcht aufgestellt, die Gedichte in den Händen und Brillen
ohNe Gläser auf den Nasen hatten. RechtS und linkS von
ihnen waren transparent folgende Verse im ländlichen Dialcct
zu lcsen: „ES ist nun hoite 50 Jahr; do unsere Hochzig-
Fröde war; Mei Six, wir hätten was drüm gegehn;
Wcnn eine Fröde wär gefchehn; Jhr Kcnger klöbts,
vas Flösch ist rare; Die Städter wärenS wohl erfahre; Doch
richten wir dcn Hochzig-Schmauß; heut mit dcm Landesvater
aus. — Der gnädge König müffe läbcn; Und allen Kingern
Hochzig gäbcn: Zetzt alte Mutter, freue Dich; Es läbe der
Braitgcn Christian Friederich; Er wärd unS wuhl die Hochzig
machen; Wie wärd da meine Marthc lachen." Als die Herr-
schaft bei dem Hause vorüber fuhr, Uberrcichte der Ersinder
dieser Jlluminativn ein Gcdicht, welche auch huldvolle Auf-
nahme fand und bei Hofc allgcmein gefiel. Es war über-
schrieben: „An dcn grußen Hochzig- uiid Ehren-Tage unseres
allergnädigsten Landesherrn und gnädigsten Chur-Prinzens mit
der Kayseriichen Schönen Prinzeffen, Und mit den gnädigsten
Bairischen Chur-Fürsten und der Sächsischen Schönen Prin«
zeffen, wolltcn wohl Glück und Segen wünschen a paar ahle
Loitgen vun Lande." — Als die Kurfürstin Amalie Auguste
1782 eine Prinzessin geboren hatte, erschien am Dresdner
Hose ein Leinwandhändlcr, Namcns Linke aus Friedersdorf
bci Lauban, und bai inständigst, bei Ihrer Durchlaucht der
Kurfürstin eine Audicnz zu erhalten. Ais ihm diese zugestanden
wurde, überrcichte Linke der Kurfürstin ein von ihm sclbst
qesertigtes Slück Leinwand und cinige, ebenfalls selbstgcwebte
Wiiidein mit der unterthänigsten Bitte, bcides als ein Mcrk-
mal seiner Freude über dic Geburt dcr kurfürstlichcn Tochtcr
anzuuebmcn. Die Feinhcit dieser Leinwand svll vorzüglich
und sast unnachahmlich gewesen sein. Die Kurfürstin sowohl
wie auch der Kurfürst wollten den Wcber dafür belohnen, und
uls er dieses verbat, drang man in ihn, sich einc Gnade aus-
zubitten. Allein auch di'eses that dcr wackere Handwerker
nicht. Er sagte, die Anuahme des GeschcnkS sei ihm, als
Freude für sein ganzes Lcben, der beste Lohn, und noch an
demselben Tage trat er zu Fuß die Rückreise nach der
Heimath an.

— Der am Sonntag Abend auf der Pirna-Arnsdorfer
Bahnlinie überfahrenc Bahnwärter Müller, wclchcr alsdann
nach Dresden überführt und in der Diakoniffenanstalt unter-
gebracht wurde, ist dortseibst gestern seinen schweren Ver-
letzungen erlegcn.

Meerane, 3. August. Eine gestern abgehaltcne Ver-
sammlung untcr Vorsitz des Herrn Stolle, in welcher Herr
Auer über die lctztc Reichstagssession Bericht erstattetc, ver-
lief ruhig.

— Es geht unS folgende Zuschrift zurVeröffentlichung zu:

