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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 5.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.9076#0052
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Nr. 55

Erscheint monatlich einmal. Preis pro Nummer 10 Pfennig.

1888.


MMN MomlstllM


Blitzdrahtmeldungen

Berlin. Für den Monat Juli wird eine solche Hitze prophezeit,
daß den Leuten das Geld in der Tasche schmilzt. Die Arbeiter
freuen sich, daß ihnen nichts in der Tasche schmelzen kann. Sie
wissen auch warum.

Dresden. Die sozial-demokratische Provaganda hat bedenkliche
Fortschritte gemacht, was mit einer gewissen Unruhe an einer ge-
wissen Stelle bemerkt wird: die Promenaden wimmeln von rothen

Sonnenschirmen und rothen Toiletten und dazu gehören die hübschen
Trägerinnen den besten Familien an.

Paris. Zu dem Vorschlag, Boulanger aus Frankreich auszu-
weisen, schrieb dieser, kühn wie immer, in seinem Leibblatt: Es
wird sich ausweisen, ob die Regierung mich kann.

Petersburg. Außer verschiedenen Diebstählen und Gewalt-
streichen bemerkt man in der Ferne noch einiges Vertrauen.

Nachschrift. Man bemerkt in der Ferne und in der Nähe
kein Vertrauen mehr.


o m m e r.

^s grünt die Flur, des Frühlings Saaten reifen,
Gejubelt vom beschwingten Sänger-Chor,

Du magst durch Wälder und durch Auen schweifen
Und dich erfreu'n am duft'gen Blumenflor.

Gift du erschöpft von Sommersonnenglnth,

So lädt zum Gade dich die kühle Fluth.

Ob deinem Scheite! mag's noch fröhlich blauen,
Am Abend goldgestirnt das Firmament,

Da magst du ferne schon ein Keuchten schauen,
Das man als bösen Wetters Goten kennt.

Gald thurmen schwarze Wolken sich zu Hanf,
Gin wildes Ungewitter zieht herauf.

Kaut tost der Sturm; gleich einer Fenerschlange
Durchfährt der Glitz der Wolken finstres Zelt,
Cs dröhnt des Donners mächtiger Schlag und bange
Erzittert unter seinem Kärm die Welt
Und was erreicht des Glitzes Feuerstrahl,

Zerschmettert und vernichtet er zumal.

So stieg aus sanften Sommerblüthentränmen,
Da man belauscht am Gusen der Natur
Zhr weises Walten und ihr fruchtbar Keimen
Im stillen Wald und auf beblümter Flur,

Schon oft empor des Krieges Ungeheuer
Und fraß um sich voll Grimm mit Schwert und Feuer.

Man sah im grausen Kampfe Völker bluten
Und hörte nur das Tosen noch der Schlacht,

Man sah in Wüstenei'n und Städteglnthen,

Wo eben noch ein Paradies gelacht.

Was Zartes auch im Menschenherz mag wohnen,
Cs ward erstickt vom Grüllen der Kanonen.

Und nach dem Sturm von tödtlichen Geschossen,
Die ganzer Völker Glnthe hingemäht —

Wer kennt die Thränen, die darauf geflossen,

Wer mißt den Schmerz, den solch' ein Krieg gesät?

Gald trocknet in der Schlacht verströmtes Mut,

Doch wann des Schmerzes heiße Thränenflnth?

O Schlachtengott, laß deine Donner schweigen,
Daß nicht die Saat zerstampft ein wilder Huf
Und daß der Herbst mit seinem frohen Reigen
Mag ernten, was des Sommers Glühen schuf,
Und daß kein schmetternder Trompetenschrei,
Daß Friede aller Völker Losung sei!
 
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