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Dürer, Albrecht; Winkler, Friedrich [Bearb.]
Die Zeichnungen Albrecht Dürers (Band 1): 1484-1502 — Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.61954#0342

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ERSTE REISE NACH VENEDIG
1494/95

«Zur Ermittlung dessen, was D. in Venedig, wo er vom Spätherbst 1494 bis zum Frühjahr 1495
weilte, und auf der Reise selbst geschaffen hat, stehen uns außer den schon besprochenen Z. mit der
Jahreszahl 1494 acht glaubwürdig 1495 datierte Blätter und mehrere zweifellos auf der Reise entstan-
dene Landschaften als Ausgangspunkt zur Verfügung. Die von 1494 sind aus technischen Gründen
in den vorhergehenden Abschnitt, die von 1495 hier eingeordnet, obgleich öfters auch die Entstehung
in den auf die Reise folgenden Nürnberger Monaten denkbar ist. Die Trachtenstudie Nr. 69, die tan-
zenden Kinder Nr. 83 oder der Hummer Nr. 91 sind zweifellos in Venedig entstanden. An jedes die-
ser Blätter schließen sich gleichgeartete an, sodaß es nicht nur zweckmäßig, sondern ein Gebot der
Logik ist, sie mit jenen zu vereinigen. Sind doch sämtliche Z. von 1495, mit Ausnahme von Nr. 85, so
gleichartig bezeichnet, wie es D. vor- und nachher nicht mehr getan hat. Es wird die in Venedig an-
gewandte Signatur sein. D. hat nicht mehr nach Stichen wie 1494 sondern nach dem Leben und nach
Gemälden und Z. kopiert. Er sammelt Motive, hält die Dinge fest, die er in Nürnberg nicht zu Ge-
sicht bekommt, Trachten, Orientalen, italienische Kunstwerke und Tiere und nicht zuletzt Land-
schaften. Die Aufnahme der in dieser Zeit entstandenen Z. in diesen Abschnitt geschieht demnach
ziemlich zwangsläufig.
Daß die 3 Innsbrucker Ansichten zu einem anderen Zeitpunkt als im Herbst 1494 gemacht sind, ist
wenig wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß kurz vorher Drahtziehmühle und Johannisfriedhof,
im Frühjahr 1495 aber Arco und Trient entstanden sind. Durch die geringe Standfestigkeit der Ge-
bäude ist die Ansicht von Innsbruck, durch das Ungelenke des Aufbaus scheinen die Schloßhöfe Nr.
67 und 68 den vorhergehenden Werken verhaftet zu sein. Arco und Trient zeugen in der Anlage von
größerer Erfahrung, hier sitzt jeder Strich. Gerade die Einzelheiten von Arco sind mit bewunderns-
werter Genauigkeit und Schärfe erfaßt, während das auffallend kleine Blatt mit Innsbruck noch etwas
unübersichtlich und als Motiv wenig bedeutsam wirkt. Noch deutlicher wird das Gesagte, wenn die
Schloßhofansichten zum Vergleich herangezogen werden. Es ist kaum denkbar, daß sie nach dem
Schloß oder der Stadtansicht von Trient oder nach Arco gemacht sind. Diese müssen aber im Früh-
jahr 1495 entstanden sein. Für sie bleibt keine andere Wahl.
Mit Fug und Recht eröffnet die von jeher nach Venedig versetzte Kostümstudie Nr. 69 die Reihe
der venezianischen Z. Sie ist im Werk D.’s die erste mit dem Pinsel angelegte und weithin durch-
geführte Figurenstudie, von einem Gleichmaß und einer Ausdrucksfähigkeit im Technischen, wie sie
bisher nicht beobachtet wurden! Das kostbare Blatt, das von jeher zu den Schätzen der Albertina
gezählt hat, ist das Hauptwerk einer Reihe von Trachtendarstellungen, die mit geringerem technischen
Aufwand gezeichnet wurden. Die Rückseite dieser Z. ist ein Bindeglied zu den anderen Kostüm-
studien, wie es nicht besser gewünscht werden kann. Die meisten werden in Venedig selbst entstan-
den sein.
Es folgen 5 Z. (Nr. 77—81) mit Wiedergaben orientalischer Kostüme, wohl alle nach Vorlagen, nicht
nach der Natur. Auch sie, die sich durch verschiedene Merkmale als ungefähr gleichzeitig entstanden
verraten, sind vermutlich in Venedig, nicht in Nürnberg entstanden. Das Hauptstück, die 3 Orien-
 
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