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Windelband, Wilhelm
Präludien: Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte (Band 1) — Tübingen, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.19222#0071
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Äber Sokrates.

(Ein Vortrag.)

Sokrates! — Es scheint seltsam, daß sich jeinand her-
ausnimmt, noch einmal wieder über ihn zu reden. Unter
allen Gestalten der menschlichen Bildungsgeschichte ist viel-
leicht keine so populär wie diese, — keine, welche wie
diese, von den Wellen der Weltliteratur getragen, bis in
die entlegensten Winkel dcs geistigen Daseins hinein be-
kannt geworden wäre. Sokrates hieß das Weisheitsideal
aller griechischen Philosophenschnlen, und nicht nur in
der römischen, nicht nur in der Literatur aller euro-
päischen Völker, auch bei den Juden und Mohammedanern,
überall, wohin auch nur ein Tropfen hellenischen Geistes
geflossen ist, begegnen wir ihm als einer allbewunderten
Persönlichkeit. Auch die oberflächlichste Darstellung der
sogenannten allgemeinen Weltgeschichte hält bei ihm einen
Moment an, auch die flüchtigste Übersicht gönnt ihm einen
kurzen Blick. Keiner ist unter uns, der nicht oft von ihm
gehört, der nicht mancherlei über ihn gelesen hätte; jeder
weiß, wie er gelebt, was er gelehrt, wie er gestorben:
— ist es nicht nnhöflich, über Sokrates zu sprechen?

Denn wie will man hoffen, über ihn etwas Neues
zu sagen? Der liebevollen Begeisterung seiner Schüler
verdanken wir ein Bild seines ganzen Wesens, welches
für uns eine Art von stereoskopischer Lebendigkeit da-

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