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Hobelspähne.
— Manchen Zeitungen ist das oft weniger interessant, was ihnen
unter der Hand, als das, was ihnen in die Hand mitgetheilt wird.
— Motto zu den letzten Thaten der Nationalliberalen: Alles gerettet,
nur — die Ehre nicht.
— Was uns mit der Idee des Todes einigermaßen versöhnt, ist
die jedem Menschen innewohnende moralische Ueberzeugung, daß man
des Morgens nicht mehr so früh aufzustehen braucht.
4 4-
— Die Erde ist weder schlecht noch gut, es liegt an den Menschen,
sie seinen Interessen gemäß zu benützen; wenn wir das unterlassen wür-
den, so hätten wir z. B. keine sauren Gurken.
— Seid ohne Sorge, ihr sollt euer Brod behalten, sagten die Agraner,
da erfanden sie die Brodtaxe.
— Die Berge, auf denen die Freiheit wohnt, sollen auf dem Mond fein.
Winkt dir ein Wirthshans auf dem Lebensgange,
So folge diesem Winke stets mit Lust.
Ein guter Mensch in seinem dunkeln Drange
Ist sich des rechten Weges stets bewußt.
5 -i-
Jn Rußland giebt es der Verhältnisse des Druckes wegen sehr weuige
Setzer; dagegen des Druckes der Verhältnisse wegen sehr viele Gesetzte.
-i- -i-
Des Glückes höchsten Gipfel erklimmt nur mühsam der Weise;
Aber den Dummen zieht das Glück bei den Ohren hinauf.
„Eiue Hand wäscht die andere", — dabei werden die Hände immer
schmutziger.
-i- 5
„Morgenstunde hat Gold im Munde" und „der Herr giebt's den
Seinen im Schlafe", — deshalb befindet sich das Edelmetall auch meist
in den Taschen derjenigen, die die Morgenstunde verschlafen.
Zeitschwingen.
Taufend Danke wollt' ich stammeln,
Tausend Lieder wollt' ich singen,
Wollten nur die Zeitungsblätter
Wieder was Vernünftiges bringen!
Ach, die Welt ist närrisch heute
Und wird närrisch sein auch künftig,
Darum kann von ihr die Zeitung
Schreiben nicht so leicht vernünftig.
Ach die Zeiten sind so schlecht
Sagen Alle und sie haben Recht;
Ich will urtheilen etwas gerechter:
Die Zeiten sind schlecht und die Menschen noch schlechter!
Schaf, welches, vom Hochmuthsteufel verblendet, sich seiner Geschwister,
Eltern, Voreltern und der ganzen Heerde schäme, in der es aufgewachsen
sei. Marie wurde ohnmächtig aus der Kirche getragen. Sterzing
rannte wüthend nach Hause und warf alle Apparate und die botanische
Sammlung des Doktors zum Fenster hinaus. Seine Frau wollte ihn
halten und rief: „Laß' die Leute schwatzen und den Pfarrer dazu, wenn
der Doktor sie heirathet". „Was", brüllte er und schlug auf den Tisch,
„meine Tochter den Langhals? Meine Tochter soll ihren Kropf be-
halten, fo wahr ich Sterzing heiße und ehrlich getauft bin, und soll einen
Mann heirathen, der einen rechtschaffenen Kropf hat, wie ich und mein
Vater und mein Großvater ihn gehabt haben!"
Den Doklor hatten indeß, als er von einem Spaziergange heim-
gekehrt war, die Bauernburschen überfallen und, halb todt gedroschen,
vor Sterzing's Thüre liegen lassen. Er mußte eine Woche lang das Bett
hüten, und der Maler tröstete ihn, indem er bemerkte, es sei besser,
Arme und Beine zu brechen, als das Herz. Letzteres werde wohl gesund
bleiben, wenn er sehe, daß der Hals seiner Patientin sich gar nicht ge-
ändert habe, vielmehr dicker geworden sei. Er als Zeichner müsse das
besser erkennen, als das Auge eines Verliebten. Uebrigens habe Marie
sich Knall und Fall mit dem kropfigen Jockel verloben lassen und sei
nicht iu's Wasser gesprungen.
