islamischen Stoffen eigenen Stilisierung^. Ferner gehören
diesem Darstellungskreise heraldische Pfauen und sich
umblickende Vögel (Abb. 512) an, welche in Gestalt und
Zeichnungsart VerwandtschaA mit denen einer vorkaro-
lingischen Handschrift aus Luxeuil zeigen'*'"'. Eine solche
Beziehung zwischen der östlich-byzantinischen und vor-
karolingischen Buchmalerei steht nicht vereinzelt da (vgl.
S. 67), wobei immer vorauszusetzen ist, daß die relativ
späten byzantinischen Handschriften auf ältere östliche Vor-
lagen zurückgehen müssen, die ihrerseits die Möglichkeit
einer Einwirkung auf das Abendland boten. An sonstigen
Tieren sind Hasen, Rehe, Pfauen und andere Vögel in
den Tympana der Canones-Arkaden zu finden^. Be-
sonders hervorzuheben sind außer den Tieren die Archi-
tekturdarstellungen mit konischen, auf syrische und klein-
asiatische Vorbilder zurückgehenden Kuppeln (Abb. 513)
und die geometrischen Kreis- und geflochtenen Sternmuster
(Abb. 314), die wie die übrige Ornamentik karmin ge-
zeichnet und wässerig blau, gelb und rot laviert sind.
Derartige geometrische Muster in demselben Farb-
geschmack wiederholen sich in einem Evangeliar in Paris,
Bibliotheque Nationale, cod. gr. 48als
Titelquadrate zu den einzelnen Evangelienanfängen
(Abb. 318). Eine „T"-Initiale mit Hand und Fuß
(Fig. 84) weist Berührungspunkte mit der kappadokischen
Kunst auf (vgl. Fig. 63, Abb. 466 u. a.). Von den
Evangelistenbildern sind noch drei erhalten: Markus
(Abb. $16) und Lukas auf einem Hocker sitzend und in
einem Codex sAreibend, Johannes (Abb. $17) sinnend im
Lehnstuhl sitzend. Es sind die in der hauptstädtischen
Kunst üblichen Evangelistentypen (vgl. z. B. Abb. 183
und 186). Aber in der Ornamentik, in der Form der
Bogenabschlüsse, in den Fliesenmustern der Bogenzwickel
im unendlichen Rapport (Abb. 316), in der kugelig ein-
gerollten Wellen ranke des Bogens und inneren Rahmens
des Johannes-Bildes (Abb. 317) lassen sich unzweideutig
Einflüsse der islamischen Ornamentik feststellen. Das
Markus-Bild ist umrahmt von einer Doppelranke, welAe
stilisierte Blattbildungen und goldene Vögel umschließt,
das Johannes-Bild von einem breiten goldenen Flecht-
band. Die derb gemalten Evangelisten mit großen Köpfen
haben etwas ZwerghaAes in den Proportionen, sie kauern
mehr als sie sitzen. Das Gewand zeigt halbkreisförmige
Falten. Wie weit auch in diesen Gestalten islamischer
Formengeist zu Anden ist, läßt sich schwer beantworten,
da aus früher Zeit nur Fragmente illustrierter arabischer
HandschriAen bekannt sind, die zur Vergleichung mit den
Pariser Evangelisten nicht geeignet sind. Der Maler der
Bilder und der Schreiber, welchem der Titelschmuck ge-
hört, sind zwei verschiedene Personen. Letzterer gehört
auf Grund der Ornamentvergleichung mit der voran-
gegangenen Vatikanischen HandschriA dem 10. Jahr-
hundert an, während die eingefügten Bilder ihrem Stil
nach frühestens dem 11. Jahrhundert angehören dürAen.
An der Ostgrenze des byzantinischen Reiches unter Ein-
wirkung des Islam werden wir das Entstehungszentrum
der Vatikanischen und Pariser HandsAriA zu suchen
haben.
