Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0135

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
SECHSTES KAPITEL.
Die Gesten auf den Katakombenmalereien.

Wie schon oben gesagt wurde, Hessen sich die Künstler der Katakomben für
gewöhnlich nicht darauf ein, ihren Figuren den der momentanen Handlung entspre-
chenden Gesichtsausdruck zu verleihen, sondern zogen es vor, die Gestalten durch
Anbringung von Gesten, «der Beredsamkeit des Körpers», wie Cicero sie treffend
nennt,: dem Beschauer verständlich zu machen. Die Kenntniss der Gesten ist also
für die Erklärung der Malereien unumgänglich nothwendig; wir müssen daher hier
etwas näher auf dieselben eingehen.

i. Am häufigsten wurde der Gestus, in welchem die Christen vorzugsweise
beteten, nämlich aufrecht und mit ausgebreiteten und erhobenen Armen
(die sog. Orantenstellung), angewendet. Dieser Gestus geht direkt auf apostolische
Vorschrift2 zurück, war aber, als die natürlichste Gebetsweise, schon im Alten Bunde3
und selbst bei den Heiden in Übung.4 Den Christen war er besonders lieb und theuer,
weil durch ihn, wie die kirchlichen Schriftsteller von dem hl. Justinus M. an hervor-
heben, das Kreuz symbolisirt wurde. «Wir erheben nicht bloss unsere Hände »,
schreibt Tertullian,5 « sondern breiten sie auch aus, zum Andenken an das Leiden
Christi ». Hierdurch unterscheidet sich nach Tertullian der betende Christ von dem
betenden Heiden, welcher die Hände «nur erhebt», ohne sie «auszubreiten»; in der
Nachbildung des Kreuzes liegt auch der specifisch christliche Charakter der Oranten-
stellung. Von den Frauen verlangt der Apostel Paulus, dass sie verhüllt, von den
Männern, dass sie entblössten Hauptes beten sollten.6 Tertullian und Origenes ver-

Bei Quintil., Instit., n, 3, 1. tium sie est, üt manibus extensis coelum precemur.

/ Tim., 2, 8, f.: Volo ergo viros orare in omni Vgl. Cic, Ep. ad Fatn., 7, 5; Virg., Ae?i., 2, 687 ff.

loco, levantes puras manus... Vgl. 1. Clem., Ad s Tertull., De orat., 11: Nos vero non attollimus

Cor., 29, ed. Funk., S. 97: Accedamus ergo ad eum tantum, sed etiam expandimus (manus), et dominica

in sanetitate animae, castas et impollutas manus passione modulantes et orantes confitemur Christo.

elevantes ad illum. Vgl. lustin., Dialog.Tryph., 90; M.Felix, Octav., 29,

J 2. Mos., 17, 11. Migne, 3, 332.

4 Apuleius, De mundo, 33: Namque habitus oran- . 6 1 Cor., 11,4.
 
Annotationen