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Dürer, Albrecht; Winkler, Friedrich [Bearb.]
Die Zeichnungen Albrecht Dürers (Band 1): 1484-1502 — Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.61954#0336

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IN NÜRNBERG
(PFINGSTEN BIS HERBST 1494)
ur von zwei Landschaften (Nr. 61/62) läßt sich mit weitgehender Sicherheit errechnen, daß sie
in den Monaten entstanden sein müssen, die D. damals in Nürnberg weilte. Nachdem sie in jüngster
Zeit wiederholt in die Wochen nach der Heirat datiert wurden, bedarf es kaum näherer Erörterungen.
Die beiden Z. werden einmal durch die folgenden auf der italienischen Reise entstandenen, viel fort-
geschritteneren Landschaften vor 1495 gerückt, zum anderen werden sie durch die Unmöglichkeit, sie
in den Sommer 1489 zu setzen, auf diese einzigen Sommermonate des Jahres 1494, die D. seitdem in
Nürnberg verbrachte, verwiesen. Eine schwache Möglichkeit besteht noch, daß sie kurz vor dem Weg-
gang D.’s aus Nürnberg Ostern 1490 gemacht sind. Damals waren die Bäume aber schwerlich dicht
belaubt und in technischer Hinsicht ist die Pinselarbeit bei den Einzelheiten bemerkenswert frei, nur
in der Zusammenarbeit der Teile ist der Künstler noch unerfahren.
Ebenso befangen, fast noch mehr, ist die Bremer Baumstudie (Nr. 64). Sie könnte auch auf der Wan-
derschaft gemacht sein, doch steht dem im Wege, daß die Baumstudie bei der Gräfin Behague (Nr.
63), die kaum von ihr getrennt werden kann, in der Behandlung des Laubwerks noch fortgeschritte-
ner als die Bäume auf den beiden sicher in Nürnberg entstandenen Blättern ist. Wie weit da die tech-
nischen Besonderheiten und der Malgrund mitwirken, läßt sich nur vermuten. Die Bremer Baumstudie
ist auf ganz dünnem, zartgrundierten Papier, die Pariser auf Pergament. Mir scheint die beste Erklä-
rung die zu sein, daß beide in denselben Monaten in Nürnberg gemacht wurden. Der mit großen
Bäumen besetzte Hang am Burgberg nach der Stadt zu bietet noch heute dem, der die Z. im Kopfe
hat, überraschend übereinstimmende Bilder (Abb. Anhang Taf. IX).
Keine der 4 datierten Z. von 1494 läßt sich mit voller Sicherheit auf die Monate in Nürnberg festlegen.
Die Mantegna Kopien könnten noch am Ende der Wanderschaft in Straßburg enstanden sein. Und
der Löwe in Hamburg ist wohl sicher ein Produkt einer der beiden Reisen. Sein kleines Format, der
Werkstoff Pergament und die bildmäßige Durchführung weisen darauf hin. Wie es nun auch mit der
Entstehung der 8 Blätter dieser Gruppe sich verhalten möge, sie können bis auf 2 als für 1494 gesichert
gelten und bilden gegenüber den Z. der Wanlerjahre ein so geschlossenes Ganzes, daß ihre Vereini-
gung naheliegend ist. Einige leiten die überraschend lange Reihe der Arbeiten ein, in denen italienische
Elemente sichtbar werden und gehören sicher zu den allerersten, die von italienischer Kunst beeinflußt
sind. Im Vergleich zu den für 1495 einwandfrei gesicherten Z. fällt auf, daß sie mit einem technischen
Aufwand wie kaum ein Blatt von der Reise gearbeitet sind.

58. Der Tod des Orpheus.
Unten von D. bezeichnet und 1494 datiert. Oben
im Gebüsch auf einem Spruchband: Orfeus der
erst puseran (Knabenschänder).
Feder 289x225
Aus Saminl. Sandrart, Harzen
Lippm. 159
Hamburg, Kunsthalle

Außerordentlich subtil gearbeitete Studie, eine
der ersten zeichnerischen Glanzleistungen des
jungen D., bei der fast jede Einzelheit, die
Sträucher des Gebüsches — man erkennt eine
verkrüppelte Eiche, Korbweiden und einen Fei-
genbaum — die Figuren jede für sich, sogar in
einer anderen Tinte, gezeichnet sind. Die stück-
weise Zusammensetzung des Ganzen, die noch
 
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