Das unmittelbarste Zeugnis islamischen Stils in der
byzantinischen Buchmalerei ist ein Titel einer 1030
datierten Johannes Damascenus-HandschriA in der V a -
tikana, cod. Chis. gr. R. IV, 18 (Abb. 319)*^,
dessen eigenartige Gestalt mit einer großen stilisierten
Blüte an der rechten Seite die typische Form eines Koran-
Vers-Teilers wicdcrgibt'T Die Goldranke mit den kuge-
ligen Blatteinrollungen, dem inneren Rahmenmuster des
Pariser Johannes-Bildes (Abb. 319) vergleichbar, ist eben-
falls typisch islamisch. Gegen diesen sauber gemalten Titel
stechen die groben, schmutzig rot und grünen Initialen ab,
die auf italienische Entstehung der HandschriA zu weisen
scheinen. In Unteritalien oder Sizilien würde islamischer
Einschlag nicht überraschend sein.
453 Koechlin-Migeon, Islamische Kunstwerke, 1928, Taf. zu S. 33,
Stoff im Louvre.
4M Zimmermann, Vorkarolingische Miniaturen, Bd. I, Taf. 33b
und 36a.
433 A. Grabar a. O., Taf. XII, =; XV, 1; XIII, 1; XV, 9; XVII, 1.
433 Silvestre, Paleographie Universelle, Taf. 76. / Bordier, S. toi. /
Stassolf, Taf. 12t, 39-40. / Omont, Facs. Mss. onc. et min-, S. 9,
Taf. 17. / E. Blochet, Les peintures des Manuscrits orientaux de la
Bibliotheque Nationale, Paris 1914-1920, S. 14, Nr. 1. / Tikkanen,
Stud., S. 94. / Ebersolt, S. 66, 69 Nr. 1. — Die HandschriA (Blochet
a. O.) enthält einen Eintrag in arabischer SchriA, na& der sie in
dieser Zeit im Besitz eines koptischen Christen gewesen ist.
43? Cavalieri, S. 26. — Fol. 23 8^: dteVttü&tjaavouv&etjj td pxstpdXata
etfous) stpXtj tvo(ncmuvos) ty.
433 Vgl. A. Grohmann und Th. W. Arnold, Denkmäler islamischer
Buchkunst, München 1929, Taf. 9-11.
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diesem Darstellungskreise heraldische Pfauen und sich
umblickende Vögel (Abb. 512) an, welche in Gestalt und
Zeichnungsart VerwandtschaA mit denen einer vorkaro-
lingischen Handschrift aus Luxeuil zeigen'*'"'. Eine solche
Beziehung zwischen der östlich-byzantinischen und vor-
karolingischen Buchmalerei steht nicht vereinzelt da (vgl.
S. 67), wobei immer vorauszusetzen ist, daß die relativ
späten byzantinischen Handschriften auf ältere östliche Vor-
lagen zurückgehen müssen, die ihrerseits die Möglichkeit
einer Einwirkung auf das Abendland boten. An sonstigen
Tieren sind Hasen, Rehe, Pfauen und andere Vögel in
den Tympana der Canones-Arkaden zu finden^. Be-
sonders hervorzuheben sind außer den Tieren die Archi-
tekturdarstellungen mit konischen, auf syrische und klein-
asiatische Vorbilder zurückgehenden Kuppeln (Abb. 513)
und die geometrischen Kreis- und geflochtenen Sternmuster
(Abb. 314), die wie die übrige Ornamentik karmin ge-
zeichnet und wässerig blau, gelb und rot laviert sind.
