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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0122

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Drittes Kapitel.

6. In der blossen Tunika (oder seltener Dalmatik) sehen wir auch die meisten
biblischen Persönlichkeiten, unter denen der Verstorbene sich verbirgt, nämlich Noe
Daniel (auf den älteren Fresken), Jsaak, Job, David mit der Schleuder, Tobias, den
Gichtbrüchigen, Blindgeborenen und Aussätzigen.

7. Eine Ausnahme machte man zunächst bei den drei Jünglingen, denen man
die von der Heiligen Schrift ausdrücklich erwähnten Gewänder gab; ähnlich kleidete
man auch die Magier, vielleicht um sie als Orientalen zu kennzeichnen.

8. Gemäss den antiken Kunsttraditionen, nach welchen Schiffer und Fischer
unbekleidet dargestellt wurden, erscheinen auch die sieben Jünger am See Tiberias,
ferner die drei Fischer, Jonas mit den ihn hinauswerfenden Schiffsleuten und zweimal
Tobias entweder ganz nackt oder nur mit dem Perizoma.

9. In der weiblichen Tracht herrscht eine grosse Einfachheit, da kein Unter-
schied zwischen den heiligen und gewöhnlichen Frauen gemacht wurde. Von den für
alle unerlässlichen Schuhen abgesehen, setzt sich die Gewandung zusammen aus
Tunika und Palla, oder aus Tunika und Kopftuch, oder aus Tunika, Dalmatik und
Kopftuch, oder aus Tunika bezw. Dalmatik oder aus Dalmatik und Haube.

Die Wichtigkeit dieser Resultate für die Interpretirung der Darstellungsgegen-
stände liegt auf der Hand. Wer von ihr noch nicht ganz überzeugt sein sollte, möge
die lange Reihe der verfehlten Auslegungen der Scenen durchgehen; er wird dann
finden, dass viele durch Nichtbeachtung der Gewänder verursacht worden sind. Einige
von ihnen haben wir oben namhaft gemacht; sie sind so augenfällig, dass es nicht
nothwendig ist, andere hinzuzufügen. Umgekehrt brauche ich nicht besonders zu
betonen, welch grosser Gewinn meiner Arbeit gerade aus den Gewandstudien zuge-
flossen ist; das Kapitel über die Chronologie und das ganze zweite Buch zeigen es zur
Genüge. Auf eine Thatsache nur möchte ich zum Schluss aufmerksam machen, da
sie geeignet ist, die Richtigkeit des Gesagten in ein klares Licht zu stellen: die Ent-
deckung der Basilika der hll. Markus und Marcellianus verdanke ich einzig und allein
dem Studium der Gewänder. Als ich am 30. April d. 1. Jahres (1902) die fragmen-
tirten Fresken des Arkosolbogens,' der aus dem Schutt herausragte, zum ersten Male
sah, überraschte mich der mit Tunika und Pallium, also mit der Tracht der heiligen
Gestalten, bekleidete Mann mit der Leiter in dem Grade, dass ich, obwohl er mir
damals räthselhaft erschien, den Entschluss fasste, das Arkosol von dem Schutte frei-
legen zu lassen, um noch andere Darstellungen zu finden. Die Arbeiten waren von
den besten Erfolgen begleitet und führten schliesslich zu jener Entdeckung, welche
eine der grössten ist, die in den Katakomben überhaupt gemacht wurden. Hätte ich
'die erwähnte Malerei vor zehn Jahren gesehen, so hätte ich sie vielleicht für den Rest
einer Darstellung der Jahreszeiten gehalten und sie, wie de Rossi es that,2 nicht weiter
beachtet; die Basilika wäre in diesem Falle noch heute unter dem Schutte begraben.

Taff., 149, 3; 153, 2. I.uminar verzeichnet und die Krypta selbst mit ihrer

2 Auf de Rossi's Plan (R. S., I, Taff. XXXV-XL, Gallerie als eine grosse, formlose Schuttmasse ange-
I-L«) ist nicht bloss das Arkosol sondern auch das geben.
 
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