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Waetzoldt, Stephan
Die Kopien des 17. Jahrhunderts nach Mosaiken und Wandmalereien in Rom — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 118: Wien, München: Schroll-Verlag, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.50950#0023
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Manuskripten Cassianos von einem Nachkommen, dem Fürsten Emanuele dal Pozzo erworben. Er
befindet sich jetzt im Besitz des Herzogs von Aosta in Turin. Der Rest der Pozzo-Sammlung wurde dem
preußischen Königshaus verkauft. Doch ging das Schiff, welches die kostbare Ladung nach Deutschland
bringen sollte, vor Civitavecchia unter.
Kopien als Denkmälerinventar: Francesco Barberini
Zur gleichen Zeit, aus ähnlichen Motiven und z. T. als Repliken der Kopien Cassianos, entstand die
Sammlung Kardinal Francesco Barberinis (1597-1679). Der Neffe Papst Urbans VIII. war 1623 - im
Alter von 26 Jahren - Kardinal geworden. Sein Palast an der Piazza Barberini wurde bald zum Treffpunkt
des gelehrten Rom. Die hervorragendsten Theologen, Historiker, Künstler und Sammler waren hier
gern gesehene Gäste.
Der Kardinal verfügte, dank der einträglichen Ämter, mit denen sein Onkel ihn überschüttete, über
fast unbegrenzte Mittel. Sein Jahreseinkommen belief sich 1630 auf 80000 Scudi66, die er vor allem für
Bauten und zur Vermehrung seiner Kunstsammlungen und der Bibliothek verwendete.
Die Codices mit Kopien nach römischen Mosaiken und Malereien, die der Kardinal seiner Bibliothek
einreihte, waren unter einem anderen Gesichtspunkt zusammengestellt als das »Museo cartaceo«
Cassianos und die Kopiensammlungen der ersten Generation. Francesco Barberini sammelte weder
Papstporträts noch Bilddokumente der Antike für Zwecke der Wissenschaft. Der Kardinal veranlaßte
vielmehr, daß überall dort, wo in römischen Kirchen noch vollständige Zyklen in Mosaik oder Wand-
malerei vorhanden waren, lückenlose inventarähnliche Serien von Nachzeichnungen angefertigt wurden.
In den Kopien-Bänden seiner Bibliothek, die 1902 in die Vaticana gelangten, finden sich daher stets
die vollständigen Zyklen, beziehungsweise die gesamte Folge der Mosaiken und Malereien einer Kirche.
Es enthalten zum Beispiel: Cod. Barb. lat. 4402: Kopien nach S. Urbano alla Caffarella, S. Cecilia,
S. Sebastianello, SS. Vincenzo ed Anastasia (Tre Fontane) - Cod. Barb. lat. 4403: Kopien nach S. Lorenzo
fuori le mura - Cod. Barb. lat. 4404: Kopien nach S. Maria in Trastevere - Cod. Barb. lat. 4405:
Kopien nach S. Maria Maggiore und S. Martino ai Monti - Cod. Barb. lat. 4406: Kopien nach den zykli-
schen Malereien von Alt-St. Paul - Cod. Barb. lat. 4407: Kopien nach den Papstporträts von Alt-St. Paul-
Cod. Barb. lat. 4408: Kopien nach dem Hospital des Lateran, dem Hospital von S. Giacomo al Colosseo
und S. Urbano alla Caffarella.
Zur Anlage einer so gearteten Sammlung haben den Kardinal wahrscheinlich sowohl denkmalpflegerische
wie kirchenpolitische Überlegungen veranlaßt. Einige Zeichnungsfolgen sind in unmittelbarem Zusam-
menhang mit Restaurierungsarbeiten entstanden. So wurden zum Beispiel 1630/31 bei dem Umbau
von S. Sebastianello (S. Maria in Paliara) auf dem Aventin nur die Malereien in der Tribuna konserviert.
Die Zyklen der Langhauswände aber kennen wir nur aus den Kopien, welche Francesco Barberini durch
seinen Zeichner Eclissi im gleichen Jahr 1630 anfertigen ließ (Kat. Nr. 1023—1054). — Die Kirche S. Ur-
bano alla Caffarella nahe der Via Appia wurde 1634 neu geweiht, nachdem sie auf Befehl Papst
Urbans VIII. gründlich restauriert worden war. Francesco Barberini hatte schon vorher - 1630 - ihre
Malereien kopieren lassen (Kat. Nr. 1071-1090, 1111-1117). Er reihte später noch eine zweite Serie
von Nachzeichnungen in seine Sammlung ein, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Restau-
rierungsarbeiten entstanden zu sein scheint (Kat. Nr. 1091-1110, 1118-1131).
Daß Francesco Barberini wie der Mailänder Kardinal Federico Borromeo mit seiner Kopien-Sammlung
auch kirchenpolitische Zwecke verfolgte, bezeugt ein Zeitgenosse: Giovanni Baglione schreibt 1639,
der römische Kardinal habe die Nachzeichnungen nach S. Paolo fuori le mura anfertigen lassen, »per
ravvivare nella memoria de’ fedeli gli habiti, e i riti della primitiva chiesa«67.
66 Pastor, a. a. O., Bd. 13, 1, S. 256.
67 G. Baglione, Le nove chiese di Roma, Rom 1639.

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