Derartige geometrische Muster in demselben Farb-
geschmack wiederholen sich in einem Evangeliar in Paris,
Bibliotheque Nationale, cod. gr. 48als
Titelquadrate zu den einzelnen Evangelienanfängen
(Abb. 318). Eine „T"-Initiale mit Hand und Fuß
(Fig. 84) weist Berührungspunkte mit der kappadokischen
Kunst auf (vgl. Fig. 63, Abb. 466 u. a.). Von den
Evangelistenbildern sind noch drei erhalten: Markus
(Abb. $16) und Lukas auf einem Hocker sitzend und in
einem Codex sAreibend, Johannes (Abb. $17) sinnend im
Lehnstuhl sitzend. Es sind die in der hauptstädtischen
Kunst üblichen Evangelistentypen (vgl. z. B. Abb. 183
und 186). Aber in der Ornamentik, in der Form der
Bogenabschlüsse, in den Fliesenmustern der Bogenzwickel
im unendlichen Rapport (Abb. 316), in der kugelig ein-
gerollten Wellen ranke des Bogens und inneren Rahmens
des Johannes-Bildes (Abb. 317) lassen sich unzweideutig
Einflüsse der islamischen Ornamentik feststellen. Das
Markus-Bild ist umrahmt von einer Doppelranke, welAe
stilisierte Blattbildungen und goldene Vögel umschließt,
das Johannes-Bild von einem breiten goldenen Flecht-
band. Die derb gemalten Evangelisten mit großen Köpfen
haben etwas ZwerghaAes in den Proportionen, sie kauern
mehr als sie sitzen. Das Gewand zeigt halbkreisförmige
Falten. Wie weit auch in diesen Gestalten islamischer
Formengeist zu Anden ist, läßt sich schwer beantworten,
da aus früher Zeit nur Fragmente illustrierter arabischer
HandschriAen bekannt sind, die zur Vergleichung mit den
Pariser Evangelisten nicht geeignet sind. Der Maler der
Bilder und der Schreiber, welchem der Titelschmuck ge-
hört, sind zwei verschiedene Personen. Letzterer gehört
auf Grund der Ornamentvergleichung mit der voran-
gegangenen Vatikanischen HandschriA dem 10. Jahr-
hundert an, während die eingefügten Bilder ihrem Stil
nach frühestens dem 11. Jahrhundert angehören dürAen.
An der Ostgrenze des byzantinischen Reiches unter Ein-
wirkung des Islam werden wir das Entstehungszentrum
der Vatikanischen und Pariser HandsAriA zu suchen
haben.
Das unmittelbarste Zeugnis islamischen Stils in der
byzantinischen Buchmalerei ist ein Titel einer 1030
datierten Johannes Damascenus-HandschriA in der V a -
tikana, cod. Chis. gr. R. IV, 18 (Abb. 319)*^,
dessen eigenartige Gestalt mit einer großen stilisierten
Blüte an der rechten Seite die typische Form eines Koran-
Vers-Teilers wicdcrgibt'T Die Goldranke mit den kuge-
ligen Blatteinrollungen, dem inneren Rahmenmuster des
Pariser Johannes-Bildes (Abb. 319) vergleichbar, ist eben-
falls typisch islamisch. Gegen diesen sauber gemalten Titel
stechen die groben, schmutzig rot und grünen Initialen ab,
die auf italienische Entstehung der HandschriA zu weisen
scheinen. In Unteritalien oder Sizilien würde islamischer
Einschlag nicht überraschend sein.
453 Koechlin-Migeon, Islamische Kunstwerke, 1928, Taf. zu S. 33,
Stoff im Louvre.
4M Zimmermann, Vorkarolingische Miniaturen, Bd. I, Taf. 33b
und 36a.
433 A. Grabar a. O., Taf. XII, =; XV, 1; XIII, 1; XV, 9; XVII, 1.
433 Silvestre, Paleographie Universelle, Taf. 76. / Bordier, S. toi. /
Stassolf, Taf. 12t, 39-40. / Omont, Facs. Mss. onc. et min-, S. 9,
Taf. 17. / E. Blochet, Les peintures des Manuscrits orientaux de la
Bibliotheque Nationale, Paris 1914-1920, S. 14, Nr. 1. / Tikkanen,
Stud., S. 94. / Ebersolt, S. 66, 69 Nr. 1. — Die HandschriA (Blochet
a. O.) enthält einen Eintrag in arabischer SchriA, na& der sie in
dieser Zeit im Besitz eines koptischen Christen gewesen ist.
43? Cavalieri, S. 26. — Fol. 23 8^: dteVttü&tjaavouv&etjj td pxstpdXata
etfous) stpXtj tvo(ncmuvos) ty.
433 Vgl. A. Grohmann und Th. W. Arnold, Denkmäler islamischer
Buchkunst, München 1929, Taf. 9-11.
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