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Politisches Leben (Metroon)

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Hand zurück. Sollten (ältere oder jüngste) Beschlüsse in
Stein oder Erz von Staats wegen aufgezeichnet werden, so
war es ihres Amtes, die betreffenden Aufzeichnungen zu
überwachen und für ihre Richtigkeit die Garantie zu über-
nehmen. Auch wenn von nichtamtlicher Seite d. h. von
Privaten, sei es zu praktischen, sei es zu wissenschaftlichen
Zwecken, wie z. B. von dem Historiker Thukydides für sein
Werk oder von dem Makedonier Krateros für sein Sammelbuch,
oder von Korporationen, wie z. B. den Dionysischen Techniten
Abschriften der hier liegenden Urkunden gewünscht wurden,
so konnte die Einsicht und die Abschrift nur durch ihre Ver-
mittelung erlangt werden1). Unter welchen Voraussetzungen
die Erlaubniss ertheilt wurde oder, wie wir sagen würden,
an welche Bedingungen die Benutzung des Archivs durch
Private geknüpft war, entgeht uns freilich.

Die eigentlichen archivalischen Dienstgeschäfte lagen
aber einem Gemeindesklaven ob2). Die Ordnung, die er zu
wahren hatte, ist im Detail natürlich nicht mehr bekannt.
Nur Eins erkennen wir noch mit hinlänglicher Klarheit: wie
in Rom und den italischen Municipien die Akten der Archive
jahrweise geordnet waren, der Ort der Aufstellung also schon
an sich das Jahr der Abfassung der Urkunde zu erkennen
gab, deshalb aber in diesen selbst die Jahresdatirung fehlte3),
gerade so wurde es auch in Athen bei der Aufstellung der
Originale der Psephismata gehalten4). So erklärt es sich

1) Dass Thukydides die Protokolle der Volksversammlungen be-
nutzt hat, zeigte an einem schlagenden Beispiel Kirchhoff a. a. 0.
Auch sonst lässt sich vielfach direkt nachweisen, dass er die mit-
getheilten Urkunden nicht von den Steinen hat, sondern aus dem Archiv;
doch bedarf dies einer eigenen Untersuchung. Ueber Krateros vgl. jetzt
Krech, de Crateri vjj>iqpicudTUJv cuvorfUJYfi et de locis aliquot Plutarcheis
ex ea petitis (Gryph. 1888).

2) Demosth. XIX 129 iv toic koivoic toic üuexepoic ypäuuaciv ev
tu» untpuiLu xaur' ecrlv, eqp' ok 6 or),uöaoc TeToncrcu. Vgl. auch
C. i. Att. II N. 167 Z. 28, wo mit Schaefer a. a. 0. S. 21 zu ergänzen
ist de tö u[r)x]pujov rrpöc xöv ör)u[6aov]. C. Curtius a. a. 0. hatte, wie
schon Schaefer richtig hervorhob, die Stellung dieses Staatssklaven
überschätzt.

3) S. Degenkolb in Rudorff's Zeitschr. f.Eechtsg. IV (1864) S. 479.

4) Dies vermuthete schon Böckh in Abh. d. Herl. Ak, 1827 S. 153 f.
 
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