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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 5.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.9076#0090
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Nr. 60 des „Wahren Jacob" gelangt Ende Oktober 1888 zur Ausgabe.

472

(Zualintute's Muh

Illustration deutscher Klassiker.

Schulze (besucht seinen Freund): Aber was fällt Dir
denn ein, — warnm sitzt Du denn im Kamin?

Lehmann (seufzend): Ach Jotte doch, det is der een-
zige Platz, an welchem meine Olle mir 't Roochen gestattet.

Ernst begleiten ihre Trauerschläge
Einen Wand'rer aus dem letzten Wege.

(Schiller's Glocke.)

Handwerksbursche (dcr keinen Heller Geld in der Tasche hat): Herrgott, wenn ich
jetzt zehn Pfennig zum Verschwenden hätt'!

Ueber die Brotverthenerung.

(Lou vliemche».)

Bin ä rechd geduld'ges Lämmchen,
Un ich dhu mich nie nich mucksen,

Doch die Schdeier uff den Bemmchen,
Nee, die muß Een' werklich fuchsen.
Schdeier liegt uff jeden Häbbchen,
Was mer Heide schnabulird,

Un nu werd uns noch, wees Gnäbbchen,
Unser Brod dermid geschmierd.

Freilich hilfd da gee Besitze,

Denn die großen Riddergieder
— Schade, daß ich geens besitze —

Sein geredded dadorch wieder.

Ach, die waren schrecklich runder,

Un die Hilfe, die dhad Noth,

Un der Gndsherr werd erschd munder,
Wenn mer goofen deires Brod.

Denn de Hunde un de Ferde
Un de weibliche Gleedahfche
Machen Sorgen un Beschwerde,

Un sie bring'n een' in de Raasche;
Un er dringd ooch gern Schlambancher,
Un Schlambancher gostet viel,

Nebenbei had Bech so Mancher
Bei den Mädeln un bei'n Schbiel.

Un de Leidnands, die Herr'n Sehne,
Die dem Land als Krieger nutzen,
Machen alle Gelder gleene,

Die de Alden nich verbutzen.

Un dann geh'n se zu de Juden,

Gritzeln Wechsel ohne End',

Da, da muß nadierlich bluden
Der Gedreidegonsnmend.

Darum weend nur nich, Ihr Kinder,
Wenn mer dinn're Bemmchen schneiden,
Un wenn Ihr in' nächsten Wmder
Manchmal ooch mißd Hunger leiden.

Denn der Gudsherr, weeß der Hohle,
Dankt's Eich, der is scheene raus,

Un er drinkd zu Eierm Wohle
Manches Glas Schlambancher ans.

O sta fr ika n i s ch es.

Nachdem festgestellt wurde, daß Emin Pascha
gar nicht „befreit" sein will, auch keine Nahr-
ungsmittel/sondern außer Munition nur Kleider
braucht, so haben die Berliner Konfektionäre be-
schlossen, unter Führung der goldenen Hundert-
zehn eine Expedition aus eigene Kosten nach Afrika
auszurüsten, und bei der Findigkeit im An-
werben von Kunden, die diesen Leuten eigen ist,
dürften sie sicher eher als Kilimandscharo-Peters
auch den kleiderbedürftigen Emin Pascha
auffinden.

Wo ist Boulanger?

Wie man in Deutschland eine Expedition
zur Auffindung Emin Pascha's plant, so projek-
tiv man gegenwärtig in Pariser bonapartistischen
Kreisen eine solche zur Aufsuchung Boulangers.
Man vermuthet ihn in der G a s c o g n e, wo
er aller Wahrscheinlichkeit nach damit beschäftigt
ist, die Gasconade (Aufschneiderei) an der Quelle
zu studiren, bevor er wieder vor Frankreich
hintritt.

Grabschrift für Bazaine.

Hier liegt der große Sündenbock,

Der trägt wohl für ein ganzes Schock
Von andern Sündern hier die Schuld;
Verlier' er drüben nicht die Geduld!

Erhöhung der Osfiziersgehälter.

Die Fähndrichs und die Lieutenants,
Das sind die klügsten Leut',

Die kriegen jetzo Gage mehr
Und finden das gescheut.

Die Fähndrichs und die Lieutenants,
Das sind die klügsten Leut',

Sie finden das auch nöthig sehr
In dieser thenren Zeit.

Helvetia.

Einst war in seinem Blüthenduft
Von wunderbarem Reiz
Der altberühmte Jungfernkranz
Der stolzen freien Schweiz.

Da aber kam die Polizei
Mit ihrer Säbel Glanz,

Die riß auf einmal schnöd entzwei
Den schönen Jungfernkranz.

Nun vigilirt und fpionirt
Man überall bereits

Bei Tag und Nacht, bei Mann und Weib
Auch in der freien Schweiz.

Helvetia, Helvetia,

Bei deines Ruhmes Schein!

Wie mochtest solchem Freiersmann
Du noch zu Willen sein?


Farbenwechsel.

Kurt war ein tapf'rer Ritter,
Klotilde liebt' er heiß.

Drum trug er ihre Farben,
Die Farben roth und weiß.

Doch als zum Eh'gemahle
Sie gnädig ihn erkürt.

Da hat er des Pantoffels
Gewalt'ge Macht gespürt.

Denn oft hat ihn geprügelt
Die wunderschöne Frau.

Nun trug er ihre Farben,
Die Farben braun und blau.

Bauer: Die Uhr, welche ich vor vier
Wochen bei Ihnen kaufte, geht bereits nicht
mehr!

Uhrmacher: Das macht nichts! Sie thun
sie ja so wie so immer tragen!

„Ah, Sie machen Verse, Kamerad?"
„Ja! Wär' ja 'ne riesige Blamage, wenn
Regiment keinen Goethe aufzuweisen hätte!

Redaktion, Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
 
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