Am 19. April war es ein Jahr, daß über daS Döcfchen Dröda,
in einem lieblichen, kleinen Thale des Voqtlande- gelegen, ein
schwereS Unglück hereinbrach. Am Sonntag Mis. Dom. 1885 nach
Beendigung des Gottesdienstes ließ der junge Kirchschullehrer des Ortes,
ein anerkannt braver, tüchtiger und beliebter Mann, um seinen Schul-
kindern eine Freude zu machen, einen Luftballon steigen. Ein heftiger
Wind, der sich erhob, sührte denselben an daS strohbedcckte Dach eines
SchuppengebäudeS. Sofort stand dasselbe in Flammen. Rasch theilte sich
daS Feuer auf andere Gebäude mit. und trotz der angestrengtesten
Arbeit der Orts- und auderer herzugecilter Feuerwehren waren in
kurzer Zeit 2 Güter, die Pfarrschsune und die erst im Jahre 1859
mit großen Opfern restaurirte Kirche vollstäiidig niedergebrannt, die
Schule und die Pfarre aber, beide vor wenigen Jahren erst neu ge-
baut, arg beschädigt. Doch das Schlimmste war das noch nicht. Der
Urheber des großen Unglückes hatte in seiner Verzweiflung über das
Elend, das cr vor s-inen Augen und durch seine Schuld über den
Oct hereinbrechen sah, den Tod tn den Fluthen des Dorsteiches ge-
sucht und gefunden und wurde, während der Ort in Flammen stand,
in dem Augenblicke aus dem Äasser gezogen, als dort seine Eltern
vorübergingen, die aus der Ferne gekommen waren, ihn mit der
Nachricht von seiner erfolgten Wahl sür eine höhere Stelle zu er-
sreuen. Aber auch damit war daS Uuglück sür den Ort noch nicht
zu Ende. Wenige Tage später brachte ein heftiges, wolkenbruchähnliches
Gewitter dem Dorfe weiteren großen Schaden, indem das von den
Höhen herabstürzende Wasser das gute Ackerland wegspülte, die
Fluren des Thales mit Sand überschwemmte und Wege und Höfe
arg beschädigte. Gütige und edle Menschen halscn zwar der Ge-
meinde und deren betroffenen Einwohnern die Schäden ausgleichen,
aber ein Verlust, den die Gemeinde bcsonders schmerzlich empfindet,
ist noch nicht ersetzt, der des Gotteshauses. Jnfolge der Schnelligkeit,
mit der das Feuer um sich griff, ist die Kirche vollständig mit aller
Einrichtung (auch Glocken, Orgel, Altar rc.) bis auf Kleinigkeiten,
die gerettet werden konnten, niedergebrannt. Zu einem Kirchen-
neubau stehen der Gemeinde nur geringe Mittel zur Verfügung,
nämlich 3421 43 ^ Antheil einer veranstalteten Sammlung,

9827 Brandschädenvergütungen, in Summa 13248 43

Aus sich heraus kann die nur 266 Seelen zählende, sehr arme Ge-
meinde weitere Mittel kaum anfbringen, auch Darlehne nicht weiter
ausnehmen, zumal ihre Glieder selbst arg geschädigt wurden und die
Steuerkräftc derselben in den letzten Jahren sast erschöpsend in An-
sprnch genommen wurden durch folgende große Ausgaben: 1857
Brückenbau 935 14 1859 Kirchenreparaturbau 2978 66