Um die aufgeregten Kropfthäler zu versöhnen, schuf der schlaue
Künstler eine heilige Jungfrau, die mit einem ansehnlichen Kropf geziert
war, als Altargemälde. Das versöhnte die Leute. Das gläubige Volk
betet seitdem vor keinem Heiligenbilde so gern, als vor der Mutter
Gottes mit dem Kropf. —
Der Arzt und der Maler dagegen haben das Kropfthal nie wieder
gesehen. Sie verweilen wohl in andern Thäleru, wo die Leute, wenn
auch keinen Kropf, so doch andere „berechtigte Eigenthümlichkeiten" be-
sitzen, von denen sie schwerlich lassen werden.
Boulanger in der Kammer.
Das war kein Agitator,
Denn er sprach ziemlich dumm,
Das war auch kein Diktator,
Das war der Gen'ral Bum.
Nun hat er seine Wunden,
Doch kam er nicht zum Sieg,
Das muß er selbst bekunden
Nach diesem Kammerkrieg.
Man sang ihm keine Psalter
Und Floquet sprach mit Hohn:
„Es war in seinem Alter
Schon todt Napoleon".
So that den Ruhm ihm kürzen
Das tückische Geschick
Und er wird auch nicht stürzen
Die Frankenrepublik.
Und schmeckt's ihm noch so bitter,
Die Andern läßt es kalt;
Doch was soll jetzt der Ritter
Von trauriger Gestalt?
Zwar ist es fchier zum Lachen,
Wie schnöd' er ist verkannt:
Er kann verdient noch machen
Sich um sein Vaterland.
Doch seine Schuld nicht sühnen
Kann er als General;
Er soll bescheiden dienen
Im Hee .'"s Korporal.
So
Als r
Und
Der Flu.." ° p
stützen
Die elektrische Hinrichtung.
Im schönen Staat New-Aork, da geht
Es vorwärts gar still und friedlich;
Man richtet dort mit Elektrizität
Hin die Verbrecher gemüthlich.
Schnell geht's mit so einem armen Tropf
Mit keinem Geräusch noch Knalle;
Man drückt ein wenig auf einen Knopf
Und gleich ist es mit ihm alle.
Ich schwärmte sür's Hängen und Köpfen nie,
Fand's antediluviauifch,
Doch mit der elektrischen Batterie
Geht's eben — amerikanisch.
Feines Gefühl.
Alter Diplomat: Ich weiß nicht, mir thuen seit gestern meine
Hühneraugen so weh! Ich glaube, wir bekommen wieder eine Bis-
marck-Krise.
Aengstlich.
Kellnerin: Wünschen Sie als Mehlspeise eine Torte oder einen
Auflaus?
Gast: Um Gotteswillen keinen Auflauf! Ich bin ein friedlicher
Staatsbürger, wie kann ich einen Auflauf wünschen!
Jeder nach seinem Geschmack.
Führer: Schan'n S', das ist a Wasser, so gut finden S' weit
und breit kein's mehr! Das müssen S' mal versuchen!
Tourist: Haben Sie schon davon getrunken?
Führer: Na, bei uns trinkt alles nur Bier! Blos d' Ochsen
und d' Fremden saufen hier herum Wasser!
Der klnge Vater.
„Vaterleben, was ist „Kosmos"?"
„Gott der Gerechte, is das mal dumm g'sragt? Was wird Kos-
mos fein? — Kosmos is Kosmos!"
Ein stiller Beobachter.
Tante: Karlchen, komm' mal her, daß ich Dir einen Kuß geben
kann!
Karlchen: Tante, Du scheinst ja riesig gern zu küssen? Gestern
hast Du ja erst in unserem Salon den Husarenlieutenant geküßt?
Der tückische Johann.
Gräfin: Johann, haben Sie meinen Gatten nicht gesehen?
Johann: Doch, gnädige Frau, soeben drüben im Salon, wo er
der Zofe die Wange streichelte. Das arme Mädel hat wahr-
scheinlich Zahnweh.
Braun.
Frau: Du bist die reinste Meerschaum spitze!
Mann: Wie so, lieb's Weiberl?
Frau: Weil Du immer angeraucht bist!
