Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0132

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fucnftcs Kapitel.

storbene im Allgemeinen abbilden wollten. Dieses gilt vor allem von den Decken-
malereien der sozusagen auf Vorrath angelegten Kammern, wo die Zahl der Oranten
lediglich durch aesthetische Rücksichten bedingt war. Daher darf es uns nicht wun-
dern, an einem Arkosol, in dem, laut Inschrift, ein männlicher Veistorbener beige-
setzt war, nur weibliche Oranten zu finden.1 Diese waren malerischer als die
männlichen, weshalb sie von den Künstlern auch öfters abgebildet wurden. Darin
allein liegt der Grund, warum die Zahl der weiblichen Oranten in der coemeterialen
Kunst ungleich grösser als die der männlichen ist.

Ob die zwei Gestalten der Bischöfe in der Brodbrechung und Einkleidung2 Por-
traits vorführen, ist nach dem Gesagten sehr zweifelhaft. Da wir nicht weitere Dar-
stellungen zum Vergleich besitzen, so lässt sich eine Entscheidung nicht fällen. Bei dem
Bischöfe in der Scene der Einkleidung, dessen Kopf in grösseren Dimensionen ausge-
führt ist und ganz individuelle Züy;e hat, wäre man versucht, die Frage bejahend zu
beantworten, aber nicht minder charakteristisch ist in dem Fresko daneben Abraham3
geschildert. Auf jeden Fall wäre es ein grober Anachronismus, hier mit Bosio4 und
andern den hl. Papst Pius I zu erkennen, denn die Malerei stammt aus der zweiten
Hälfte des 3. Jahrhunderts.5

Die oberflächliche Art, mit welcher die Künstler die Köpfe der Figuren gewöhn-
lich behandelt haben, bestimmt uns, auch die Bilder des Wagenlenkers,6 des Krie-
gers7 und des Togatus8 nicht für naturgetrene Portraits der Dargestellten zu halten.
Ersterer hat in der Gesichtsbildung viel von dem geistlosen Typus an sich, welcher in
den erhaltenen Athletengestalten ausgeprägt ist; da das Original jedoch zerstört ist, so
dürfen wir nicht viel darauf geben, denn Avanzini, dem wir die Kopie verdanken, ist
in der Wiedergabe der Details leider ganz unzuverlässig. Einen Beweis dafür haben
wir gleich an dem Krieger, welcher von Avanzini als bärtiger Greis abgezeichnet wurde,
auf dem Original dagegen bartlos ist und nichts Individuelles aufweist (Taf. 145, 1).
Letzteres gilt, wie meine Taf. 194, 1 zeigt, auch von dem Togatus.

4. Darstellungen der Apostelfürsten Petrus und Paulus.

Eine grosse Übereinstimmung herrscht in der Fassung der beiden Apostelfürs-
ten. Während die schriftlichen Quellen, die uns von der leiblichen Erscheinung" des
Apostelpaares Kunde geben, zuerst das Portrait des hl. Paulus entwerfen,9 beschäftigen
sich die Maler der Katakomben zuerst mit dem hl. Petrus. Die Reihe der Darstel-
lungen eröffnen die Fresken einer von mir entdeckten Kammer, welche in Santi Pietro

' Taff. 205 f. Eine verschleierte Orans ist auch ria, II, Taf. 68, 2.
auf dem Grabstein des Caesidius Faustinus Cyriacus ' Taf. 145, 1; Bosio, R. S., S. 501; Garrucci, Sto-

eingravirt (De Rossi, Bullett., 1868, S. 13). ria, II, Taf. 6g, 1.

J Taff. 15, 1, u. 7g. 8 Bosio,R.S..S.263;Garrucci,Storia,II,Taf.32, 2.

' Taf. 78, 2. ' Die schriftlichen Nachrichten über das Aus

4 R.S., S. 549. sehen der Apostelfürsten sind trefflich zusammen-

5 Über das Bild des Papstes Liberius (Taff. 250, gestellt bei Ficker, Die Darstellungen der Apostel
2, u. 251) siehe den Anhang zum XIX Kapitel. in der altchristlichen Kunst, S. ^ ff. Vgl. auch

6 Taf. 145, 2; Bosio, R. S., S. 49g; Garrucci, Sto- De Rossi, Bullett., 1864, S. 86,
 
Annotationen