1860 Todtenballe 376 56 1862 Psarrhausbau 10,339 17

1870 Schulhausbau 5606 13 1871 SchulhauSbau 2220 16

1872 Orgel 1865 24 1873 Gottesacker 645 57

1877 Feuerspritze mit Jnventar und Rcmise 1489 ^ 29
1831 Wegebau 1535 94 1882 desgleichen 618 ^ 13 1883 des-

aleichen 2041 .^l 67 Der baldige Neubau einer Kirche aber macht
sich dringend nothwendig. Es nehmen wohl viele Gemeindeglieder
an den Gottesdiensten der Schwesterkirche Bösenbrunn theil; doch dic
Gemeinde zählt verhältnißmäßig viel alte, kranke und schwächliche
Personen, denen der über einen ansehnlichen Berg führende Weg in
einer Entsernung von '/«Stundc unmöglich ist. So sinden seit dem
Braude alle 14Tage Gottesdienste in der Schulstube statt als dem einzigen
RaumedesOrteL der inFragekommenkaun.doch reichtdiesestleine, enge
und niedrige Local nicht auS und wiederholt sind Frauen darin un-
wohl geworden. Die Taufen sinden in dem Pfarrhause statt, zu
Trauungen und Communione» müssen sich die Gemeindeglieder nach
der Schwesterkirche Bösenbrunn begeben. So hat denn der Kirchen-
vorstand, als ibm von deu kirchlichen Oberbehörden, die die Nothlage
erkanuten, auf sein Ansuchen eine Landescollecte, welche nächsten
Sonutag den 8. August stattfindet, in Aussicht gestellt war, be-
schloffen, im Bertrauen aus GotteS gütigen Beistand und auf die
Mithilse begütcrter und edelherziger Mitchristen an die Aussührung
deS WerkeS zu gehen. Der Bauplan zur ncuen Kirche ist ein gütiges
Geschenk deS „BereineS für kirchliche Kunst in Sachsen". Der An-
schlag lautctc aus 29000 ^l incl. Orgel, Glocken, Uhr, Kanzel, Altar
und sonstige Einrichtung, doch hat derselbe bei Bergebung der Bau-
arbciten bereitS um 2000 ^l überschritten werden müssen, so daß sich
die fertige Kirche aus ungesähr 32,000 ^l stellen wird. Zudem hat
sich der Ankaus eineS neuen Bauplatzes sür 1640 ^l nöthig gemacht.
Der Gemeinde sehlen also noch ungefähr 21,000 ^l Hätte sich
nicht bishcr in so vielen FSllen bei Gelegenheit von LandeS-
collecten der mildthätig« Sinn unserer sächsischcn evangelischcn
Gemeinden bcwährt, wären der Gemeinde Dröda vor Mem nicht
in dieser traurigen Zeit so vielc offenbare Beweise von der Gnade
und Hilse Gottes schon zu Theil geworden, ihr müßte der Muth zur
Ausführung und Vollendung des begonnenrn Werkes schwinden. An
dem Sonntagc, desseu evangelische Schriftvorlesung uns den Herrn
zeigt, wie er einer um ihn vcrsammelten und zu thm aufblickenden
Gemeinde Hilfe gespendet, aus deffen Predigttext in den GotteS-
häusern die apostolische Mahnuug klingt: und auch ihr alS die
lebendigen Steine, bauet euch zum heiligen Priesterthum, zu opfern
geistliche Opfer, die Gott angenchm sind, durch Jesum Christum» da
wird auch die Gemeiude Dröda sich in ihrer kleinen Schulstube zum
Gottesdienste versammeln und mit vertrauensvollem Gebete deS
Herrn Hilfe anrufen und auf die freundlichen Opfer der Brüder
hosfen, zur Ausführung eineS WerkeS, daS der Gemeinde dereinst
zum bleibenden Segen und dem Herrn zum Preise dienen soll.

Dröda, im Juli 1886. Der Kirchenvorstand.

Lurt Becker, ?.

— Wie daS „Frohburqer Wochenblatt" berichtet, ist der
Raubmörder, von welchem der durch Flciß und Spar-
I samkeit in den Besitz eineS Fuhrgeschäfts gelangte Friedrich
August Naumann von Frohburg unweit Penig crmordet
I worden ist, ein au» der Srrafanstalt Lichtcnburg bei Mersc-

burg entlaffeneS Individuum NamenS Schrot, wclches sicb.
mit Zwangspaß verfehen, nach seinem Heimathsorte Groß-
rückerswalde bci Marienberg begeben sollte. — Aus tem
Berichte des „Pcniger Wochenblattes" über das grausige
Bcrbrechen sei zur Ergänzung noch Folgendes wicde'r-
gegebcn: Am Sonntag MorgenS nach 4 Uhr wurde kurz vor
der Schluckwerder'schen Restauration in nächster Nähe Peuiqs
der Lcichnam in einer Blutlache aufgefunden und noch im
Laufe des TageS alS der 32jährige, vcrheirathete Fuhrwerks-
besitzer Naumann aus Frohburg recognoscirt. Wie di« ci»
Stück auf der Straße sich hinziehenden Blutfpuren uiid
Blutlachen nachweisen, muß der Mörder scin in der Schoß-
kelle sitzendes Opfcr von hinten erschlaaen und dann herauS-
gestürzt haben. Die schon gemeldete Verhaftung des 46jäb-
rigen MörderS Gustav Friedrich Schrot erfolgte am Sonntag
Abend 10 Uhr auf dcm Schützenplatze in Zschopau. A«
nächstcn Morgen ist Schrot nach Chemnitz adgcführt wordc».
Montag Nachmittag 5 Uhr sollte in Anwescnheit ver Cbem-
nitzer Staatsanwalt'schast im Peniqer Krankenhause die Sectivu
des Ermordetcn stattsinden. — Wie dem „Bornaer Bezirks-
Anzeiger" mitgetheilt wird, ist Naumann offenbar mit derselben
Radehacke erschlagen worden, die er erst auf Veranlassniig
Schrot's mitgenommen hatte; letzterer hatte ihm nämlick
scherzweise gerathen, ein Beil oder eine Axt mitzunehmen, faltr
sie unterwegs überfallen würden. — Ueber die so rasch vo»
Erfolq gekrönte Vcrfolgung dcs Berbrechcrs wird dcm „Chemnitzer
Tageblatt" berichtct: Seitens dcr Penigcr Behörden und der
Gendarmeric wurden sofort die umfänglichsten Erörlerunge»
angestellt, wobei von einem Gendarm in Erfahrung gcbrackt
wurde, daß am Sonntag früh gegen 3 Uhr ein Unbekanntcr.
bei welchem Blutspuren am Rocke sichtbar waren und welcher
einen mit drei Pferden bespannten großen Kastenwagen fnlirtc.
im Gasthause zu Mühlau einqekehrt und nach knrzem Halt
weiter in der Richtung nach Chemnitz gefahren war. Der
Gendarm folgte der Spur und setzte in Chemnitz die köuigt.
Staatsanwaltschaft und die Criminalpotizei in Kenntniß.
worauf ermittelt wurde, daß jencr Unbekannte am Sonntag
Vormittag sich in Chemnitz cinige Stunden aufqehalten.
daselbst em Pserd verkauft und darauf, vcrmuthlich in dcr
Richtung nach Zschopau, Chemnitz verlaffen hatte. Wie
schon oben erwähnt, gelang es auch noch am selbcn Abeud.
in Zschopau den Mörder durch dic nachgesandten Polizei-
beamten in Gcmeinfchaft mit den dortigen Gendarmcn un»
der Polizei festzunehme».