Hobelspähne.
— Manchen Zeitungen ist das oft weniger interessant, was ihnen
unter der Hand, als das, was ihnen in die Hand mitgetheilt wird.
— Motto zu den letzten Thaten der Nationalliberalen: Alles gerettet,
nur — die Ehre nicht.
— Was uns mit der Idee des Todes einigermaßen versöhnt, ist
die jedem Menschen innewohnende moralische Ueberzeugung, daß man
des Morgens nicht mehr so früh aufzustehen braucht.
4 4-
— Die Erde ist weder schlecht noch gut, es liegt an den Menschen,
sie seinen Interessen gemäß zu benützen; wenn wir das unterlassen wür-
den, so hätten wir z. B. keine sauren Gurken.
— Seid ohne Sorge, ihr sollt euer Brod behalten, sagten die Agraner,
da erfanden sie die Brodtaxe.
— Die Berge, auf denen die Freiheit wohnt, sollen auf dem Mond fein.
Winkt dir ein Wirthshans auf dem Lebensgange,
So folge diesem Winke stets mit Lust.
Ein guter Mensch in seinem dunkeln Drange
Ist sich des rechten Weges stets bewußt.
5 -i-
Jn Rußland giebt es der Verhältnisse des Druckes wegen sehr weuige
Setzer; dagegen des Druckes der Verhältnisse wegen sehr viele Gesetzte.
-i- -i-
Des Glückes höchsten Gipfel erklimmt nur mühsam der Weise;
Aber den Dummen zieht das Glück bei den Ohren hinauf.
„Eiue Hand wäscht die andere", — dabei werden die Hände immer
schmutziger.
-i- 5
„Morgenstunde hat Gold im Munde" und „der Herr giebt's den
Seinen im Schlafe", — deshalb befindet sich das Edelmetall auch meist
in den Taschen derjenigen, die die Morgenstunde verschlafen.
Zeitschwingen.
Taufend Danke wollt' ich stammeln,
Tausend Lieder wollt' ich singen,
Wollten nur die Zeitungsblätter
Wieder was Vernünftiges bringen!
Ach, die Welt ist närrisch heute
Und wird närrisch sein auch künftig,
Darum kann von ihr die Zeitung
Schreiben nicht so leicht vernünftig.
Ach die Zeiten sind so schlecht
Sagen Alle und sie haben Recht;
Ich will urtheilen etwas gerechter:
Die Zeiten sind schlecht und die Menschen noch schlechter!
Schaf, welches, vom Hochmuthsteufel verblendet, sich seiner Geschwister,
Eltern, Voreltern und der ganzen Heerde schäme, in der es aufgewachsen
sei. Marie wurde ohnmächtig aus der Kirche getragen. Sterzing
rannte wüthend nach Hause und warf alle Apparate und die botanische
Sammlung des Doktors zum Fenster hinaus. Seine Frau wollte ihn
halten und rief: „Laß' die Leute schwatzen und den Pfarrer dazu, wenn
der Doktor sie heirathet". „Was", brüllte er und schlug auf den Tisch,
„meine Tochter den Langhals? Meine Tochter soll ihren Kropf be-
halten, fo wahr ich Sterzing heiße und ehrlich getauft bin, und soll einen
Mann heirathen, der einen rechtschaffenen Kropf hat, wie ich und mein
Vater und mein Großvater ihn gehabt haben!"
Den Doklor hatten indeß, als er von einem Spaziergange heim-
gekehrt war, die Bauernburschen überfallen und, halb todt gedroschen,
vor Sterzing's Thüre liegen lassen. Er mußte eine Woche lang das Bett
hüten, und der Maler tröstete ihn, indem er bemerkte, es sei besser,
Arme und Beine zu brechen, als das Herz. Letzteres werde wohl gesund
bleiben, wenn er sehe, daß der Hals seiner Patientin sich gar nicht ge-
ändert habe, vielmehr dicker geworden sei. Er als Zeichner müsse das
besser erkennen, als das Auge eines Verliebten. Uebrigens habe Marie
sich Knall und Fall mit dem kropfigen Jockel verloben lassen und sei
nicht iu's Wasser gesprungen.
