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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0124

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104 ' ierlcs Kapitel.

Unhärtig sind dagegen immer die Oranten, Noe, Daniel, die drei Jünglinge, Jonas,
Isaak, Job, der Blindgeborene, Moses vor dem Dornbusch — kurz alle diejenigen Per-
sönlichkeiten, welche den Verstorbenen versinnbilden,' was ein unverkennbarer Nach-
klang jener antiken Anschauungsweise ist, der zufolge der Bart Trauer anzeigte: man
wünschte oder dachte sich die Verstorbenen im Himmel, wo die Trauer keinen Platz
hat, stellte sie daher bartlos dar.2 Dadurch allein ist jedoch diese mit solcher Regel-
mässigkeit auftretende Erscheinung nicht genügend erklärt; dieselbe forciert vielmehr
die Annahme einer positiven Vorschrift, die genannten Figuren immer bartlos zu
malen. Wir stehen hier also vor einem artistischen Kanon, welcher die Maler zur
Einhaltung dieser Vorschrift verpflichtet hat. Der Kanon selbst setzt aber eine Auto-
rität voraus, und diese kann füglich keine andere als die kirchliche sein. Somit
werden wir auch von dieser Seite auf eine Ingerenz der kirchlichen Obrigkeit in die
Entstehung" der christlichen Kunst hingewiesen.

Die Haartracht der Männer ist natürlich eine sehr einfache: die Haare sind
stets ungescheitelt und gewöhnlich halbkurz und gelockt oder glatt anliegend. Christus
insbesondere hat, wie wir weiter unten noch ausführlicher zeigen werden, fast immer
reicheres und längeres Haar als die übrig'en Persönlichkeiten.3 Ganz kurz geschnit-
tenes Haar ('l'JSrt *&tpaXrt), wie es Klemens von Alexandrien für Christen vorschreibt
und welches Gladiatoren, Stoiker und seit Makrinus auch mehrere Kaiser trugen,
kommt einige Male bei Jonas vor, von den Fällen abgesehen, wo die Maler aus Flüch-
tigkeit dieses Detail kaum berücksichtigt haben.

Langes, künstlich gelocktes Haar hatten die bei der Tafel der Vornehmen auf-
wartenden Diener; bekanntlich waren sie schöne, gieichmässig gekleidete junge Leute,
welche comati, capillati, criniti, crispuli, calamistrati, torquati oder auch delicatihiessen
-und noch zur Zeit des hl. Ambrosius erwähnt werden.4 Solche Tafeldiener finden
sich nur zweimal in der Katakombe der hll. Petrus und Marcellinus, und zwar auf
Darstellungen von Mahlscenen, die aus dem 3. Jahrhundert stammen und von dem
gleichen Künstler herrühren.5

In der Haartracht der Frauen lassen sich, der Verschiedenheit der Zeit ent-
sprechend, zwei Hauptarten unterscheiden. Bei den zwei ältesten aus dem Anfang"
des 2. Jahrhunderts stammenden Frauenfiguren in der cappella greca, nämlich bei der
Madonna in der Anbetung der Magier6 und bei der Verschleierten in der Fractiopanis,'
sind die Haare hinten glatt hinaufgekämmt und auf dem Scheitel zu einem ähnlichen
Wulst zusammengelegt, wie wir ihn bei einigen Kaiserinnen aus der ersten Hälfte des

Für die Darstellungen Christi in den Wunder- ! Eine sehr beachtenswerthe Ausnahme liegt in

'scenen vgl. unten S. 106. dem priscillianischen Bilde der Aufenveckung des La-

* Einen interessanten Beleg für die Richtigkeit zarus aus dem Ende des 2.Jahrhunderts(Taf. 45, 2) vor:

dieser Aussage besprechen wir in ij 112. Erst bei hier hat der Heiland ganz kurzes Haar,
den im 4. Jahrhundert entstandenen Darstellungen '' Ambros, Ep., 6g, 7, Migne, 16, 1233.

des himmlischen Mahles kommt es-vor, dass einige ! Taf. 57 und Bosio, R. S., S. 349.

von den Theilnehmcrn einen kurzen Vollbart auf- ° "U'ilpert, Fractio, Taf. VII.

weisen. ' Taf. 15, 1.
 
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