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Dürer, Albrecht; Winkler, Friedrich [Oth.]
Die Zeichnungen Albrecht Dürers (Band 1): 1484-1502 — Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.61954#0027

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EINFÜHRUNG

XXI

TECHNIK
Die Angaben über die Technik bei Dürers Zeichnungen, die in der Literatur gemacht werden, sind
mit Vorsicht zu benützen. Sie sind oft allzu positiv. Tatsächlich wissen wir in so manchem Grenz-
falle nicht, ob Kohle oder Kreide, Deck- oder Wasserfarben benützt sind. In nicht wenig Fällen sind
offenkundig falsche Angaben gemacht worden. Ich habe der Technik und dem Malgrund besondere
Aufmerksamkeit geschenkt, da zumal die Technik für die zeitliche Entstehung nicht selten recht
wichtige Anhaltspunkte liefert. Die Angaben über Kohle und Kreide möchte ich trotzdem in man-
chen Fällen nur mit Vorbehalt als endgültig angesehen wissen. Vielleicht gelingt es, über Meder’s
Feststellungen über die Zeichenmittel (Die Handzeichnung, Wien 1919) einmal an Hand alter Quel-
len noch hinauszukommen. Offenbar verfügten die alten Meister über Zeichenmittel, deren Gebrauch
uns nicht mehr bekannt ist.
Desgleichen ist Vorsicht am Platze beim Gebrauch der Ausdrücke Tinte, Tusche oder Bister. Sobald
die Federstriche hellbraun aussehen, wird von Bister gesprochen. Auch die ehemals schwarzen (Gall-
äpfel-Tinten werden im Laufe der Zeit braun wie Bister (Rußtinte). Tusche wird gewöhnlich die
linte genannt, die sich tiefschwarz erhalten hat. Wegen der schwankenden Grenzen dieser Zeichen-
mittel ist hier im allgemeinen das Wort ,,Tinte“ und für das Werkzeug „Feder“ verwendet.
Die Stiftvorzeichnung, die sehr viele Zeichnungen haben, merkwürdigerweise neben den Federzeich-
nungen offenbar viele Landschaftsaquarelle wie überhaupt Pinselzeichnungen, ist heute meist nur
unter günstigen Lichtverhältnissen hie und da noch zu sehen. Ich habe sie in der Regel nur da erwähnt,
wo sie mit Sicherheit zu erkennen ist.
Sehr vielen Mißverständnissen begegnen Dürers Pinselzeichnungen der Zeit nach 1500, als er die
Technik des Stiches mit ihren zahllosen Parallelkurven und Kreuzlagen übernahm. Diese Werke, un-
ter denen sich Glanzstücke Dürerscher Zeichenkunst wie die Vorarbeiten zum Rosenkranzbild und
Helleraltar (zusammen fast 50) befinden, werden sehr oft für Federzeichnungen gehalten. Weizsäcker
(Die Kunstschätze des ehern. Dominikanerklosters in Frankfurt a.M. 1923, S. 196) hat sich, soviel ich
sehe als Einziger neben Meder, eingehend mit ihrer Technik befaßt und mißt der Mitwirkung der Feder
eine Bedeutung bei, die meinen Beobachtungen widerspricht. Dürer war einer der größten technischen
Virtuosen aller Zeiten. Er hat mit dem Pinsel gezeichnet, wie es die meisten nicht mit der spitzesten
Feder vermögen. Ich werde immer wieder darauf geführt, daß Zeichnungen, die deutlich mit dem
Pinsel angelegt sind, in der Regel auch damit beendet wurden. Das gilt besonders auch für die frü-
hen Werke. Ich möchte es aber auch für viele wenn nicht alle aus den Jahren um 1508 (Helleraltar)
annehmen, als die subtilsten Arbeiten dieser Art entstanden.
Für die Beurteilung der Zeichnungen Dürers ist vor allem wichtig zu unterscheiden, ob sie mit der
Feder, mit dem Pinsel oder mit dem Stift gemacht sind.
 
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