Vermischtes.

--- München, 3. August. DaS amtliche Ceremonielt
sür die Uebcrführung deS Herzens von Köniz
Ludwig II. nach Altötting darf ein gewiffes cultür-
historisches Jntereffe bcanspruchen. Daffelbe lautet:

„Allerhöchstem Befehle gemäß besteht die zu dieser Feierlichkeit
ernannte Hofcommission aus: 1) dem Stiitsdecan Jakob Rüter
von Türk mit seinem geistlichen Assistenten, 2) dem alS königlicher
Hofcommissar functionirenden königlichen Kämmerer, General-
lieutenant, Premierlieutenant der Leibgarde der Hartschiere, Frhr.
v. Lerchenfeld-Aham, 3) den zwei königlichen Kämmerern Fehr.
v. Barth-Harmating, Frhr. v. Kramer; serner haben im Gelcite z«
sein: dcr königliche Hosfourier, zwei Leibjäger, sechs Hoflakateu.
Am Tage der Ueberführung, Montag, den 16. August l. J„
wird in der alten königlichen Residenzcapelle, in welcher daS
königliche Herz beigesetzt ist, um halb sechS Uhr MorgenS eine
heilige Meffe gelesen, welcher genannte Hofcommissian, der k. Oberst-
hofmeister, der k. Staatsminister deS königlichen Hauses und dcS
Aeußeren und die Herren vom Dienste Sr. königlichen Hoheit des
Prinzregenten anwohnen. Nach Beendigung der heiligen Messe wird
daS Gesäß mit dem königlichen Herzcn, von einem schwarzen Veliim
bedeckt, durch den Stistsdecan unter Begleitung der genannten An-
wesenden zwischen dem Spalier von 24 Hartschieren (welche unter dem
Commando eines OfficierS und Exempts zu beiden Sciten dei
ÄagenS bis in den Ostbahnhof an dcn bereit gehaltenen Exlca-
hoszug Geleit geben), nach vollzogener Einsegnung an den Wageu
getragen. Die Wagen fahren in solgender Ordnung ab: 1) niit
4 Pferden bespannt für den k. Hoffourier, 2) mit 6 Pfcrden bespannt
sür die beiden königlichen Kämmerer, 3) mit 6 Pferden bespannt und
mit cinem vorreitenden Piqueur sür den Stistsdccan, den königlichc»
Hofcommissär und den Assistenten, welche das Gesäß bewahren. Vsr
dem letzten Wagen reitet als Escorte mit einem Trompeter und von
einem Officier geführt eine Abtheilung des 1. k. schweren Reiter-
Regiments Prinz Karl, rückwärts des Wagens ebensalls eine Ab-
theilung dieser Reiter, bis an den Ostbahnhof. Vor dem ersten
Wagen reiten zwei Gendarmen bis an den Bahnhvf. Unter dem
Geläute der Glocken, welches bis zu der um 7 Uhr 15 Minute»
statifindenden Abfahrt des Extrabofzuges dauert, bewegt sich der Zug
von der alten Hofcapelle durch die Residenzstraße über den Max-Josess-
platz. durch die Marimilianstraße, bei dem Athenäum rechts vorbei an
den Ostbahnhof. Jn der Bahnstation Neuötting wird der Extrahofzug.
welcher daselbst um 8 Uhr 45 Minuten eintrifft, verlassen. Die Hof-
commission bestcigt den bereitgehaltenen sechsspännigen Hoswagen.
dem zwci zweispännige Hofwagen vorausfahren, in deren Ersterem
der k. Hoffourier, im zweiten die zwei k. Kämmerer Platz nehmen.
Vor dem sechsspännigen Wagen marschirt eine Abtheilung des k.
Jnfanterie-Leibregiments und rückwärts dcs Wagens folgt ebcnfallr
eine Abtheilung derselben Truppe; zu beiden Seiten des sechs-
spännigen WagenS geht die Hosdienerschaft. Während der Durch-
fahrt nach Neuötting wird mit den Glocken geläutet. Jn Altötting
wird der Zug von einem Theile der Geistlichkeit, von den k. Beamteu
