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EINLEITUNG

**n""**^. ^ erste umfassende Darstellung der byzantinischen Miniaturmalerei gab Kondakoff in seiner L'Histoire
H de l'Art Byzantin, Paris 1886. In dieser grundlegenden Arbeit, die auf einer außerordentlichen Material-
kenntnis beruht, teilt Kondakoff die Materie in zeitlich große Abschnitte, innerhalb derer er die
Handschriften nach ihrer thematischen Zusammengehörigkeit gruppiert. Auf die ikonographische Verbundenheit
wurde ungleich größerer Wert gelegt als auf die Stilzusammenhänge. Dies lag in der allgemeinen Entwicklung
der damaligen russischen Kunstwissenschaft begründet. Die Materialanordnung des Kondakoffschen Buches ist vor-
bildlich geblieben bis zu den neuesten Bearbeitungen der byzantinischen Buchmalerei von Ebersolt und Gerstinger.
Dieser Methode der Handschriften-Gruppierung gegenüber soll in der vorliegenden Arbeit für einen beschränkten
Zeitabschnitt der Versuch unternommen werden, vorwiegend auf stilistischem Wege zu einer Scheidung in
werkstattmäßig und lokal gesonderte Gruppen zu gelangen, wobei ikonographische Zusammenhänge keineswegs
ausgeschlossen werden sollen, da sie oft auch für stilistische Probleme aufschlußreich und beweiskräftig sein
können. Dem stehen freilich große Schwierigkeiten entgegen. Zunächst gilt es zu berücksichtigen, daß das
byzantinische Handschriftenmaterial von den ältesten Zeiten an weit mehr als das abendländische in alle Welt
verstreut und so der Zusammenhang mit dem Produktionszentrum gelockert wurde. Das ist einmal in der
Unbeständigkeit der politischen Verhältnisse im nahen Osten begründet. Durch die Islamisierung des byzantinischen
Reiches sind die meisten Klöster Konstantinopels und Kleinasiens zugrunde gegangen, und über ihre Bibliotheken
wissen wir fast gar nichts. Sodann hat seit der Renaissance mit dem Erwachen der philologischen Interessen des
Abendlandes an griechischer Kultur die Beraubung der griechischen Kloster-Bibliotheken bis auf den heutigen
Tag nicht aufgehört. Von den Klöstern des Ostens, die noch größere Bibliotheken enthalten, sind nur das
Katharinen-Kloster auf dem Sinai und die ersten Athos-Klöster, deren Gründungen in das Ende des 10.Jahrhunderts
fallen, so alte Gründungen, daß sie als Entstehungszentren für unsere Epoche in Frage kommen (vgl. S. 34 u. 58).
Die Gründung des Johannes-Klosters auf Patmos fällt bereits ins 11. und die der Meteoren-Klöster gar erst
ins 13. bis 14. Jahrhundert. Hier wie dort befindet sich aber ein reichhaltiges Material früher Handschriften des
9. und 10. Jahrhunderts, das nur von den ersten Mönchen mitgebracht worden sein kann oder durch spätere
Schenkung in diese Klöster gelangt ist. Wir dürfen daraus schon für die früheste Zeit mit Wanderungen der
Handschriften von Kloster zu Kloster rechnen. Nur durch einen derartigen Handschriften-Austausch ist es zu
verstehen, wenn z. B. von dem Evangeliar Stauronikita Cod. 43 (Abb. 169 —172) in den verschiedensten
Gegenden des byzantinischen Reiches sich Kopien Enden, die mit mehr oder weniger großer Genauigkeit dieses
Vorbild wiedergeben: die Evangeliare in Athen (Abb. 151—152), auf Patmos (Abb. 291 — 294), in Leningrad
(Abb. 392—393), im Vatikan (Abb. 404) und andere.

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