Um die aufgeregten Kropfthäler zu versöhnen, schuf der schlaue
Künstler eine heilige Jungfrau, die mit einem ansehnlichen Kropf geziert
war, als Altargemälde. Das versöhnte die Leute. Das gläubige Volk
betet seitdem vor keinem Heiligenbilde so gern, als vor der Mutter
Gottes mit dem Kropf. —
Der Arzt und der Maler dagegen haben das Kropfthal nie wieder
gesehen. Sie verweilen wohl in andern Thäleru, wo die Leute, wenn
auch keinen Kropf, so doch andere „berechtigte Eigenthümlichkeiten" be-
sitzen, von denen sie schwerlich lassen werden.
Boulanger in der Kammer.
Das war kein Agitator,
Denn er sprach ziemlich dumm,
Das war auch kein Diktator,
Das war der Gen'ral Bum.
Nun hat er seine Wunden,
Doch kam er nicht zum Sieg,
Das muß er selbst bekunden
Nach diesem Kammerkrieg.
Man sang ihm keine Psalter
Und Floquet sprach mit Hohn:
„Es war in seinem Alter
Schon todt Napoleon".
So that den Ruhm ihm kürzen
Das tückische Geschick
Und er wird auch nicht stürzen
Die Frankenrepublik.
Und schmeckt's ihm noch so bitter,
Die Andern läßt es kalt;
Doch was soll jetzt der Ritter
Von trauriger Gestalt?
Zwar ist es fchier zum Lachen,
Wie schnöd' er ist verkannt:
Er kann verdient noch machen
Sich um sein Vaterland.
Doch seine Schuld nicht sühnen
Kann er als General;
Er soll bescheiden dienen
Im Hee .'"s Korporal.
So
Als r
Und
Der Flu.." ° p
stützen
Die elektrische Hinrichtung.
Im schönen Staat New-Aork, da geht
Es vorwärts gar still und friedlich;
Man richtet dort mit Elektrizität
Hin die Verbrecher gemüthlich.
Schnell geht's mit so einem armen Tropf
Mit keinem Geräusch noch Knalle;
Man drückt ein wenig auf einen Knopf
Und gleich ist es mit ihm alle.
Ich schwärmte sür's Hängen und Köpfen nie,
Fand's antediluviauifch,
Doch mit der elektrischen Batterie
Geht's eben — amerikanisch.
Feines Gefühl.
Alter Diplomat: Ich weiß nicht, mir thuen seit gestern meine
Hühneraugen so weh! Ich glaube, wir bekommen wieder eine Bis-
marck-Krise.
Aengstlich.
Kellnerin: Wünschen Sie als Mehlspeise eine Torte oder einen
Auflaus?
Gast: Um Gotteswillen keinen Auflauf! Ich bin ein friedlicher
Staatsbürger, wie kann ich einen Auflauf wünschen!
Jeder nach seinem Geschmack.
Führer: Schan'n S', das ist a Wasser, so gut finden S' weit
und breit kein's mehr! Das müssen S' mal versuchen!
Tourist: Haben Sie schon davon getrunken?
Führer: Na, bei uns trinkt alles nur Bier! Blos d' Ochsen
und d' Fremden saufen hier herum Wasser!
Der klnge Vater.
„Vaterleben, was ist „Kosmos"?"
„Gott der Gerechte, is das mal dumm g'sragt? Was wird Kos-
mos fein? — Kosmos is Kosmos!"
Ein stiller Beobachter.
Tante: Karlchen, komm' mal her, daß ich Dir einen Kuß geben
kann!
Karlchen: Tante, Du scheinst ja riesig gern zu küssen? Gestern
hast Du ja erst in unserem Salon den Husarenlieutenant geküßt?
Der tückische Johann.
Gräfin: Johann, haben Sie meinen Gatten nicht gesehen?
Johann: Doch, gnädige Frau, soeben drüben im Salon, wo er
der Zofe die Wange streichelte. Das arme Mädel hat wahr-
scheinlich Zahnweh.
Braun.
Frau: Du bist die reinste Meerschaum spitze!
Mann: Wie so, lieb's Weiberl?
Frau: Weil Du immer angeraucht bist!