und deu Gemeindebehörden von Neu- und Altötting empfangen. DaS
Gesäß mit dem königlichen Herzen wird sofort in der Stistskirche auf
einem mit Krone und Scepter und dem k. Äappen geschmückten, vou
brennendenKerzen umgebenen Katafalk beigesetzt. Hierauf finden die Bi-
gilien und, unmittelbar daran anschließend, das feicrliche Requiem statt,
welcheS von dem Herrn Bischof von Passau gehalten wird. Nach der
Beendigung des Requiems wird das Gefäß mit dem königliche»
H.rzen in feierlicher Procession, wie folgt, in die'Muttergvttescapelle
transserirt: ein Zug des königl. Jnfanterieleibregiments, die Capell-
diener, die Schulen, die Bruderschasten, die Klostergcistlichkeit, eia
Kreuzträger und zwei Leuchterträger. die gesammte Geistlichkeit, der
Bischos von Paffau mit Assistenz, sechs Ministranten mit Fackeln,
die Musikcapelle von Altötting, der königl. Hoffourier, der Stifts-
decan, das Gefäß tragcnd (mit zwei Assistenten in Rauchmäntelu)
unter einem Baldachin, welchen Bürgcr, in schwarzer Kleiduug
mit Trauerflor, tragen; zn beiden Seiten gehen je 12 Mann, vou
dem Officier gefüyrt, und die Hofdicnerschast mit brennende»
Fackeln. Dem Stiftsdecan folgen: der königl. Hoscommissair, die
beiden königlichen KSmmerer, die königlichcn Kämmerer und dl«
königlichen StabS- und Oberofficiere, welche sich zur Feier «in-
gesunden haben, die königlichen Beamten, die Gemeindebehörde»,
die Gemeindedeputationen auS der Umgegend; den Schluß bildct
ein Zug Jnsantcric. Jn dcr Muttergottcscapelle wird das GesSß
unter Kirchengesang von dcm Stiftsdccan an dcm AufbewahrungS-
orte eingesetzt, welcher von dem königlichen Hofcommiffär mit dem
Schlüssel verschlossen wird. Nach Beendigung der kirchlichen Fnnc-
tionen begiebt sich die königliche Hofcommission unter Begleitung i»
die für sie bereit gehaltene Wohnung und kehrt AbendS sechS Uhr
mit dem Extrahofzug nach München zurück, wo dcrselbe gegen acht
Uhr im Ostbahnhof eintrisft. Der Anzug für die daS königliche
Herz nach Altötting Begleitenden und der zum Empfang Er«
scheinenden ist Unisorm nach Borschrift der crsten Traucrpcriode.
Jn München wird der Schlüffel von dem Hofcommiffär dem königltchen
Obersthofmeister eingchändigt und von diesem in dem königlicheu
HauSarchiv deponirt."

— München, 3. August. Der Prinz-Regent begkbt
sich morqen früh 7 Uhr zu den Iagden in daS Älg äu. Der
Aufenthält dortfelbst wird 14 Tagen dauern.

— DieXV. Versammlung deutfcher Forstm8nn«r
findet vom 5. biS 9. Scptember in Darmstadt statt.

Ll. Zeitz, 4. August. Der gestern Abend von hier nach
Weißenfcls fahrende Schnellzug konnte in Weißenfel-
leicht verunglücken, da er mit solcher Schnelligkeit in den dor-
tigen Bahnhof fuhr, daß es nicht möglich War, denselben au
der bestimmten Stelle zum Halten zu bringen. Er fuhr auf
einen auf dem Gleise stehenden Wagen auf, so daß dieser
auS den Schienen zur Seite gcworfen wurde. — Auch auf
dem hiesigen Bahnhof ereignete sich heute Morgen «in
Unfall. Beim Rangiren sprang eine Lowry auS de«
Schienen, infolge dcffcn die Glcise eine Zeit lanq qcsperrt
warcn. Verunglückt ist Nicmand.
 
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