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Ueber Uriedrich Hölderlin und sein Geschick.

(Nach einem Vortrage in der akademischen Gesellschaft zu Freiburg i. B.
am 29. November 1878.)

Jch beabsichtige in diesev Stunde, ein deutsches Dichter-
leben in Jhre Erinnerung zurückzurusen, welches, mit der
großen Zeit unserer Literatur aus das Jnnigste verslochten, den
geistigen Gehalt dcrselben in eigenartiger Verbindung spiegelt,
— ein Dichterleben, welches im Morgenglanze classischer Schön-
heit aufging nnd welches endete in der Nacht des Wahnsinns.
Es ist zweisellos, daß sich das tragische Geschick Friedrich Höl-
derliws mehr im Andenlen der Nation erhalten hat, als der
cdle Geist seiner Dichtung. Aber diese Thatsache hat ihren
Grund nicht nur in dem pathologischen Jnteresse, welches wir
natürlicher Weise daran nehmen, wenn eine hohe und geniale
Begabung sich in trostlose Zerstörung verirrt: sondern sie ist
nicht minder dadurch bedingt, daß die Richtung, welche die
Holderlin'sche Muse nahm, weit abliegt von den Bahnen, in
welchen sich das bewegt, was wir modernen Geschmack nennen.
Es wäre deshalb ein vergebliches Unternehmen, wenn ich beab-
sichtigte, in diesen flüchtigen Worten Jhnen einen Dichter lieb
zu machen, der dem literarischen Treiben des Tages, in wel-
ches wir dvch alle mehr oder minder eingesponnen sind, so
sreind gegenüber steht. Für seine Dichtungen dars ich bei dem
größten Theil von Jhnen nur das historische Jnteresse in An-
 
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