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Walden, Nell [Hrsg.]; Walden, Herwarth [Ill.]
Der Sturm: ein Erinnerungsbuch an Herwarth Walden und die Künstler aus dem Sturmkreis — Baden-Baden, 1954

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https://doi.org/10.11588/diglit.28011#0075
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14 H ''tfr'

PAUL KLEE, SCHIFFE, EIN SCHIFF, FISCHBASTARD, ZEICHNUNG (1916)

Dazu kam auch die Müdigkeit über Undank und weiteres Totschweigen der STURM-
Leistungen, wie es die deutsche Kunstkritik trotz allem doch weiterbetrieb. Bitterkeit
iiber die „Untreue“, wie er es nannte, von Künstlern, die ihm und dem STURM
ihren Ruhm zu verdanken hatten, und die nun sang- und klanglos aus dem STURM
schieden. Dem Rufe von Kunsthändlern und Kritikern folgend, die jetzt ihrerseits mit
ihnen Geschäfte machen wollten, also mit den gleichen Künstlern, die sie noch vor
wenigen Jahren abgelehnt und mit Kritik übelster Art bekämpft hatten.

Herwarth Walden war müde. Müde von Deutschland, müde von Europa. Und allzu
leicht folgte er dem unheilvollen Weg, den ihm sein Schicksal wohl bestimmt hatte.
Er fing bereits nach dem ersten Weltkrieg an, sich sehr intensiv für die ganz links
gerichtete Politik zu interessieren, gerade er, der das Wort geprägt hatte: „Kunst und
Politik haben nichts miteinander zu tun“. Da wir auf diesem Gebiete nicht einig waren
— es nicht sein konnten — kam ein Riß zustande, der dem ganzen späteren Verhältnis
zwischen uns doch viel von seiner inneren Festigkeit nahm.

Meine Tätigkeit im STURM, meine Arbeit für seinen STURM-Kampf blieben unver-
ändert. Seine neuen Ziele und Eloffnungen konnte ich aber nicht teilen.

Ende 1924 ging mein langersehnter Wunsch: die Ehe-Gemeinschaft mit Herwarth
Walden aufgelöst zu sehen, in Erfüllung. Meine Freundschaft, meine Anteilnahme
und weitere Mitarbeit an seinem großen STURM-Werk verblieben ihm indessen
ungeschmälert.

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