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Die großen Porträtisten

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wischen und das Bild merkt es gar nicht. Nein, der Wert dieser
Porträts liegt in der absoluten zuverlässigen Ähnlichkeit. Sie sehen
genau so steif und linkisch aus, wie diese Menschen aussahen; nur
denen gleich und nichts anderem im ganzen Umkreis der mensch-
lichen Natur.“
Die „School for Scandal“, zuerst im Mai 1777 aufgeführt, Sheri-
dans Meisterwerk und nächst Beaumarchais „Figaro“ die beste
Komödie der Weltliteratur, hatte einen Riesenerfolg. Wir wissen
nicht, ob Reynolds oder Gainsborough, die beide den Dichter und
seine schöne Frau Eliza mehrfach gemalt haben, dieses Lob der alt-
englischen Porträtmalerei zur Kenntnis nahmen oder gar auf sich
bezogen haben; noch wissen wir, wen Sheridan mit der „volontiere
grace“ meinte und ob er es überhaupt so meinte. Iren denken manch-
mal anders über Engländer als Engländer vermuten. Vielleicht
sollte es nur ein Hieb sein auf die „Portrait-Manufacturers“, die
sich damals schon mit aller Hurtigkeit breitmachten, und tatsächlich
begann das Niveau dann ja sehr bald erschrechend zu sinken.
Vergleicht man etwa ein Bild wie das der „Pegg Woffington auf
dem Krankenbett“ von dem sonst ziemlich unbekannten Arthur
Pond, das um das Jahr 1750 entstanden sein muß, das Werk eines
Künstlers also von immerhin mäßiger Bedeutung, mit irgendeinem
Porträt von Opie oder Höppner, so begreift man, weshalb Sir
Charles Surface, der von der auch bei Pond vorhandenen malerischen
Pracht in Rot, Gold und Weiß gar nicht einmal redet, die Familien-
bilder aus der Generation seiner Eltern denen der Modegrößen
vorzog.
Aber der Verfall war nicht aufzuhalten, Sonst wäre es ja un-
denkbar gewesen, daß ein Mann wie Thomas Lawrence dann zu
so überragendem Einfluß kam und das Schicksal des angelsäch-
sischen Porträts auf Jahrzehnte hinaus bestimmte. Dabei sind
jene Arbeiten der Frühzeit, in denen das weder zeichnerisch noch
malerisch besonders begabte Wunderkind die Wirkungen von
Reynolds klischierte, wie die berühmte Mrs. Farren, noch nicht ein-
mal das Schwächste seiner Hand. Als er seinen eigenen Stil ge-
funden hatte, vergaß er immer gründlicher, was gute Malerei sein
kann. Er löste den Menschen aus dem Bilde heraus und malte das
Bild dahinter. Die Tatsache, daß jedes Bild eine Fläche ist, der Wirk-
lichkeit als eine Einheit so gegenüber, wie eine Spiegelfläche, ignorierte
er immer mehr und malte auf jede Leinwand zwei Bilder. In der
Ähnlichkeit muß er manchmal geschickt gewesen sein, die Bildnisse
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