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Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.7986#0055
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Entwurf zu der kfauptgrnppe des deutschen Aunsthandwerks auf der Weltausstellung zu Lhicago.

von ssrof. Gabr. Seidl. sserspektivische Gesainnrtansicht.

Zur Lhicago -weltausstellung.

Dic vcrsammlung dcr kunstgciverblichcn Ansftcllcr Bayerns,
welche von deni betreffenden Ansschust anf den 2y. Septeinber ins
Runstgeweibehaus einberufen und sehr stark besucht war, bezweckte,
den Ausstcllern Lericht zu erstatten über den Stand der Aiisstellungs-
Angelegeuheiten. Der vorfitzeude, kherr Director v. kangc, gab zu-
uächst eine Darlegung des — unsereii Lesern bckaniiteu — Lntwick-
lungsganges dcrsclben, deren bedeutsamstes Stadium mit dcr Fertig-
stellung des Prof. Seidl'schen Entwurfes sür die ksauptgruxpe des
gesammten dcutschen Runsthandwerks vor wenigen Wochen erreicht
worden war. Leider stellten sich der Aiisführung dieses Lntwurfes
Schwierigkeiten entgegen, wclche — wie es scheint — unüberwindlich
waren; die Ausführnng wurde nämlich au Ledingiingen hinsichtlich
der Außenseite gcknüpft, wclche die Zurückzichung des Lntwnrfcs zur
Folge haben mußten. bsierdnrch entstand die Gesahr, daß das dentsche
Aunsthandwerk in seincr Wirkung becinträchtigt werde. lvohl hob
Rcdner hcrvor, daß dcr Neichskommissär dies im höchsle» Grade be-
daure uud, um das lNöglichste zur Beseitigung des Ilebclstandes zu
thun, sür die Llite-Ausstellung in dcm abseits licgenden Repräsen-
tationrgebäude des Reiches eincu Saal und zu dessen Ausschmückiing
20,000 Mark zur verfügung gestellt habc; allein cr konnte auch nicht
verschweigen, daß dies keincswegs eine Beseitigung dcs Ucbcls, sondern
infolge der weitcrcn Zersplitterung der Rräfte eine verschlimmernng
des ganzeu Znstandes bedcute und daß es immer noch besser sei, mit
dem in der Industrichalle dem deutschen Aunsthandwerk zugewiesciien
Raum sich zu bchelfen.

Behufs genauerer Belenchtung der Lage crlänterte hierauf
Prof. Gabriel Seidl seinen Lntwurf, den wir in dieser Nummcr in
mehreren Abbildungen bringen. Bekanntlich liegt die deutsche Ab-
theilung an der Areuzung der beiden Lsauptaxen des Jndustrie-
gebäudcs; an der betressenden, stark abgeschrägten Lcke waren einige
einheitliche Räume gedacht, wclche die hel'vorragcndsten Lrzeugnissc
des dcutschen Rnnsthandivcrks ausnehmen solltcn. Demgemäß galt
es, die Außcnseite so zu gestalten, daß man aus dcrsclben die Be-
deutung des Inhalts sofort crkenne nud zu dessen Betrachtnng ent<
sprechend vorbereitet werde; daß der majestätische Portalbau, wie ihn
Prof. Seidl sich gedacht hatte, nur zu geweihteu Räumcn führe,

hätte wohl auch dem prosaischsten pankcc zum Bewußtsein kommen
müsscn. Mir geben ivciter uuten die nähere Lrlänterung zu dem Plau.

Aus weiteren Mittheiliiugen ging zunächst die schr bedauerliche
Thatsache hervor, daß es noch inimer nicht gclungcn ist, die Trans-
portkostcn fcstziistellen, namentlich iufolge einer neuerlichen Be-
slimmuug dcr amerikanischen Bahncn, wonach Werthgcgenstände
(Gemälde, Skulpturen, Gold- und Silbersachen rc.) nicht als gewöhn-
liches Frachtgnt, sondern als Lxpreßgut behandelt werden sollen nnd
dcmgcmäß nicht allcin dic vicrfache Taxe, sondcru auch den — sonst
frcien — Rücktransport zu bezahlen haben.

Pcinliches Aufschcn crrcgte sodann die Mittheilung, daß in dcm
für die kirchliche Annst eingeräiiniten Aapellenbau (ein Anbau des
dcutschen Repräscutationshauses) keine vorsorge zur Uuterbringung
dcr großeu, besonders von München in Aussicht gestellten Glasgemälde
getrosfen ist, obgleich dieselben rcchtzeitig unter geuaner Angabe ihrer
Abmcssungen angcmeldet worden sind; nicht minder peinlich bcrührte
die Absicht, diese, zum Theil bis zum Werth von 20,000 Mark
steigenden Arbeiten auf den — Gallerien des Lsauptbaues unter-
zubringen odcr dieselben mit ksilfe von elektrischcm Licht in Mirkung
zu sctzeuUI — Die Zahl dcr dnrch den Laycrischen Aunstaewcrbc-
verein vertrcteneu Ausstcller beträgt jctzt sso, wovon ZOS in die
^»dilstriehalle, zs in die kirchliche Abthcilung, zo znr Glasmalcrei,
8 znr Graphik und z z iu die Fraueiiabthcilung vcrwiescn wurdcn.

Aus der hieran gcknllpften Diskussiou, an welcher sich außer
den Gcnanntcu noch Lonservator I. Aopp, Lommerzienrath
F. Iettler, Möbclfabrikant Moriz Nenbauer, lsosmöbel-
fabrikant Vtto Fritzsche, Uhriüacher lvildcnauer betheiligten,
ging zunächst der lvuusch hervor, prof. Gabriel Seidl möge sich
durch dic Ablchnung scincs Lntwnrfes nicht abhaltcn lassen, auch
sernerhin dcm Uuternchmen sciue künstlerische Araft zn leiheu —
was dersclbe bereitwilligst zusagte, wenn er auch uicht mchr iu der
Lage sei, cin nenes Projekt mit dem bisherigen Gruiidgcdanken
der Llite-Ansstcllung anszuarbeitcn. Sehr erregt wnrden die ivciteren
vcrhandluugen durch das entschiedene Auftreten dcs Lommerzienraths
L h 11 i, der eigcns von Stuttgart zu dcr versammluug herübergekommen
war; er erhob gegen das Reichskommissariat und desscn Mrganisation
eine Reihe von vorwürfen, die nicht entkräftet werden konntcn und

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